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Was für und was gegen den Frontex-Beitrag spricht

Keystone / Str

Am 15. Mai stimmt die Schweiz über die Beteiligung am Ausbau von Frontex ab. Die Referendumsführer:innen stellen die von Frontex verfolgte Migrationspolitik in Frage und fordern von Europa mehr Offenheit. 

Worum geht es?

Die Schweiz ist Mitglied des Schengen-Raums, in dem Personen das Recht haben, sich frei zu bewegen. Daher beteiligt sie sich an der Finanzierung der Agentur Frontex, deren Aufgabe es ist, die Aussengrenzen Europas zu kontrollieren. Das Gesamtbudget der Agentur wurde aufgestockt, was bedeutet, dass auch die Schweiz mehr zahlen muss. Das Volk wird am 15. Mai über diesen neuen Kredit abstimmen.

Was ist Frontex?

Frontex ist die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache. Sie wurde 2004 gegründet und überwacht die Aussengrenzen des Schengen-Raums, bekämpft die grenzüberschreitende Kriminalität und steuert die Migrationsströme. Die Agentur wird von der Europäischen Union (EU) und den Nicht-EU-Ländern, die das Schengen-Abkommen unterzeichnet haben, finanziert: Schweiz, Island, Norwegen und Liechtenstein. Der Hauptsitz befindet sich in Warschau in Polen.

Frontex beschäftigt etwa 2000 Beamte aus verschiedenen Mitgliedsstaaten. Sie arbeiten unter dem Kommando des jeweiligen Staates, in dem sie eingesetzt werden, und können an den Aussengrenzen des Schengen-Raums oder in Drittländern eingesetzt werden, sofern diese ein Abkommen mit der EU unterzeichnet haben.

Wofür wird der Beitrag der Schweiz verwendet?

Nach der Migrationskrise von 2015 beschlossen die europäischen Staaten, Frontex mit mehr Personal und finanziellen Mitteln zu stärken. Ziel ist es, bis 2027 ein Kontingent von 10’000 Mitarbeitenden zu erreichen, um über eine voll funktionsfähige Grenz- und Küstenwache zu verfügen. Der Anteil der Schweizer Beamt:innen soll schrittweise von 6 auf 40 Vollzeitstellen erhöht werden.

Das Budget von Frontex für 2022 ist mit über 750 Millionen Franken das höchste aller europäischen Agenturen und wird in den nächsten fünf Jahren weiter steigen. Die Schweiz beteiligt sich an der Finanzierung im Verhältnis zu ihrem Bruttoinlandsprodukt. Ihr Beitrag belief sich 2021 auf 24 Millionen Franken und wird nach Berechnungen des Bundes bis 2027 auf 61 Millionen Franken ansteigen.

Die Stärkung von Frontex zielt darauf ab, die Aussengrenzen Europas durch den Einsatz von mehr Personal vor Ort besser zu kontrollieren. Die Agentur wird die Mitgliedstaaten auch verstärkt bei der Rückführung von Asylsuchenden in ihre Herkunftsländer unterstützen, indem sie ihnen bei der Identifizierung der betreffenden Personen und der Beschaffung von Reisedokumenten hilft. Die Zahl der Beobachter:innen wird ebenfalls erhöht, um die Einhaltung der Grundrechte von Migrant:innen zu überwachen. 

Wie ist die Lage an den Aussengrenzen Europas?

Die Einsätze von Frontex konzentrieren sich hauptsächlich auf zwei Bereiche: die grenzüberschreitende Kriminalität, also Drogen- und Waffen- und Menschenhandel, sowie die Kontrolle von Personen, die in Europa Asyl beantragen wollen.

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Zwischen 2014 und 2015 verdreifachte sich die Zahl der Asylsuchenden im Schengen-Raum im Vergleich zu den Vorjahren. Die Hauptgründe waren die Kriege in Syrien und Afghanistan. Seitdem ist die Zahl der Schutzsuchenden gemäss Zahlen des Flüchtlingshilfswerks UNHCR wieder auf das Niveau der 2010er-Jahre gesunken. Es ist ein Trend, der sich auch in der Schweiz widerspiegelt.

Der Rückgang der Asylanträge ist zum Teil auf die Schliessung der Grenzen in mehreren Balkanländern, die Verschärfung der Kontrollen, auch durch Frontex, und die Unterzeichnung von Abkommen mit Drittstaaten wie Libyen oder der Türkei zur Blockierung des Transits von Migrant:innen zurückzuführen. Auch die Pandemie hat den internationalen Reiseverkehr fast zwei Jahre lang eingefroren.

Aktuell werden Frontex-Mitarbeiter:innen in den Nachbarstaaten der Ukraine eingesetzt, um die lokalen Behörden bei der Grenzkontrolle und der Bewältigung der Ankunft von Kriegsflüchtlinge zu unterstützen. 

Wer ist gegen die Beteiligung der Schweiz an Frontex?

Das Referendum wurde von der Vereinigung Migrant Solidarity Network und weiteren Organisationen lanciert. Unterstützt wird es von der SP, den Grünen und anderer linker Parteien. Das Referendumskomitee ist gegen die Beteiligung der Schweiz an Frontex: Die Agentur symbolisiere eine Migrationspolitik, die auf Isolation und Gewalt beruhe, so das Argument. Es kritisiert eine «Militarisierung der Grenzen» und eine «Kriminalisierung der Migration».

Die Referendare erinnern daran, dass mehrere Ermittlungen gegen Frontex wegen Gefährdung von Migrant:innen und Beteiligung an der Abschiebung von Asylsuchenden im Gange sind. Diese Praxis verstösst gegen die Genfer Flüchtlingskonvention. Das Europäische Parlament hat einen Teil des Frontex-Budgets für 2022 eingefroren und verlangt, dass die Agentur den Schutz der Grundrechte verstärkt und einen Mechanismus zur Meldung schwerwiegender Vorfälle einführt. 

Das Referendumskomitee verurteilt auch die Abkommen, welche die EU mit Libyen und der Türkei unterzeichnet hat: Es sei eine Form der Auslagerung des Problems mit der Konsequenz, dass Flüchtende in Drittländern festsitzen, in denen ihre Sicherheit nicht gewährleistet ist. Die Initianten fordern die Einrichtung sicherer Migrationswege.

Wer unterstützt die Finanzierung von Frontex?

Der Bundesrat möchte den Frontex-Beitrag erhöhen, da die Überwachung der Aussengrenzen auch der Schweiz zugutekomme: So würden die Migrationsbewegungen kontrolliert und die Sicherheit erhöht, lautet die Begründung. Auch bei der Rückführung von Personen, die kein Asyl erhalten, soll die Schweiz von Frontex unterstützt werden. 

Der Bundesrat warnte: Bei einem «Nein» am 15. Mai könnte die Schweiz aus dem Schengen-Raum ausgeschlossen werden. Dies würde die Reisefreiheit einschränken und der gesamten Schweizer Wirtschaft schaden. Ausserdem könnten sich bei einem Nein die bereits angespannten Beziehungen zur EU weiter verschlechtern.

Auch eine Mehrheit des Parlaments unterstützt den Ausbau: So haben die FDP und die Grünliberalen für eine stärkere Beteiligung an der Agentur gestimmt. Sie erinnerten daran, dass dank Frontex ein grosser Teil des Waffen-, Drogen- und Menschenhandels an den Aussengrenzen gestoppt wird. Die Abgeordneten betonten auch, dass eine Stärkung von Frontex zu einem besseren Schutz der Grundrechte von Migranten führen würde.

Die im Parlament am stärksten vertretene Partei, die SVP, zeigte sich gespalten: Einige Abgeordnete lehnen Schengen und die Personenfreizügigkeit strikt ab, während andere das Prinzip der Zusammenarbeit zwischen den Staaten unterstützen.

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