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Abstimmung: viele Nein, viele Unentschlossene

Am deutlichsten manifestiert sich die Ablehnung des Steuerpakets. swissinfo.ch

Bei den eidgenössischen Volksabstimmungen vom 16. Mai drohen alle drei Vorlagen zu scheitern. Doch noch sind viele Stimmberechtigte unentschlossen.

Dies zeigt die erste Umfrage des Instituts DemoSCOPE im Auftrag der SRG SSR idée suisse.

Bei der Volksabstimmung vom 16. Mai sind die Stimmberechtigten aufgerufen, sich zu drei Themen mit grosser finanzieller Bedeutung zu äussern.

Es geht um viel Geld

Die Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHV) ist die erste Säule der Schweizer Altersvorsorge. Mit der 11. AHV-Revision soll die Rentenfinanzierung trotz Überalterung und sinkender Geburtenrate gesichert werden. Es sind Einsparungen von 925 Mio. Franken pro Jahr vorgesehen.

Bei der Erhöhung der Mehrwertsteuer (MWSt) geht es ebenfalls um die Sicherung der Sozialwerke: Zugunsten der Invalidenversicherung ist eine Erhöhung von 0,8% vorgesehen, für die AHV 1%. Insgesamt betragen die Mehreinnahmen mittelfristig 5,2 Mrd. Franken pro Jahr.

Gleichzeitig sollen die Steuerzahlenden – primär Familien und Wohneigentümer – entlastet werden. Das Steuerpaket führt gemäss Schätzungen der Kantone jährlich zu Mindererträgen auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene von insgesamt 4 Mrd. Franken.

Die Abstimmungsthemen sind komplex und teilweise miteinander verknüpft. Viele Stimmberechtigte sind noch unentschlossen, die Abstimmungskämpfe noch voll im Gang. Daher zeigt diese erste Befragung Tendenzen auf, noch sind die Entscheide nicht gefallen.

Steuerpaket: 41% Nein-Anteil

Sechs Wochen vor dem Abstimmungstermin zeigt sich beim Steuerpaket das deutlichste Bild: Der Nein-Anteil überwiegt deutlich. 41% der Befragten würden ein Nein in die Urne legen, wenn am nächsten Sonntag über das Steuerpaket abgestimmt würde, bloss 22% sagen Ja.

Noch haben allerdings 35% nicht entschieden, wie sie abstimmen wollen, 2% gaben keine Antwort. Der Abstimmungsausgang ist noch nicht klar.

Den Ausschlag für die Ablehnung gibt gemäss Befragung der geplante Systemwechsel beim Wohneigentum. Die Beseitigung der steuerlichen Benachteiligung von Ehepaaren gegenüber Konkubinats-Paaren sowie die Steuerentlastung von Familien mit Kindern sind weitgehend unbestritten.

AHV-Revision gefährdet

Auch bei der 11. AHV-Revision äussert sich eine relative Mehrheit der Stimmbevölkerung derzeit ablehnend: 34% sagen Nein, bloss 22% stimmen der Revision zu.

Bei dieser Vorlage ist die Zahl der Unentschlossenen mit 42% noch höher. “Dies dürfte nicht zuletzt auf die Komplexität der Vorlage zurückzuführen sein”, folgern die Verantwortlichen.

Die Befragten lehnen die beiden in der politischen Diskussion am heftigsten umstrittenen Elemente ab: Sie sind gegen die Erhöhung des Rentenalters der Frauen von 64 auf 65 Jahre und gegen den verzögerten Teuerungsausgleich (heute alle 2 Jahre, neu alle 3 Jahre).

Beim Frauenrentenalter zeigen sich primär die direkt Betroffenen ablehnend: 63% der befragten Frauen wollen von einer Erhöhung nichts wissen, bei den Männern beträgt der Nein-Anteil nur 43%.

Die Opposition ist zudem stärker im Tessin (68% Nein) und in der Romandie (63% Nein) als in der Deutschschweiz. Hoch auch die Ablehnung bei der Wählerschaft der Linken (60%). Demgegenüber gibt es keine Unterschiede bezüglich der sozialen Schichten.

Auffallend ist weiter, dass die Mehrheit die Einsparungen zwar ablehnt – aber dennoch grundsätzlich der Meinung ist, dass Sparmassnahmen bei der AHV nötig sind.

Erhöhung der Mehrwertsteuer: Pattsituation

Grosse Unsicherheit bleibt beim Abstimmungs-Ausgang über die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Je 41% der Befragten sprechen sich für und gegen die Vorlage aus. Vergleichsweise tief ist die Zahl der Unentschlossenen (17%).

Für die DemoSCOPE-Fachleute hat diese Konstellation damit zu tun, dass auch diese Vorlage aus verschiedenen Teilen besteht.

Vorgesehen ist eine Erhöhung zugunsten der Invalidenversicherung ab 2005 sowie eine Erhöhung zugunsten der AHV bei Bedarf, allerdings frühestens ab 2009.

Einem zusätzlichen Mehrwertsteuer-Prozent bei Bedarf für die AHV stimmen 50% derjenigen, die abstimmen wollen, zu (Nein-Anteil: 41%). Doch die 0,8%-Erhöhung für die IV wird mehrheitlich abgelehnt (48% Nein gegen 43% Ja). Besonders gross ist die Gegnerschaft bei Anhängern der rechtsbürgerlichen SVP sowie bei jüngeren Personen unter 54 Jahren.

Die Abstimmungen sind also noch nicht entscheiden. Befürwortern und Gegnern bleiben noch einige Wochen.

swissinfo, Andrea Tognina
(Übertragung aus dem Italienischen: Eva Herrmann)

Steuerpaket: 41% Nein, 22% Ja, 35% Weiss nicht, 2% keine Antwort.
AHV-Revision: 34% Nein, 22% Ja, 42% Weiss nicht, 2% keine Antwort.
MWSt-Erhöhung: 41% Nein, 41% Ja, 17% Weiss nicht, 1% keine Antwort.
Befragt wurden Ende März 1200 Stimmberechtigte in allen Landesteilen.

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