Deutsch-spanischer Final: Effizienz gegen Kreativität
Spanien-Deutschland: Das ist die letzte Begegnung der Euro 2008, am Sonntag auf dem Rasen des Ernst-Happel-Stadions in Wien. Dabei trifft die Kreativität der "Seleccion" auf die Effizienz der "Mannschaft",
«Wir sind im Final, das ist sehr gut. Aber jetzt müssen wir ihn auch gewinnen.» Mit dem kurzen Satz des spanischen Trainers Luis Aragonés, ist das Wichtigste gesagt.
Fernando Torres, Stürmerstar der spanischen Auswahl, geht allerdings noch ein wenig weiter: «Niemand wird sich später an die Finalisten erinnern. Deshalb wollen wir Meister werden, damit die ganze Welt von uns spricht bis zur nächsten Europameisterschaft.»
Den Final der Euro gewinnen oder verlieren, das bedeutet: Ehre oder Schmach. Die diesjährigen Finalisten kennen beide Emotionen aus eigener Erfahrung.
Deutschland – das am Samstag seinen sechsten EM-Final bestreiten wird – hat bisher drei Siege errungen und zwei Niederlagen erlitten: Siege in den Jahren 1972, 1980 und 1996 – Niederlagen in den Jahren 1976 und 1992.
Spanien hat 1964 in Madrid gegen die damalige Sowjetunion gewonnen und gegen Frankreich 1984 verloren, nach einem zur Legende gewordenen Schnitzer seines ehemaligen Torwarts Luis Arconada.
Die Spanier hätten also einen Sieg nötiger als die Deutschen. Während die iberischen Clubmannschaften regelmässig seit Jahren auf europäischer Ebene brillieren, erfährt die Nationalmannschaft seit 44 Jahren lauter Misserfolge.
Erstmaliger Final
Deutschland und Spanien sind sich in einem Final eines grossen Turniers noch nie begegnet. In bisher 19 Begegnungen hat sich die «Mannschaft» 9 Mal, die «Seleccion» 5 Mal durchgesetzt. Das letzte Spiel von 2003 auf Palma de Mallorca haben die Spanier 3:1 gewonnen.
Der deutsche Trainer Joachim Löw hat das spanische Team als unberechenbar und eindrücklich qualifiziert.
«Seit Beginn des Turniers spielen sie auf sehr hohem technischen Niveau», sagt er. «Sie variieren ihr Spiel noch stärker als Portugal.»
Begeistert haben bisher die Spanier
Es ist deshalb kein Zufall, dass die Spanier bisher nur Siege errungen haben in den fünf Partien der Euro 2008.
Bevor das iberische Team im Halbfinal die Russen mit einem 3:0-Sieg in die Schranken wies, hatte es seine Klasse, sein taktisches Geschick und seine Spieltechnik bereits in den Gruppenspielen gegen Schweden (2:1), Griechenland (2:1), Russland (4:1) und im Viertelfinal gegen Italien (0:0, Sieg im Elfmeterschiessen) bewiesen.
Die deutsche Mannschaft konnte – abgesehen von der Viertelfinal-Begegnung mit Portugal – das Publikum mit ihrer Leistung bisher weit weniger begeistern.
Mit einer Niederlage gegen Kroatien und je einem glanzlosen Sieg über Polen und Österreich verdankt sie die Finalqualifikation einer aussergewöhnlichen Effizienz. Den 3:2-Sieg gegen die Türkei im Halbfinal hat sie mit der Auswertung von nur drei echten Tormöglichkeiten verwirklicht.
Ein neuer Pokal
Ob sich im Final die Kreativität oder die Effizienz auszahlen wird, weiss man am Sonntagabend. Sicher ist aber, dass der Kapitän des Siegerteams das Privileg haben wird, einen ganz neuen Pokal in Empfang zu nehmen.
Der neue Henri-Delaunay-Pokal (benannt nach dem Gründer der Europameisterschaft) ist aus feinem Silber, 18 Zentimeter länger aber zwei Kilogramm leichter als sein Vorgänger, den Theodoros Zagorakis, Kapitän des griechischen Europameisters, 2004 in Empfang nehmen konnte.
swissinfo, Mathias Froidevaux
(Übertragung aus dem Französischen: Peter Siegenthaler)
1960 Paris: UdSSR – Jugoslawien 2-1 n.V. (0-1, 1-1)
1964 Madrid: Spanien – UdSSR 2-1 (1-1)
1968 Rom: Italien – Jugoslawien 1-1 n.V. (0-1, 1-1)
Wiederholung: Italien – Jugoslawien 2-0 (2-0)
1972 Brüssel: Deutschland – UdSSR 3-0 (1-0)
1976 Belgrad: Tschechoslowakei – Deutschland 2-2 n.V. (2-1, 2-2), 5-3 nach Elfmeterschiessen
1980 Rom: Deutschland – Belgien 2-1 (1-0)
1984 Paris: Frankreich – Spanien 2-0 (0-0)
1988 München: Holland – UdSSR 2-0 (1-0)
1992 Göteborg: Dänemark – Deutschland 2-0 (1-0)
1996 London: Deutschland – Tschechien 2-1 n.V. (0-0, 1-1)
2000 Rotterdam: Frankreich – Italien 2-1 n.V. (0-0, 1-1)
2004 Lissabon: Griechenland – Portugal 1-0 (0-0)
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wird ihre Nationalmannschaft am Euro-08-Final in Wien unterstützen.
Der spanische König Juan-Carlos und Königin Sofia werden dem Spiel auch beiwohnen wie der Chef der spanischen Regierung, José Luis Rodriguez Zapatero.
Auch der Schweizer Sportminister Samuel Schmid wird den Final auf der Tribüne des Ernst-Happels-Stadions in Wien verfolgen.
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