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Zürich ist stolz auf die EuroPride

Zürich wurde in Konkurrenz zu Mannheim und Tel Aviv zur Gastgeberstadt für die EuroPride 2009 ausgewählt. Robert La Bua

Mit flatternden Regenbogenfahnen entlang der Limmat war Zürich während fünf Wochen Gastgeberin des grössten schwulen und lesbischen Kultur-Events in Europa. An diesem Wochenende geht die EuroPride mit einer farbigen Parade zu Ende.

Dass in der Schweiz grosse internationale Events stattfinden, ist weit herum bekannt. Dass aber auch ein grosses Gay-Festival über die Bühne geht, überrascht einige Leute.

Es ist wahr, dass man nicht unbedingt an Zürich denkt, wenn es um Erstdestinationen für Gay-Events geht. Städte wie Berlin, Paris, Barcelona und London haben eine sichtbarere Gay-Präsenz.

Ebenso wahr ist jedoch, dass die Schweiz eine der am besten entwickelten Gay-Infrastrukturen der Welt aufweist, mit zahlreichen sozialen, politischen, sportlichen und studentischen Organisationen. Zürich steht im Ruf, die europäische Stadt mit der höchsten Nachtclub-Dichte pro Einwohner zu sein.

Die Limmat-Stadt wurde in Konkurrenz zu Mannheim und Tel Aviv zur Gastgeberin der EuroPride 2009 gewählt. Hauptziel dieser Veranstaltung ist es, die europäische Öffentlichkeit auf die Kultur von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transvestiten aufmerksam zu machen.

Sich verkleiden, sich ausziehen?

EuroPride-Veranstaltungen dauern üblicherweise nicht länger als eine Woche. Zürich aber, das bereits andere Gay-Events beherbergt, beschloss, diese 2009 in die EuroPride zu integrieren und daraus eine fünfwöchige Veranstaltung zu machen.

“In Zürich hatten wir die Idee, die bereits existierenden drei erfolgreichen Events – Pink Apple, Warmer Mai und die Christopher Day Street-Parade – einzuschliessen.In Das waren die drei Pfeiler”, sagt Michael Rüegg vom EuroPride-Organisationskomitee gegenüber swissinfo.

“Dann planten die Gay-Sportclubs ein Wochenende mit Sportwettkämpfen, ähnlich wie die Eurogames 2000, aber auf kleinerem Level”, so Rüegg.

Jene Leute, die glauben, Gay-Events seien einfach ein Vorwand für Männer, Frauenkleider anzuziehen, und für andere, ihre Röcke auszuziehen, täuschen sich. Denn an der EuroPride 09 gab es ein Filmfestival, Business-Symposien, politische Diskussionen, Sportwettkämpfe und viele weitere Kultur-Events, an denen jedermann willkommen ist, egal welcher sexueller Ausrichtung.

Magnet für Touristen

EuroPride hat Besucherinnen und Besucher aus so fernen Orten wie Kalifornien und Australien angezogen. “Bei uns finden Glasgay und andere Festivals statt”, sagt John Douglas aus Schottland, “aber ich wollte schauen, wie die Schweiz mit so was umgeht”.

Ana Maria aus Spanien erklärt, in Barcelona und Madrid habe es bekanntlich grosse Gay-Communities, nicht aber in ihrer Kleinstadt. Ihr Besuch an der EuroPride in Zürich habe ihr die Chance gegeben, in einer anderen europäischen Stadt neue Leute und deren lesbische Lebenserfahrungen kennen zu lernen.

Schweiz Tourismus hat den wirtschaftlichen Wert eines solchen Ereignisses erkannt und eine 32 Seiten starke Hochglanz-Broschüre herausgegeben, um Besucherinnen und Besucher für die EuroPride anzuwerben. Und Zürich Tourismus hat sich bemüht, ihnen den Besuch der Stadt so angenehm wie möglich zu gestalten.

Parade als abschliessender Höhepunkt

Das eigene EuroPride-Magazin präsentiert auf 120 Seiten die täglichen Veranstaltungen des Grossevents, das am Wochenende mit einer Parade als Höhepunkt zu Ende geht.

Am Stadtfestival, das am Samstag und Sonntag im EuroPride-Dorf über die Bühne geht, gibt es Ess-Stände, Bars, Openair-Konzerte, Strassenkünstler und Informationsstände. Am Sonntag findet eine politische Veranstaltung statt, an der unter anderen die bekannte Aktivistin Mihaela Copot auftritt.

Robert La Bua, swissinfo.ch

Seit dem 1. Januar 2007 können homosexuelle Paare in der Schweiz ihre Partnerschaft auf dem Zivilstandsamt registrieren lassen.

Das Schweizer Volk hatte einem entsprechenden Gesetz im Mai 2005 mit einem Ja-Stimmenanteil von 58% zugestimmt.

In den meisten Bereichen stellt das Gesetz die eingetragene Partnerschaft der Ehe gleich. Ausgenommen ist jedoch das Recht, Kinder zu adoptieren oder auf Verfahren der Fortpflanzungsmedizin zurückzugreifen.

Weitere Unterschiede zur Ehe: kein gemeinsamer Name, kein gemeinsames Bürgerrecht und kein Anspruch auf erleichterte Einbürgerung des Partners.

In der Schweiz sollen gleichgeschlechtliche Paare künftig adoptieren können wie Ehepaare. Ein neu gegründetes Komitee Familienchancen hat am Mittwoch zu diesem Zweck die Petition “Gleiche Chancen für alle Familien” lanciert.

Die Bittschrift fordert die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare mit Ehepaaren in Bezug auf Elternrechte und Adoption. Zudem verlangt sie die rechtliche Gleichstellung von Kindern, die in eingetragenen Partnerschaften aufwachsen, mit Kindern, die in Ehegemeinschaften aufwachsen.

Das Adoptionsrecht müsse so ausgestaltet werden, dass es auf Interesse und Wohl des Kindes abstelle und nicht auf den Zivilstand und die sexuelle Orientierung der adoptionswilligen Personen und Paare.

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