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Schöner Wohnen in Havanna

Die Schweizer Botschaft in Havanna. Architekt: Richard Neutra. zvg

Der Schweizer Botschafter in Kuba wohnt in einer Residenz von hohem architektonischem Wert.

Vor 50 Jahren baute der Architekt Richard Neutra in Havanna eine Residenz, die anlässlich ihres runden Geburtstags mit einer Ausstellung gewürdigt wurde.

Havanna war vor der Revolution von 1959 eine der Hochburgen der architektonischen Moderne der 50er- und 60er-Jahre.

Mit dem 1956 erbauten “Haus de Schulthess” hat die Schweiz in Havanna eine architektonische Spur aufgenommen, die bis heute weiter geführt wird. Das “Haus de Schulthess” dient dem Schweizer Botschafter in Kuba als Residenz.

Die “casa de Schulthess”, wie der wegweisende Bau in Kuba genannt wird, trägt die Handschrift des weltberühmten Architekten Richard Neutra (1892-1970).

Wenn es um das Neue Bauen in Europa und Amerika geht, wird der in Wien geborene Maestro im gleichen Atemzug mit seinen Zeitgenossen Walter Gropius (1883-1969), Ludwig Mies van der Rohe (1886—1969) und Le Corbusier (1887-1965) genannt.

In Kuba hatte sich Richard Neutra mit dem brasilianischen Gartendesigner Roberto Burle Marx und dem kubanischen Architekten Raul Alvarez zusammengetan. Die “casa de Schulthess” ist 50 Jahre alt und dieses Jahr in Havanna mit einer Ausstellung geehrt worden.

Die Schau über die illustre Residenz wurde von der Schweizer Botschaft, vom Stadt-Kuratorium von Havanna und von verschiedenen in Kuba ansässigen Schweizer Firmen und Organisationen unterstützt.

Die Residenz der Schweizer Botschaft – Ort der Begegnung

Die “casa” steht auf einem nahezu drei Hektaren grossen Grundstück und weist eine strenge Rechteckstruktur auf. Die Handschrift des Architekten Neutra ist überall spürbar.

Die Raumeinteilung ist einfach: die Aufenthaltsräume befinden sich im Erdgeschoss, die Schlafzimmer im ersten Stock. Eisenbeton und tropisches Edelholz sind die dominierenden Bauelemente.

Aufgrund ihrer Raumaufteilung eignet sich die “casa de Schulthess” als Botschaftsresidenz, wo inspirierende Begegnungen stattfinden können.

Der Gartenarchitekt Roberto Burle Marx hat das Hausinnere mit grossen Grasflächen und einem Schwimmbad harmonisch verbunden. Das Haus ist ein gelungenes Werk von Richard Neutra, wo Form und Stil eine gelassene und heitere Eleganz geschaffen haben.

Neutra schrieb dazu: “Ein Haus ist der Nachfolger des Mutterleibs, der Architekt eine Art Sachverständiger für Zuflucht nach der Geburt in der äusseren Welt.”

Von der modernen Raumschachtel zum Plattenbau

Richard Neutra ging beim Bauen davon aus, dass sich Menschen in ihren Häusern – und vor allem in den Tropen – nicht nach innen verkriechen.

Konsequent öffnete Neutra die von ihm gebauten “Raumschachteln” und profilierte sich vor 50 Jahren als Prophet des Umschweltschutzes und des naturnahen Wohnens, als noch niemand davon redete.

Die Residenz des Schweizer Botschafters ist eine Zeugin der architektonischen Moderne in Kuba, die von der Revolution Mitte der 60er-Jahre als Auslaufmodell deklariert wurde.

Fidel Castro setzte beim sozialistischen Aufbruch auf Plattenbauten und Kolonialarchitektur. Der Romancier Alejo Carpentier nahm in den Werken “Stadt der Paläste” und “Stadt der Säulen” vorweg, dass sich das revolutionäre Kuba vom kalifornischen Baustil abwandte und auf die bedrohte Bausubstanz aus kolonialer Zeit setzte.

Kolonialarchitektur als Tourismusmagnet

1993 bekam Eusebio Leal, der Stadthistoriker von Havanna, den Auftrag, einen Masterplan für die “integrale Revitalisierung der Altstadt der Metropole” zu entwerfen. Der schonende Rückbau ist im Gang und zieht in Havanna jährlich Hunderttausende von Besuchern und Touristen an.

Die “casa de Schulthess” des Schweizer Botschafters ist eine von zahlreichen stilbildenden Residenzen und modernen Bauten in Havanna. Andere haben 47 Jahre Revolution und Sozialismus in Playa del Este, in Santiago de Cuba und in anderen kubanischen Städten überlebt.

Sie sind heute Fixpunkte aus der Tiefe einer Zeit, als im vorrevolutionären Kuba die Architektur weitgehend auf die Bau- und Wohnkultur der USA und Europas ausgerichtet waren.

Von fehlenden Visionen und Lichtblicken

Havanna läuft heute Gefahr, das Antlitz einer entkernten und etwas musealen Stadt zu bekommen.

Es fehlt an einer Vision für ein modernes Havanna, das über die Milleniumsgrenze hinausweisen würde.

Obwohl der Fokus klar auf der Konservierung der kolonialen Bausubstanz liegt, blitzen im Stadtteil Miramar von Havanna dennoch da und dort neue Bauten auf, welche der eher tristen Gegenwartsarchitektur von Kuba neue Konturen verleihen.

swissinfo, Erwin Dettling, Havanna

Bei der Schweizer Botschaft in Havanna sind 99 Schweizerinnen und Schweizer immatrikuliert.
Den höchsten Stand der letzten zehn Jahre erreichte die Schweizer Präsenz im Jahre 2001 mit 123 immatrikulierten Bürgern.
Die Schweiz budgetierte für die öffentliche Entwicklungs-Zusammenarbeit in Kuba im Jahr 2005 insgesamt 4,15 Mio. Franken. (2004: 3,5 Mio.Fr.)

Der Architekt Richard Neutra wurde am 8.4.1892 Wien geboren und starb am 16.4.1970 in Wuppertal. Er studierte an der Technischen Hochschule in Wien und emigrierte 1923 in die USA.

Neutra wurde einer der Hauptvertreter des modernen internationalen Stils in den USA und baute vor allem grosszügige Villen und Privathäuser. Er strebte die Eingliederung der Häuser in die Landschaft und die Verbindung von natürlicher und künstlich geschaffener Umgebung an.

Auch seine öffentlichen Gebäude (Schulen, Kirchen, Geschäftshäuser und Museen) sind von dieser Zielsetzung bestimmt. Neutra betätigte sich auch als Stadtplaner unter anderem für Caracas und Puerto Rico.

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