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“Club of Rome” will in Zürich aufblühen

Beste Lage: Der vorgesehene Sitz für den Club of Rome im Herzen Zürichs. franco bottini

Die Zürcher Stimmbürger befinden am 24. Februar über eine Anschubfinanzierung für den Club of Rome, der seinen Hauptsitz von Hamburg in die Limmatstadt verlegen will.

Die Organisation fordert den Gedankenaustausch zu internationalen politischen Fragen und machte frühzeitig auf Umweltprobleme aufmerksam. Der Umzug nach Zürich soll den Club of Rome auf dem internationalen Parkett neu lancieren.

“Ein internationales Netzwerk wie der Club of Rome braucht eine Zentrale zur Koordination seiner Aktivitäten”, sagt Eberhard von Koerber, Vizepräsident des Club of Rome. “Und wir wollen diese Zentrale in Zürich ansiedeln.”

Gemäss von Koerber bietet Zürich die idealen Bedingungen für den Hauptsitz einer internationalen Organisation, der führende Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur sowie Politiker aus der ganzen Welt angehören. Er selbst lebt seit 20 Jahren an der Limmat.

“Diese Stadt verfügt über eine optimale Infrastruktur, hervorragende öffentliche Verkehrsmittel, einen internationalen Flughafen sowie zahlreiche Konferenzsäle. Die Stadt Zürich bietet uns zudem ein Gebäude in direkter Nähe zum Bahnhof an”, schwärmt von Koerber.

Viele Gedankenanstösse

Zürich bietet der Organisation viele Vorteile, doch der Club of Rome hat auch der Stadt etwas zu bieten. Er will einen aktiven Beitrag zum kulturellen und wissenschaftlichen Leben beitragen und bestehende Institutionen vor Ort besser vernetzen.

“Wir wollen eng mit den Forschungsreinrichtungen zusammenarbeiten, etwa mit der ETH oder der Universität, aber auch mit grossen Unternehmungen wie Banken und Versicherungen. Wir sind überzeugt, Synergien und Austausch zwischen diesen Akteuren erreichen zu können”, sagt von Koerber.

Die Verlagerung des Hauptsitzes von Hamburg nach Zürich soll den Aktivitäten des Club of Rome neuen Schub verleihen. Von Koerber kündigt eine ständige Präsenz “einflussreicher Persönlichkeiten” sowie Meetings und Publikationen an. Die intellektuelle Szene Zürichs werde so wichtige Denkanstösse erhalten.

“Zürich ist in der ganzen Welt als Finanzplatz bekannt. Die Präsenz des Club of Rome kann der Stadt sicherlich auch in wissenschaftlicher und kultureller Hinsicht mehr Bedeutung verleihen.”

Frühe Alarmzeichen

Der 1968 gegründete Club of Rome war mit der Veröffentlichung von “Die Grenzen des Wachstums” im Jahr 1972 bekannt geworden. Erstmals wurde auf die zu erwartenden Folgen des wirtschaftlichen Booms der Nachkriegsjahre hingewiesen: Ende der natürlichen Ressourcen, Umweltverschmutzung, Nahrungsmittelnotstand, politische und soziale Spannungen.

Es waren im übrigen Repräsentanten aus der Chefetage der Wirtschaftswelt, welche diese Szenarien entwarfen. Später wurden sie häufig kritisiert, denn die Prophezeiungen trafen nicht genauso ein, wie vorhergesagt. Andererseits wurden viele Probleme angesprochen, die heute effektiv von grosser Bedeutung sind.

“Damals erschienen die Vorhersagen rein theoretischer Natur, doch heute spüren wir diese Veränderungen in der Tat, vom Klimawandel bis zum Wassermangel, vom Anstieg der Rohstoffpreise bis zum steigenden Energiebedarf”, sagt von Koerber.

Referendum in Zürich

Die Verlegung des Hauptsitzes des Club of Rome von Hamburg nach Zürich wird jedoch von einem Referendum bedroht. Es geht um eine Anstossfinanzierung in Höhe von 1,82 Millionen Franken, die von den Stadtbehörden bewilligt wurde.

“Wir haben nichts gegen den Club of Rome”, sagt Markus Schwyn von der Partei für Zürich. Diese rechtsliberale Kleinpartei hat das Referendum ergriffen. “Doch wir sind der Meinung, dass die Aktivitäten dieses Clubs nicht mit öffentlichen Geldern unterstützt werden müssen.”

Viele Familien in Zürich müssten mit wenig Geld auskommen. Da ist es laut Schwyn nicht korrekt, wenn die Stadt einen Club unterstützt, in dem Dutzende von Millionären Mitglieder sind. Zudem hegt er Zweifel an der Ausstrahlungskraft der internationalen Organisation.

“Der Club of Rome hatte lange seinen Sitz in Hamburg. Aber er hat keine Impulse in die Hansestadt ausgesandt. Mehr noch: Es war gar nicht bekannt, dass er seinen Sitz in Hamburg hatte”, so Schwyn.

Globale Vision

Im Fall einer positiven Antwort des Zürcher Stimmvolks will Eberhard von Koerber schon im April mit den Aktivitäten am neuen Standort beginnen. Die Arbeit seiner Organisation werde an Bedeutung gewinnen.

“Heute wenden sich immer mehr führende Politiker an uns. Sie sind in grosser Sorge wegen Umwelt- und Energieproblemen, haben aber keine greifbaren Lösungen. Ausserdem befürchten sie kurzfristige und radikale Massnahmen, weil ihre Wählerschaft diese nicht schätzen könnten.”

Von Koerber ist überzeugt, dass der Club of Rome helfen kann, die Bevölkerung zu sensibilisieren: “Unser Vorteil ist es, dass wir eine unabhängige Organisation sind, in der Menschen aus der ganzen Welt und Fachleute aus allen Branchen aktiv sind. Wir haben folglich eine globale Sicht der Dinge, um die Weltprobleme zu lösen.”

swissinfo, Armando Mombelli
(Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob)

Der Club of Rome (CoR) wurde 1968 in Rom vom italienischen Industriellen Aurelio Peccei, damals Mitglied der Firmenleitung von Fiat und Olivetti, sowie dem Schotten Alexander King, Direktor für Wissenschaft, Technologie und Erziehung bei der Pariser Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), gegründet.

In dieser unabhängigen und nichtkommerziellen Organisation sind ausgesuchte Ökonomen, Industrielle, Wissenschafter und andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens vertreten.

Mittels Studien, Konferenzen und Publikationen wird das Ziel verfolgt, zur einer nachhaltigen und harmonischen Entwicklung der Menschheit beizutragen.

Der CoR sorgte mit dem 1972 veröffentlichten Bericht “Die Grenzen des Wachstums” international für Aufsehen. Dieser war in Zusammenarbeit mit dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) entstanden und wurde weltweit 12 Millionen Mal verkauft.

Mit dieser Studie wurde erstmals unter Verwendung von Computersimulationen im Rahmen verschiedener Szenarien eine Prognose für die Weiterentwicklung der Welt und die Grenzen des wirtschaftlichen Wachstums erstellt. Es wurde aufgezeigt, dass die natürlichen Ressourcen der Erde begrenzt sind.

Der Club hat 2007 eine tiefgreifende Reform seiner Strukturen und Arbeitsmethoden beschlossen. Zeitgleich mit der Verlagerung des Hauptsitzes von Hamburg nach Zürich will der Club of Rome ein neues Zentrum für Zukunftsstudien aufbauen.

Das Stadtzürcher Stimmvolk befindet am 24. Februar an der Urne über eine Anschubfinanzierung in Höhe von 1,82 Millionen Franken. Es geht um einen jährlichen Beitrag von 364’000 Franken bis 2012.

Der entsprechende Kredit war vom Zürcher Gemeinderat verabschiedet worden, um die neue Niederlassung des Club of Rome in Zürich mitzufinanzieren.

Nötig ist die Abstimmung geworden, weil die kleine rechtsliberale Partei für Zürich das Referendum ergriffen hatte. Die Organisation existiere seit über 30 Jahren und brauche keine Anschubfinanzierung, wird argumentiert.

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