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Spätfolgen der Hitze 2003

Sommer 2003: Kaum mehr Wasser in der Broye, Kanton Waadt. Keystone

Ein Jahr nach dem "Hitzesommer" 2003 führen etliche Flüsse und Bäche in der Schweiz immer noch zu wenig Wasser.

Zusammen mit MeteoSchweiz haben diverse Bundesämter am Montag in einem Bericht Bilanz gezogen über die Auswirkungen der letztjährigen Sommerhitze.

Trotz Zehntausenden von toten Fischen, ausgetrockneten Gewässern und Dürreproblemen in der Landwirtschaft im Hitzesommer 2003 sehen die Behörden keinen Handlungsbedarf.

Der vom Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) zusammen mit dem Bundesamt für Wasser und Geologie (BWG) sowie der MeteoSchweiz erstellte Bericht stellt fest, dass vor allem die Fische in den Schweizer Gewässern hart vom Jahrhundertsommer (das Jahrhundert ist allerdings noch lang) 2003 getroffen wurden.

Der spektakulärste Fall spielte sich im Hochrhein zwischen Bodensee-Untersee und Eglisau ab, wo 52’000 Äschen auf Grund der hohen Wassertemperaturen verendeten.

Zahl der toten Fische höher

Generell war das Austrocknen von Gewässern jedoch das grössere Problem für die Fische. Eine Umfrage bei den Kantonen ergab, dass im Sommer 2003 mindestens 350 Fischgewässer mit einer Länge von insgesamt 245 Kilometern streckenweise oder ganz ausgetrocknet waren.

Das Fischerpersonal war im Dauereinsatz und siedelte 120’000 Fische um. Für viele Fische kam die Rettung aber zu spät. Insgesamt wurden 85’000 tote Fische eingesammelt.

Die effektive Zahl der Fische, die dem heissen Sommer zum Opfer fielen, dürfte jedoch weitaus höher liegen. Allein der Kanton Tessin schätzt, dass die Zahl der unentdeckten toten Fische um ein Mehrfaches über der Zahl der entdeckten liegt.

Problematische Wasserentnahme

Auch die Landwirtschaft litt unter der Hitze und Trockenheit. Einige Kantone hatten deshalb die Wasserentnahme aus kleineren Fliessgewässern zur Bewässerung der Felder eingeschränkt oder verboten.

Zwar führte dies zu Konflikten zwischen Behörden und Bauern und zu illegalen Wasserentnahmen. Leergepumpte Bäche blieben aber die Ausnahme.

Keine Probleme wurden bei der Wasserqualität gemeldet. Beim Grundwasser, bei der Trinkwasserversorgung und bei der Nutzung der Wasserkraft traten nur lokale Probleme auf.

Stromproduktion wie immer

Gut zurecht kamen auch die grossen Elektrizitätswerke. Die Stromproduktion aus Wasserkraft lag im Jahr 2003 nur 0,8% unter dem Mittel der letzten zehn Jahre.

Zwar sank die Energieproduktion der Laufkraftwerke im Unterland wegen der geringen Wasserführung der Flüsse. Diese Minderproduktion konnte aber durch verstärkten Einsatz der Speicherkraftwerke in den Alpen kompensiert werden, die von der Gletscher- und Schneeschmelze profitierten.

Der für 2003 geschätzte Massenverlust der Gletscher dürfte rund vier Mal höher gewesen sein als in den vorangegangenen Jahren.

Seltene Pflanzen sprossen

Der Hitzesommer 2003 hat zudem in Feuchtgebieten wie Auen und Mooren zu ungewöhnlichen Phänomenen geführt.

So wuchsen beispielsweise im Flussbett der Thur im Kanton Thrugau Sonnenblumen und Tomatenstauden, heisst es im Bericht.

Im Neuenburgersee wurden für den Menschen harmlose Süsswasserquallen beobachtet, die ursprünglich wahrscheinlich aus Südamerika stammen und für die Fortpflanzung hohe Wassertemparaturen benötigen.

Auf den monatelang trocken liegenden ufernahen Seeböden des Lago Maggiore wuchs zudem ein dichter grüner Teppich mit Pflanzen, die dort seit Jahrzehnten nicht mehr beobachtet worden waren.

Für den Bund drängten sich gemäss dem Bericht keine unmittelbaren Massnahmen auf Gesetzesstufe auf. Allerdings lasse der Klimawandel künftig vermehrt Extremereignisse erwarten wie den heissen Sommer 2003.

Es sei deshalb unerlässlich, die langfristigen Anstrengungen im Klimaschutz fortzusetzen, sagte BUWAL-Direktor Philippe Roch.

swissinfo und Agenturen

August 2003: Neuer Hitzerekord in der Schweiz.

An der Südbündner Station Grono mass MeteoSchweiz auf einer Höhe von 382 Metern 41,5 Grad.

Das waren zweieinhalb Grad mehr als der bisherige Rekord von 1952 in Basel.

Im Hitzesommer 2003 schmolzen die Gletscher stark ab, und die Alpenflüsse führten deshalb mehr Wasser.

Im Jura und Mittelland dagegen führte der geringe Wasserstand der Flüsse zu einem Fischsterben.

Bewässerungen führten zu Konflikten zwischen Landwirtschaft und Gewässerschutz.

Die Trinkwasserqualität war nie beeinträchtigt.

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