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Für immer? Priska Baumann erzählt, weshalb sie die Schweiz verlassen hat

Priska Baumann lebt als Schweizerin im Ausland und markierte auf Instagram ihre Bilder mit #WeAreSwissAbroad. So sind wir auf sie aufmerksam geworden. Wir reposteten ein Foto von ihr auf unserem Instagram-Account und baten sie, swissinfo.ch ihre Geschichte zu erzählen.


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swissinfo.ch: Aus welchem Grund haben Sie die Schweiz verlassen? Und wann war das?

Priska Baumann: Aus dem wohl besten und klischeehaftesten Grund überhaupt – der Liebe wegen. Aber hey – he’s all worth it 🙂 – Dies war vor einem halben Jahr: Am 4. April 2016 bin ich mit meiner schwangeren Freundin, ihrem Mann und meinem kleinen Strassenhund morgens um 4.00 Uhr losgefahren – mein gesamtes Leben in einen Kofferraum gepackt.

swissinfo.ch: War von Anfang an klar, dass es eine Reise ohne Rückkehr wird?

P.B.: Ja! Wenn schon, denn schon. Man trifft ja nicht so oft die grosse Liebe des Lebens.

Auch wenn wir uns zuvor erst drei Mal getroffen hatten (ja, ein bisschen Irrsinn und Heldinnen-Mut gehört schon dazu) und ich aus verschiedenen Gründen auch nicht direkt zu ihm ziehen konnte/wollte, hätte ich mir nicht sicherer sein können, diesen Schritt definitiv zu gehen. So ein bisschen auswandern, ist nicht wirklich mein Stil.


Ich lebe und arbeite auch jetzt noch immer in meinem eigenen kleinen Studio/Büro in der Nähe von Amsterdam. Ich habe mich gleichzeitig auch Vollzeit selbstständig gemacht und begleite nun online mutige Frauen, die ebenso für ihre Träume einstehen und ihr Leben voll auskosten wollen. Das Abenteuer “Auswandern“ hat meine Arbeit definitiv bereichert, und ich bin sehr dankbar für diese Erfahrung.

swissinfo.ch: Wie war es für Sie, die Schweiz für immer zu verlassen?

P.B.: Was heisst schon “für immer…”?! Ich kann ja jederzeit auf Besuch – und auch wieder “zurückwandern”, falls der Ruf der Berge zu laut wird. Doch grundsätzlich ist es mir sehr einfach gefallen, da ich spürte, dass ich einen wichtigen Schritt für mich tue. Und diese Wichtigkeit bezog sich nicht ausschliesslich auf Bas, meinen Freund und Haupt-Auswanderungsgrund. Ich habe wirklich sehr viel über mich gelernt – und tue es immer noch.

swissinfo.ch: Wo leben Sie heute, wie ist das Leben, die Küche dort?

P.B.: Ich lebe hauptsächlich in Abcoude, einem Vorort von Amsterdam, verbringe aber immer mehr Zeit in Hoorn, wo Bas lebt. Da ich Veganerin bin und oft selber koche, hat sich für mich nicht sehr viel verändert. Amsterdam bietet für Veganer jedoch wirklich viel mehr, als Bern es tut, oder tat. Wie ich hörte, ziehen sie in der Schweiz auch immer mehr nach!


Ansonsten sehe ich, dass die Holländer teilweise äusserst spannende Kombis essen; Pikanter „pannenkoek“ (Pfannkuchen) mit stroop (Sirup)… Oder diese hunderttausend Schokoladenstreusel-Sorten, die sie sich dann aufs Frühstücksbrot sprinkeln. Lekker…

swissinfo.ch: Wie beurteilen Sie die politische Lage in Holland?

P.B.: Da kann ich keinen Unterschied zur Schweiz feststellen…

swissinfo.ch: Was ist dort attraktiver als in der Schweiz?

P.B.: Die Männer … nun, der eine Mann!
Dann finde ich die Offen- und Lockerheit der Holländer sehr angenehm. Genauso, wie ihre Direktheit, auch wenn sich das zarte Schweizerherz etwas daran gewöhnen musste.

swissinfo.ch: Wie denken Sie heute aus der Ferne über die Schweiz?

P.B.: Die Schweiz ist ein wundervolles Land. Ich bin sehr dankbar, dass ich da aufwachsen durfte. Manchmal ist zwar alles etwas eng und stur und schwer – doch alles hat schlussendlich Sonn- und Schattenseiten und die wunderschönen Landschaften und Verlässlichkeit der Bahn, macht das auch wieder wett.

Bilder von Auslandschweizern
Machen Sie die globale Schweiz sichtbar: Markieren Sie Ihre Instagram-Bilder mit #WeAreSwissAbroad Es ist uns ein grosses Anliegen, auf swissinfo.ch Ihnen und Ihren Ansichten und Erlebnissen in Form von Porträts, Anekdoten und Geschichten eine Plattform zu geben. swissinfo.ch

swissinfo.ch: Nehmen Sie an Wahlen und Abstimmungen teil?

P.B.: Ja. Meistens.

swissinfo.ch: Was vermissen Sie von der Schweiz am meisten?

P.B.:Meine Freunde und Familie. Mein Gottenmeiteli besonders. Noemi wird bald 6, und ich würde sie gerne mehr um mich haben. Sie würde sich bestimmt auch super mit den Kindern meines Partners verstehen und ihnen sehr schnell und entschlossen Schweizerdeutsch beibringen.

Zwei meiner besten Freundinnen sind unterdessen auch Mami geworden. Da würde ich natürlich auch gerne bei ihnen sein und diese beiden Mädels aufwachsen sehen. Gottseidank gibt es heute so viele tolle Möglichkeiten (Skype, Whatsapp, Telefon, Social-Media, etc.), um dennoch ein Bisschen up to Date, und ein Teil ihres Lebens zu bleiben.

Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten sind ausschliesslich jene der porträtierten Person und müssen sich nicht mit der Position von swissinfo.ch decken.

Leben Sie als Schweizerin oder Schweizer auch im Ausland? Markieren Sie auf Instagram Ihre Bilder mit #WeAreSwissAbroad.

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