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Abkühlung in einem Iglu-Dorf

Das Dorf hat neun Schlafzimmer, einen grossen Essraum sowie eine Sauna. (Bild: iglu-dorf.com) swissinfo

In einem Iglu übernachten ist zwar eine frostige, aber nicht unbedingt billige Alternative zu den gängigen Unterkünften in den Schweizer Alpen.

swissinfo quartierte sich im “Iglu-Dorf”oberhalb Scuol im Engadin ein, um herauszufinden, warum ein Zimmer in einer eisigen Herberge zu einem der coolsten Alpentrends geworden ist.

Das Iglu-Dorf von Scuol dürfte die grösste Unterkunft gänzlich aus Schnee und Eis sein, die in der Schweiz angeboten wird.

Während der Nacht unseres Besuchs sank die Aussentemperatur auf minus 18 Grad. Drinnen schien es nicht viel wärmer, trotz gegenteiliger Beteuerungen des Iglu-Gastwirts, Adrian Günter, der uns mit Glühwein und den Vorbereitungen zu einem dampfend-heissen Fondue-Nachtessen bei Laune zu halten versuchte.

Für das kalte Vergnügen blätterten wir pro Kopf SFr. 140 (105 $) hin für die Nacht, wobei in diesem Preis Halb-Pension und ein für Nordpol-Expeditionen geeigneter Daunen-Schlafsack inbegriffen war.

Günter begann Iglus vor Jahren aus Notwendigkeit zu bauen, als er sich auf lange Berg-Trecks spezialisierte und die Schneehütten zum biwakieren in der winterlichen Landschaft ideal fand.

Als ihm Freunde sagten, sie würden das auch gerne tun, war die Idee für das Iglu-Dorf geboren. Bereits seit sieben Jahren fabriziert Günter nun seine Iglus jeden Dezember von A bis Z, sobald es jeweils genug Schnee hat.

Sieben Meter hoch



“Ich las Bücher, liess mich von Freunden beraten und lernte durch die Praxis,” sagt Günter.

“Mein erstes Iglu war zwei Meter hoch, und alle prophezeiten mir, es würde einstürzen. Dies tat es nicht, und so versuchte ich eines zu bauen, das sieben Meter hoch war, wurde aber nie fertig damit, so dass ich mit einer dreimetrigen Version zufrieden sein musste.”

Sein jüngstes Werk ist monumental. Ein enger, gewölbter Korridor verbindet die Dorfküche mit acht Schlafzimmern. Es hat Schlafsäle und auch Suiten für Verliebte mit herzförmigen Böden – natürlich aus Schnee.

Für den Fall dass die Suiten die Herzen der Verliebten nicht zu erwärmen vermögen hat Günter vorgesorgt, indem er die Zweier-Schlafsäcke mit mehreren Teppichschichten, Schaumstoffmatratzen und Schaffellen unterlegt hat.

Der Durchgang von den Schlafräumen führt schliesslich zu einem Essraum mit Kuppel, auf den Günter ganz besonders stolz ist. Dieser Teil ist sieben Meter hoch, und es brauchte 1000 Schneeblöcke um ihn zu bauen. 40 Personen können darin Platz nehmen.

“Wir benötigten 28 Tage um das Dorf zu errichten,” sagt Günter. “Wir waren zu Dritt am Werk. Eine Person schnitt die Blöcke, eine zweite trug sie zum Ort, und eine dritte stellte sie an den richtigen Platz.”

Sauna



So eindrücklich der Essraum auch sein mag, wir verloren hier nicht viel Zeit, sondern verweilten den grössten Teil des Abends im nächsten Bau – der Dorf-Sauna. Zu Beginn jedes Winters befördert Günter eine Art Anhänger, wie sie auf Schweizer Baustellen zu finden sind, zum Iglu-Dorf.

Er kleidet ihn mit Schnee aus, fügt Holzbänke hinzu, einen Ofen und sowie eine Umkleidekabine.

Nach einer oder zwei Stunden im Dampf gehörten wir zu den wenigen Auserwählten, die von nun an behaupten konnten, dass sie in einer Eishöhle geschwitzt hatten.

“Der perfekte Ausgleich zum Übernachten in einem Iglu,” stellt Günter fest. “Man erfährt beide Temperatur-Extreme.”

Da keine Duschen vorhanden waren, hatten wir zur Abkühlung keine andere Wahl als ein kurzes Nacktbad im Schnee draussen.

“Wenn die Leute sich in unser Gästebuch eintragen, sagen sie immer, die Sauna sei das beste gewesen,” meint Günter mit schelmischem Lächeln.

swissinfo, Dale Bechtel in Scuol
(Übersetzung aus dem Englischen: Monika Lüthi)

Bei gutem Wetter ist das Iglu-Dorf oberhalb Scuol von Weihnachten bis Ende April offen.
Preise: ab SFr. 140 p. Pers. pro Übernachtung, inkl. Halbpension.
Das Dorf wird auch an Gruppen vermietet.

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