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swisspeace sät Samen zum Frieden in Afghanistan

Afghanische Schülerinnen bei der Wählerbildung. Keystone

Die Schweizer Friedensstiftung swisspeace hat in ihrem ersten operativen Projekt in Afghanistan auf die aktive Mitwirkung der Zivilgesellschaft gesetzt.

Wie geplant zieht sie sich nun auf Ende Jahr aus dem Projekt zurück. Zeit für eine erste Bilanz.

Das Projekt “Afghan Civil Society Forum” (ACSF) beherrschte die diesjährige Jahreskonferenz der Schweizer Friedensstiftung swisspeace. Anhand dieser Erfahrungen stellte sich die Stiftung die Frage, ob die Stärkung der Zivilgesellschaft als Mittel der Friedensförderung taugt.

Ja, war die einhellige Meinung. Doch es braucht viel Zeit und Geduld. Und eine weitere Erkenntnis: Ohne die Mitwirkung der Bevölkerung und bereits bestehender lokaler Nichtregierungs-Organisationen (NGOs) akzeptiert die Bevölkerung ein Projekt kaum.

Nichts aufpfropfen

“Wir arbeiten im Dialog”, sagt Susanne Schmeidl, Projektleiterin des ACSF in Kabul, gegenüber swissinfo. “Ich denke, dass wir eine der wenigen NGOs sind, die ausschliesslich über lokale Strukturen arbeiten.”

Dieser Unterschied zu vielen internationalen NGOs erklärt wohl auch den Erfolg und die breite Akzeptanz, die das Forum im Land erfahren hat, seit es im Mai 2002 sein Büro in Kabul eröffnet hatte.

Statt mit viel Geld westliche Strukturen oder Bauten zu installieren, geht swisspeace den “organischen” Weg und lässt Strukturen von innen heraus entstehen. “Wir selber bauen nichts ausser Netzwerke und neue Ideen in den Köpfen der Menschen”, so Schmeidl.

Stammes-Strukturen berücksichtigt

Das Spezielle in der afghanischen Gesellschaft ist die Macht der Stämme. Diese wurden von Anfang an berücksichtigt und in die Förderung der Zivilgesellschaft eingebunden.

“Wenn jemand Frieden will, kann man auch mit Stammes-Strukturen zusammen arbeiten”, betont Schmeidl, übrigens die einzige Ausländerin vor Ort in diesem Projekt.

Der Einbezug der Stammes-Strukturen brachte nicht nur Akzeptanz, sondern wahrnehmbar auch mehr Sicherheit für die Leute des ACSF. So konnte Schmeidl unbehelligt und ohne Angst Regionen bereisen, die andere NGOs schon lange gemieden hatten.

Konkrete Arbeit

Doch was macht das ACSF konkret? Das Ziel war “eine Förderung von zivilen Strukturen in Afghanistan und eine Einbindung von zivilen Strukturen in den Friedensprozess”, erklärt Schmeidl. Im Grunde genommen gehe es darum, “den Menschen eine Stimme zu geben, das zu erreichen, was sie wollen”.

An Workshops und Veranstaltungen ermutigen die Leute vom Forum “Afghanische Zivilgesellschaft” beispielsweise lokale NGOs zur Zusammenarbeit.

Sehr wichtig ist auch die Bildung, denn “Wissen ist Macht”, wie mehrere der Redner an der Jahrestagung betonten. So konnte das Forum knapp 1,7 Millionen Menschen direkt über die anstehenden Wahlen informieren. Darunter waren rund 30% Frauen. Ein sehr hoher Anteil für ein Land wie Afghanistan.

Positive Bilanz

“Es war ein Projekt, das den betreffenden Personen und den Organisationen vor Ort einiges gebracht hat”, zieht swisspeace-Direktor Laurent Goetschel Bilanz. swisspeace habe sehr viele praktische Erfahrungen sammeln können.

Ob ein Projekt in dieser Art auch in anderen Konfliktregionen funktionieren könne, weiss Goetschel noch nicht. “Sicher ist, dass wir die Erfahrungen systematisch aufarbeiten und gezielt versuchen werden, die gezogenen Lehren in anderen Konflikt-Regionen weiter zu verwenden.”

Nun wird die Leitung des Projekts planungsgemäss in afghanische Hände übergeben. Susanne Schmeidl wird noch während eines Jahres als Beraterin zur Verfügung stehen, falls erwünscht.

Ein langwieriger Prozess

Die konkreten Erfolge werden sich wohl erst in der nächsten Generation messen lassen. Frieden braucht viel Zeit. “Nach 23 Jahren Krieg reicht ein dreijähriges Engagement nicht, um den Wiederaufbau in Afghanistan zu sichern”, schreibt Schmeidl in einem Aufsatz, der demnächst publiziert wird.

Doch man habe in diesen drei Jahren wichtige Impulse geben können: “Wir haben Anstösse gegeben und die ersten Samen in den Köpfen und Herzen der Menschen gesetzt.”

swissinfo, Christian Raaflaub

swisspeace wurde 1988 gegründet.
Heute arbeiten rund 40 Personen für die Schweizerische Friedensstiftung.
Das ACSF wird von zahlreichen Regierungen, UNO-Organisationen und Stiftungen finanziert.

Die Schweizer Friedensstiftung swisspeace arbeitet in den Bereichen Konfliktanalyse und Friedensförderung.

Erstmals ist sie nun auch “im Feld” aktiv geworden, mit dem Projekt “Afghan Civil Society Forum” (ACSF), wo sie in Afghanistan den Aufbau eines zivilen Netzwerks lokaler NGOs angeschoben hat.

swisspeace ist eine Nicht-Regierungs-Organisation (NGO), die von der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) unterstützt wird.

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