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Krankenkassen: Schuss vor den Bug

Spitalkosten als einer der Gründe der erwarteten Prämienerhöhung. In Bild: Notfallzentrum Inselspital Bern. Keystone

Laut santésuisse dürften die Prämien für die Grundversicherung für 2006 um 6 bis 8% wachsen. Eine höhere Zunahme als im laufenden Jahr.

Der Verband der Krankenkassen lehnt den Vorschlag von Gesundheitsminister Pascal Couchepin ab, die eigenen Reserven aufzulösen.

Die Kostenspirale im Gesundheitswesen dreht sich weiter. Um die Entwicklung zu stoppen, brauche es billigere Medikamente, eine Reform der Spitalfinanzierung und ein Ende des Vertragszwangs, erklärte santésuisse in Bern.

Noch steht allerdings nicht definitiv fest, wie hoch der Anstieg der Krankenkassenprämien im kommenden Jahr ausfallen wird. Einen Richtwert liefern jedoch die Gesamtausgaben in der Grundversicherung, die im vergangenen Jahr um 6,4% gestiegen sind.

Bei der Festlegung der neuen Prämien für die obligatorische Grundversicherung im kommenden Jahr sei wegen der steigenden Ausgaben ein Zuschlag von 1 bis 2% für höhere Reserven und Rückstellungen einzuberechnen.

Wachstum besonders im Spitalbereich

Ein besonders starkes Kostenwachstum verzeichnete 2004 der Spitalbereich, wie santésuisse-Direktor Marc-Andre Giger erklärte.

Der Ausbau des ambulanten Sektors sei nicht durch einen Rückgang bei den stationären Behandlungen kompensiert worden. Auch die Medikamentenkosten stiegen weiter an.

Laut Giger gehen die vergangene Woche angekündigten Senkungen der Medikamentenpreise in die richtige Richtung. Absolut zentral sei aber die Überwachung dieser Preissenkungsrunde.

Stopp der Kostenverlagerung

Um eine Entlastung an der Kostenfront zu erreichen, müsse bei der Spitalfinanzierung die Kostenverlagerung von der öffentlichen Hand auf die Krankenversicherung gestoppt werden, sagte santésuisse-Präsident Christoffel Brändli.

Wichtig sei zudem, dass ambulante und stationäre Leistungen gleich behandelt würden. Bei den Medikamenten soll das Bundesamt für Gesundheit künftig bei seinem Auslandpreisvergleich die günstigeren Nachbarländer wie Österreich, Frankreich und Italien gleichwertig einbeziehen.

Kassen gegen Vertragszwang

So könne Druck ausgeübt werden, um die überhöhten Medikamentenpreise in Richtung europäisches Niveau zu senken. Als zentralen Punkt für die Kostendämpfung bezeichnete Brändli die Aufhebung des Vertragszwanges, der Krankenkassen verpflichtet, mit allen Ärzten zusammenzuarbeiten.

Nur wenn die Kassen diesen Zwang los wären, könne mit den Leistungserbringern über Preise diskutiert werden.

Die von Bundesrat Pascal Couchepin vorgeschlagene Senkung der Reserven der Krankenkassen beurteilte santésuisse-Vizepräsident Manfred Manser als untaugliches Mittel.

Die Versicherer bräuchten die Reserven. Zudem sei die Massnahme reine Kosmetik und bringe keine echten Einsparungen.

Weiteren Reformbedarf machte Santesuisse-Vizepräsident Pierre-Marcel Revaz bei der Kostenverteilung zwischen den Generationen aus.

Die Altersklasse der 20- bis 40-Jährigen würde einen überproportionalen Solidaritätsbeitrag für die älteren Versicherten leisten, sagte er.

Als Reaktion auf die Ankündigung des erneuten Prämienanstiegs bekräftigte das Komitee für eine soziale Einheitskasse die Absicht, seine Initiative zum Erfolg zu bringen.

Das Volksbegehren würde es ermöglichen, die Prämien in Abhängigkeit von der Wirtschaftskraft der Versicherten zu berechnen.

Reaktionen

Diese Prämienerhöhungen seien «sozial inakzeptabel und wirtschaftlich höchst schädlich», so der Schweizerische Gewerkschaftsbund SGB in einer ersten Stellungnahme.

Der SGB fordert sozial abfedernde Massnahmen für Bezüger von mittleren und kleineren Einkommen und für Familien mit Kindern.

swissinfo und Agenturen

Die Prämien für die Krankenkassen steigen seit langem:
2005 3,7%
2004 4,3%
2003 9,6%
2002 9,7%
2001 5,5%
2000 3,8%

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