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Alte Menschen spüren keinen Durst

Ältere Menschen leiden stärker unter der Hitze. Keystone Archive

975 Personen, zumeist ältere Menschen, sind im Jahrhundert-Sommer 2003 in der Schweiz zusätzlich gestorben. Dies hätte verhindert werden können.

Weil ältere Personen weniger schwitzen, haben sie auch weniger Durst, was fatal sein kann. Eine bessere Information soll nun in Zukunft solche Fälle verhindern.

Hitzewellen sind vor allem für ältere Leute eine echte Bedrohung, weil sie viel weniger schwitzen. “Sie merken nicht, dass sich ihr Körper überhitzt”, sagt Thomas Zeltner, Direktor des Bundesamts für Gesundheit (BAG) gegenüber swissinfo.

Dadurch wird auch das Durstgefühl vermindert. Wegen zu wenig Flüssigkeit können ältere Menschen daher unbemerkt in einen Hitzestau kommen, “der bis zur Bewusstlosigkeit und allenfalls zum Tod” führt, wie Zeltner weiter ausführt.

Hitzewelle ist reale Gefahr

Gerade ältere Menschen müssten sich vermehrt bewusst werden, “dass hohe Hitze über Tage für sie eine reale Gefahr bedeutet”, sagt Zeltner. Doch auch die Angehörigen sind gefragt: Sie können vorbereitende Massnahmen treffen (genügend Flüssigkeit und leichte Lebensmittel, tägliche Telefonate/Besuche oder Nachbarschaftshilfe organisieren).

Weil diese Hilfe weitgehend fehlte, hatte beispielsweise Frankreich im Sommer 2003 über 15’000 Todesfälle zu beklagen, die hätten verhindert werden können.

Für Betagte und Pflegebedürftige gelten an heissen Tagen drei Grundregeln: Anstrengungen vermeiden, Hitze aussperren und Körper kühlen, viel trinken und leicht essen. In Spitälern und Heimen sollen Pflegende bestimmt werden, die sensible Patienten bei diesen Grundregeln unterstützen.

Grün in Städten fördern

Dies sind die wichtigsten Erkenntnisse, welche das BAG und das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) aus einer Studie des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin (ISPM) in ihrem Auftrag ziehen.

Eine weitere Konsequenz aus der Studie ist die Tatsache, dass die Luftzirkulation in den Städten verbessert werden muss. So hatten die Städte Basel, Genf und Lausanne überdurchschnittlich viele Todesfälle zu beklagen.

“Es ist klar, dass wir die Natur in der Stadt und rund um die Stadt pflegen müssen”, folgert BUWAL-Direktor Philippe Roch. “Das hat einen direkten Einfluss auf diese Extreme.”

Laut Roch ist in den nächsten Jahren vermehrt mit heissen Sommern zu rechnen: “Die Tatsache, dass solche Hitzesommer öfter kommen, ist wissenschaftlich bewiesen.”

Klimaerwärmung bekämpfen

Die Informations-Kampagne ist natürlich nur Symptombekämpfung. “Leider”, wie Zeltner ergänzt. Deshalb seien “langfristige Massnahmen” gefragt: “Weniger Autofahren, weniger Energie konsumieren.”

Und Roch ergänzt: “Wenn wir mehr gehen, mehr mit dem Velo fahren, ist das auch gut für die Gesundheit.” Auf diese Art könnten alle individuell Verantwortung übernehmen, ist er überzeugt.

swissinfo, Christian Raaflaub

2003: Der heisseste Sommer der letzten 500 Jahre in Europa.
Höchsttemperaturen von mehr als 35 Grad Celsius waren keine Seltenheit.
Verglichen mit anderen Jahren hat dieser Hitzesommer 975 (7%) zusätzliche Todesfälle gefordert.
Besonders betroffen waren 2003 ältere Menschen und Leute in den Städten Basel, Genf und Lausanne.
In Basel nahm die Sterblichkeit um 24% zu.

Die Klimaänderung ist durch menschliche Einwirkungen verursacht. In Zukunft muss mit weiteren Hitzewellen und deren negativen Auswirkungen gerechnet werden.

Aus diesem Grund realisieren das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) 2005 verschiedene Aktivitäten zur Information der Bevölkerung und von Fachleuten.

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