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In der Kristallkugel der Klimatologen ziehen Wolken auf

Die Wolkenbildung gehört zu den schwierig voraussehbaren atmosphärischen Phänomenen. Keystone

Der Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) wird demnächst einen neuen Bericht über das Weltklima veröffentlichen. Die Prognose, welche Klimabedingungen in einem oder zwei Jahrhunderten auf dem Planeten herrschen werden, ist eine der schwierigsten Aufgaben der Wissenschaft. Einige Phänomene bleiben unberechenbar.

Klimamodelle sind immer falsch. Wie jede wissenschaftliche Theorie, schaffen sie es nie, die Realität komplett abzubilden. Das sagen nicht nur die Skeptiker der Klimaforschung, sondern auch Forscher, die sich mit Klimastudien beschäftigen. Ein Widerspruch? Überhaupt nicht, sagen die Experten.

«Die Resultate einer Klima-Modellierung liefern uns wichtige Hinweise. Sie helfen, verschiedene Aspekte und Prozesse zu verstehen und zu simulieren», heisst es in einer Publikation von ProClim, dem Schweizer Forum für Klima- und globalen Wandel.

Wichtig sei, zu wissen, wo die Grenzen der Modelle liegen, welche Resultate zuverlässig sind und welche nicht. Das Klima vorherzusagen, «ist eine gewagte Übung», gibt Stéphane Goyette, Klimatologe an der Universität Genf, zu.

Der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC), dem auch Schweizer Forschende angehören, hat seinen 5. Klimabericht ausgearbeitet. Er wird in mehreren Teilen veröffentlicht.

Der erste Teil (wissenschaftliche Grundlagen) wird am 27. September 2013 in Stockholm präsentiert. Der zweite Teil (Auswirkungen, Anpassung, Verwundbarkeiten) am 31. März 2014 in Yokohama, Japan. Der dritte Teil (Minderung des Klimawandels) voraussichtlich im April 2014 in Berlin.

Der Schlussbericht wird voraussichtlich Anfang November 2014 in Kopenhagen vorgestellt.

Die IPCC-Berichte sind eine Synthese der wissenschaftlichen Erkenntnisse der Klimaforschung. Sie haben keinen bindenden Charakter, auch wenn Politik und Wirtschaft diese als Referenz zur Ausarbeitung langfristiger Strategien benutzen.

Wann regnet es im Jahr 2100?

Ende September wird der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) zum fünften Mal den ersten Teil seines neuen Klimaberichts publizieren. Laut dem Bericht ist der Mensch zu 95% für die globale Erwärmung verantwortlich (im letzten Bericht 2007 waren es noch 90%).

Neben einer Zusammenfassung der neusten Daten über den Temperaturanstieg, die Eisschmelze oder den Anstieg des Meeresspiegels enthält der IPCC-Bericht Prognosen für die nächsten zwei Jahrhunderte.

Doch wie ist es möglich, das Klima zu beschreiben, das den Planeten in 50 oder gar 100 Jahren beherrschen wird, wenn wir nicht einmal wissen, wie das Wetter in einer Woche sein wird?

«Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe», sagt Reto Knutti, Professor am Institut für Atmosphäre und Klima des Departements Umweltwissenschaften an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) und Ko-Autor des IPCC-Berichts.

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«Wir bestimmen, wie das Klima in 50 Jahren aussieht»

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Für Thomas Stocker, Leiter der Arbeitsgruppe I, welche die wissenschaftlichen Grundlagen für den 5. Weltklimabericht (IPCC-Report) erstellt, ist der Kampf gegen den Klimawandel noch nicht verloren. Aber mit jedem Jahr, in dem keine Reduktionen der Emissionen erreicht würden, werde es schwieriger. swissinfo.ch: In Ihrer Funktion sind Sie quasi für die Voraussage der Lebenserwartung dieses Planeten…

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«Mit den meteorologischen Prognosen wollen wir wissen, wie die Wettersituation an einem festgelegten Tag aussieht. Die Klima-Simulation interessiert sich aber nicht dafür, wie das Wetter am 31. Dezember 2100 ist. Deren Ziel ist beispielsweise, vorherzusagen, wie viele Sonnen- und Regentage es im Durchschnitt zum Ende des Jahrhunderts geben wird.»

Die Klimaprognosen beziehen sich auf verschiedene Modelle, erklärt Stéphane Goyette. Beispielsweise auf ein Modell zum Kohlenstoff-Kreislauf, das dank demografischen und ökonomischen Komponenten ermöglicht, die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre zu bestimmen.

«Diese Daten fliessen dann ein in Klimamodelle, die auf den Gesetzen von Physik und Chemie basieren. So erhalten wir Informationen über die Temperatur, über die Regenzyklen und die Windverhältnisse», sagt Goyette.

Das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie (MeteoSchweiz) ist, zusammen mit universitären Instituten, verantwortlich für die Ausarbeitung der Klimamodelle für die Schweiz.

Bis Mitte dieses Jahrhunderts werden die durchschnittlichen Temperaturen laut MeteoSchweiz in den meisten Regionen der Schweiz und während allen Jahreszeiten ansteigen.

Je nach Höhe des Treibhausgas-Ausstosses wird die Temperatur bis 2060 zwischen 0,5 und 3,6° Celsius zunehmen.

In den tiefsten Lagen des Mittellandes kann von einer Zunahme der Anzahl Sommertage (Temperatur von mindestens 25°) von heute rund 50 auf 65 bis 80 Tage pro Jahr ausgegangen werden. Die Vegetationsperiode verlängert sich um 30 bis 50 Tage.

Die mittleren Niederschlagsmengen im Sommer dürften in der gesamten Schweiz abnehmen. Auch ist mit intensiveren und ausgedehnteren Wärmeperioden und Hitzewellen im Sommer zu rechnen.

(Quelle: MeteoSchweiz)

Trotz Vulkanausbruch korrekte Voraussagen

Um die Wirksamkeit einer Simulation zu prüfen, verlangt man vom Modell, anhand von Daten aus der Vergangenheit das heutige Klima zu errechnen, erklärt der Klimaforscher. Entsprechen die Resultate der Realität, gilt das Modell als zuverlässig.

Eine andere Methode ist die Analyse, ob ältere Vorhersagen tatsächlich eingetroffen sind. Darauf haben sich einige Forscher spezialisiert, die den ersten Bericht des IPCC darauf geprüft haben. Im Bericht von 1990 wurde vorausgesagt, dass die Durchschnittstemperatur der Erde bis 2030 um etwa 1,1 Grad Celsius ansteigen werde (bis 2010 also um 0,55°).

Tatsächlich hat die Temperatur von 1990 bis 2010 zwischen 0,35 und 0,39° zugenommen, wie David Frame von der Victoria University of Wellington (Neuseeland) und Daithi Stone vom Lawrence Berkeley National Laboratory (Kalifornien, USA) herausgefunden haben. Der Unterschied zwischen den 0,55° und den beobachteten Werten sei auf natürliche Schwankungen zurückzuführen, unterstreichen sie.

Wenn man in Betracht ziehe, dass die Informatik-Modelle jener Zeit viel einfacher gewesen seien als heute, «ist die Präzision der Voraussagen von 1990 bemerkenswert», schreiben die Autoren der im Dezember 2012 veröffentlichten Studie.

Die Schätzungen, ergänzen sie, seien noch beeindruckender, wenn man bedenke, dass die Wissenschaftler jene grossen Ereignisse nicht vorhersehen konnten, die einen Einfluss auf das Weltklima gehabt hätten. Darunter der Ausbruch des Vulkans Pinatubo auf den Philippinen 1991, der industrielle Kollaps der Sowjetunion und der wirtschaftliche Aufstieg Chinas.

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Kurzfristige Veränderungen des Treibhausgas-Ausstosses wie auch die erwähnten Grossereignisse übten einen relativ geringen Einfluss auf die globale Erwärmung aus, kommentieren Frame und Stone. Entscheidend sei der Anstieg des Treibhausgases CO2 in der Atmosphäre seit der industriellen Revolution.

Eine andere Studie, auch diese Ende 2012 publiziert, kommt zu einem ähnlichen Schluss. Die globale Temperatur und die atmosphärische Konzentration von CO2 würden im Einklang mit den Schätzungen des IPCC zunehmen, betonen Forschende aus Deutschland, den USA und Frankreich. Der Anstieg des Meeresspiegels allerdings habe schneller als erwartet zugenommen.

«Es ist tröstlich festzustellen, dass die Hauptergebnisse des ersten IPCC-Berichts im Einklang mit jenen des Berichts von 2007 sind», sagt Stéphane Goyette.

Zu behaupten, die Vorhersagen von 1990 seien «genau», sei jedoch übertrieben, glaubt Eduardo Zorita vom Institut für Küstenforschung im deutschen Geesthacht. «Ich würde einfach sagen, dass sie in die richtige Richtung gingen. Ein Zeitabstand von zwanzig Jahren reicht nicht, um daraus Schlüsse zu ziehen», sagt der Klimatologe, der an der «Swiss Climate Summer School» 2013 in Grindelwald im Berner Oberland teilnahm.

Unbekannte Wolken

An diesem internationalen Anlass Anfang September, der dem Thema Klima-Rekonstruktionen und Klima-Voraussagen gewidmet war, wurden die Folgen des so genannten «Schmetterlings-Effekts» hervorgehoben: Es reichen ein paar kleine Variationen in den Ausgangsbedingungen, um am Schluss der Simulation zu diametral entgegengesetzten Resultaten zu kommen.

«Die Klimaforschung sieht sich weiterhin mit zahlreichen Unbekannten konfrontiert», sagt Zorita. «Die heutigen Modelle sind zwar ausgefeilter und haben eine höhere Auflösung. Doch es ist frustrierend, festzustellen, dass die Unsicherheiten gleich geblieben sind.»

Die Klimamodelle bildeten Aspekte wie die langfristige Entwicklung der globalen Temperatur oder die Änderungen von Niederschlägen relativ gut ab, sagt Reto Knutti. «Sie haben jedoch Mühe, den gesamten Wasserkreislauf oder Veränderungen in der Struktur der atmosphärischen Strömungen korrekt zu reproduzieren.» Auch die Interaktion zwischen der Atmosphäre und den Ozeanen, dem Boden oder der Vegetation sei noch kaum bekannt.

Eine der grossen Herausforderungen der Klima-Modellierung sei die Bildung und Umwandlung der Wolken, erklärt Knutti. «Ihre Struktur ist extrem komplex, und jede Wolke hat ihre Besonderheiten. Es reicht, zum Fenster hinaus zu schauen.»

Die Wolken hätten einen grossen Einfluss auf die Temperatur, so Knutti. «Doch jede Wolke hat unterschiedliche Auswirkungen auf die Strahlung aus dem All. Ihr Verhalten in einem Computermodell zu simulieren, ist extrem schwierig.»

Trotz der Unsicherheiten mache es Sinn, Vorhersagen zu machen, sagt Eduardo Zorita. «Die Klimamodelle müssen verbessert werden. Eine weitere Entwicklung ist möglich. Wir haben dies in der Meteorologie beobachtet: Vor zwanzig Jahren gab es genaue Prognosen für zwei Tage. Heute ‹blicken› wir bis zu sechs Tage in die Zukunft.»

(Übertragen aus dem Italienischen: Christian Raaflaub)

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