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Schweizer Hoffnungen vor Klimagipfel in Kopenhagen

Kopenhagen nähert sich, und der Druck steigt - auch in den Strassen von Barcelona während den einwöchigen Verhandlungen. Keystone

Knapp einen Monat vor Beginn des Klimagipfels in Kopenhagen zeigt sich der Schweizer Delegationsleiter Thomas Kolly nach den einwöchigen Verhandlungen in Barcelona "vorsichtig optimistisch". Präzisierungen im Gespräch mit swissinfo.ch.

Barcelona war das letzte grosse formelle Treffen vor der UNO-Klimakonferenz in Kopenhagen im Dezember. Die Delegierten aus 175 Ländern bereinigten die Verhandlungstexte, die in Kopenhagen ein Klimaregime in der Zeit nach 2012 finden sollen.

Laut Medienberichten wird es in Kopenhagen eher zu einer gemeinsamen politischen Erklärung kommen als zu einem verbindlichen Abkommen. Thomas Kolly, Leiter der Abteilung für internationale Angelegenheiten im Bundesamt für Umwelt (Bafu), äussert sich.

swissinfo.ch: Welche Bilanz ziehen Sie nach dem Treffen in Barcelona?

Thomas Kolly: Es gab einige Fortschritte im technischen Bereich. Aber Kopenhagen nähert sich, und die Leute werden langsam nervös. In Barcelona war die Stimmung angespannter als bisher – Ausdruck einer Tatsache: Wir befinden uns mitten in Verhandlungen und nicht in einer Diskussion.

Grundsätzlich bleibe ich aber optimistisch und glaube an ein Resultat in Kopenhagen.

swissinfo.ch: Riskiert Kopenhagen nicht, am Ende lediglich ein Minimalabkommen zu erreichen?

T.K.: Wir werden in Kopenhagen ein Abkommen haben, da bin ich mir sicher. Die Frage ist nur, welche Themen für später offengelassen werden.

Man sieht, dass einige Delegationen eher mit einem politischen als einem verbindlichen Abkommen liebäugeln. Realistisch gesehen werden gewisse Elemente gesetzlich verbindlich sein, andere Punkte werden offen bleiben, wie zum Beispiel die Frage der Umsetzung des Abkommens – wie das auch schon in Kyoto der Fall war, wo die Hauptarbeit erst nach der Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls (Dezember 1997) ausgeführt wurde.

swissinfo.ch: Die Lage ist also nicht schwieriger als vor Kyoto…

T.K.: Das ganze Paket ist wichtiger in Kopenhagen. Man versucht, alle Länder, alle Regionen, alle Kategorien von Ländern einzubeziehen. Die Ambitionen in Kopenhagen sind also höher als sie vor einigen Jahren waren.

swissinfo.ch: Hat das Treffen von Barcelona konkrete und klare Resultate gebracht?

T.K.: Ziel war es nicht, irgendetwas zu beschliessen. Wir sprachen über alle Themen, vor allem über die Reduktion der CO2-Emissionen, über finanzielle Aspekte wie die Finanzierung von Massnahmen in den Entwicklungsländern durch die Industriestaaten sowie über technologische Transfers. Dabei wurden Fortschritte erzielt. Unterschiedliche Fortschritte je nach Themen, aber wir haben hier eine wichtige Arbeit getan.

swissinfo.ch: Die Entwicklungsländer sind nicht zufrieden. Nach deren Meinung machen die Industriestaaten zu wenig bei der Reduktion ihrer CO-Emissionen und auf der Ebene der Finanzierung. Ihr Kommentar dazu?

T.K.: Das ist richtig. Die Gruppe der afrikanischen Länder hat die Verhandlungen während einem Tag blockiert. Dies vor allem, um ihre Frustration auszudrücken. Frustration wegen des langsamen Prozesses und wegen der Industriestaaten, die nicht tun, was uns die Wissenschaft zwingt zu tun: Reduktion der CO2-Emissionen zwischen 25% und 40% bis 2020 im Vergleich zu 1990.

Die Schweiz, die EU und Norwegen gehören zu jenen Ländern, die hier vorwärts gehen wollen. Aber wir sind eine Minderheit. Die Blockade der afrikanischen Länder zielte vor allem darauf ab, Länder wie insbesondere die USA, aber auch Russland, Kanada, Neuseeland und andere dazu zu bewegen, den Prozess zu beschleunigen.

swissinfo.ch: Wo liegen die Haupthindernisse auf dem Weg zu einem ambitiösen Abkommen in Kopenhagen?

T.K.: Zuerst die Reduktion der Treibhausgas-Emissionen und die Frage, ob die Länder bereit sind, sich gesetzlich verbindliche Massnahmen aufzuerlegen. Dann ein zweiter wichtiger Punkt: die Frage der Finanzierung.

Dies angesichts des finanziellen Aufwandes, den es braucht, um eine Lösung des Klimaproblems anzugehen, im Bereich der Einschränkung der Emissionen, aber auch vor allem in Sachen Umsetzung.

swissinfo.ch: Was müsste man erreichen, damit Kopenhagen nicht scheitert?

T.K.: Es braucht ein klar geäussertes Engagement der Industriestaaten und der Schwellenländer bezüglich der Reduktion ihrer Emissionen. Es braucht ferner ein Engagement der Industriestaaten, sich im Bereich der Finanzierung verbindlich zu verpflichten.

swissinfo.ch: Welche Position vertritt die Schweiz bei diesen Verhandlungen?

T.K.: Unsere Position ist es zu sagen, dass alle Länder ihre Verantwortung übernehmen und dazu beitragen müssen, das Problem der Klimaveränderung zu lösen. Das ist der entscheidende Punkt.

swissinfo.ch: Die Schweiz schlägt eine weltweite CO2-Steuer vor zur Finanzierung der Umsetzung von Massnahmen zur Bekämpfung der Klimaveränderung. Wurde dieser Schweizer Vorschlag in Barcelona diskutiert? Gibt es Unterstützung dafür?

T.K.: Absolut. Der Vorschlag liegt sichtbar auf dem Tisch, selbstverständlich neben anderen Vorschlägen. In Barcelona ging es nicht darum, die eine oder andere Idee zu eliminieren. Wir haben die Position der Schweiz und die Prinzipien, die dahinter stehen, erneut erklärt. Wir werden sehen, was in Kopenhagen daraus wird.

Ich möchte präzisieren, dass zwei Elemente gut aufgenommen wurden: Das Verursacherprinzip – wer die Umwelt verschmutzt, soll bezahlen – und die Verwendung der CO2-Steuer, nämlich im Bereich der Schadensprävention und durch die Schaffung eines Versicherungssystems in Schadensfällen.

swissinfo.ch: Die Schweiz hat zusammen mit Mexiko, Südkorea, Liechtenstein und dem Fürstentum Monaco die Environnemental Integrity Group gebildet. Welche Ziele verfolgt diese Gruppe?

T.K.: Diese Gruppe vereint Industrieländer wie die Schweiz, aber auch Schwellen-und Entwicklungsländer. Dies erlaubt uns öfters, handfeste Vorschläge auf den Tisch zu legen. Diese werden in unserer kleinen Gruppe intensiv diskutiert, einer Gruppe, die von ihrer Zusammensetzung her mit einem Mini-UNO-System vergleichbar ist. Was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass unsere Vorschläge auf der globalen UNO-Ebene akzeptiert werden.

Pierre-François Besson, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Französischen: Jean-Michel Berthoud)

Laut Klimaexperten bleiben der Welt noch 10 bis 20 Jahre, um die steigende Erhöhung der Treibhausgase umzukehren. Falls dies nicht geschieht, werde es für die Menschheit schwierig, sich den daraus entstehenden Klimaveränderungen anzupassen.

Das Ziel der Klimakonferenz in Kopenhagen im Dezember ist es zu verhindern, dass das Weltklima sich um 2 Grad Celsius erhöht im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.

Die zwischenstaatliche Expertengruppe über die Klimaentwicklung (Giec) ist der Meinung, dass eine Treibhausgas-Reduktion der Industriestaaten von 25% bis 40% bis 2020 im Vergleich zu 1990 nötig ist.

Die Giec fordert die reichen Länder auf, bis 2050 80% bis 95% der Treibhausgase einzuschränken. Die Entwicklungsländer sollen dies bis 2050 um 50% tun.

Die Landesregierung schlägt für die Schweiz eine Reduktion von jetzt bis 2020 von mindestens 20% der Emissionen im Vergleich zu 1990 vor. Die Schweiz ist bereit, die Reduktion auf 30% zu erhöhen, je nach Ausgang der Klimakonferenz in Kopenhagen.

An der UNO-Klimakonferenz von Kopenhagen vom 7. bis 18. Dezember versuchen rund 200 Länder, sich auf ein globales Klima-Abkommen zu einigen, als Nachfolge oder Verlängerung des Kyoto-Protokolls, das Ende 2012 ausläuft.

Die Schweiz setzt sich in Kopenhagen für folgende Punkte ein:

Verpflichtung von allen grossen Emissionsländern, ihre Treibhausgase nach ihren Kapazitäten zu reduzieren. Dies gilt auch für die Schwellenländer.

Antworten bezüglich Umsetzungsmassnahmen gegen die Folgen der Klimaveränderung – Prävention, Risikomanagement, Schadensbegrenzung.

Schaffung einer Finanzierungsstruktur auf der Grundlage öffentlicher und privater Fonds zur Unterstützung der Emissionsreduktion und der Massnahmenumsetzung gegen die Klimaveränderung.

Entscheide bezüglich Technologietransfers zugunsten der Entwicklungsländer zur Emissionsreduktion und deren Umsetzung.

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