Breite Kritik am Entwurf des Transplantationsgesetzes
Der Entwurf zum Transplantationsgesetz stösst in der Vernehmlassung auf grosse Vorbehalte. Ärzte und Forschende, aber auch viele Kantone, befürchten eine Überreglementierung. Kritisiert wird auch eine zu starke Kompetenzverschiebung an den Bundesrat.
Der Entwurf zum Transplantationsgesetz stösst in der Vernehmlassung auf grosse Vorbehalte. Ärzte und Forschende, aber auch viele Kantone, befürchten eine Überreglementierung. Kritisiert wird auch eine zu starke Kompetenzverschiebung an den Bundesrat.
Das Transplantationsgesetz regelt die heute kantonal unterschiedlichen Voraussetzungen für die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen, Geweben und Zellen neu auf Bundesebene.
Der Gesetzesentwurf will zudem eine gerechte Zuteilung von Organen gesetzlich festlegen. Als weitere Neuheit will er die Lebendspende ausserhalb der Familie ermöglichen. Damit wird von der bisherigen Praxis abgerückt, wonach Lebendspenden auf Verwandte oder Personen mit besonderer Beziehung beschränkt waren.
Zu grosse Instanzenfülle
Dem Gesetzesentwurf erwächst aber Kritik von allen Seiten. Grundtenor des Unmuts von Standesorganisationen, Verbänden, Kantonen und Parteien: Das Gesetz sei überladen und regle zu viele Details. Für Swisstransplant, die Stiftung für Organspende und Transplantation, enthält das Gesetz Ausführungsbestimmungen, statt sich auf medizinische und ethische Leitlinien zu beschränken.
Auch die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW), die bisher die Standesregeln zur Transplantationsmedizin herausgab, warnt vor Detailfülle. SAMW und Swisstransplant sind sich einig, dass der Entwurf mit einer Vielzahl an Kommissionen zu viele Instanzen schaffe.
Die Schweizerische Fachgesellschaft für innere Medizin, die grösste Fachgesellschaft der FMH, kritisiert die einseitigen Kompetenzzuteilungen an den Bundesrat. Insgesamt solle die Entscheidungsfähigkeit der bisher universitär geführten Transplantationszentren wesentlich eingeschränkt werden, beklagen die Ärzte.
Umstritten ist auch die Schaffung einer nationalen Zuteilungsstelle für Organe. Swisstransplant, die bisher diese Aufgabe wahrnahm, ist wie verschiedenen Kantone und die FDP gegen eine solche Institution. Swisstransplant möchte ihre bisherigen Aufgaben auch im Rahmen des neuen Gesetzes weiterführen. Für eine Zuteilungsstelle ausgesprochen haben sich SP und CVP. Sie befürworten aus Kosten- und Qualitätsgründen auch eine Beschränkung der Transplantationszentren. Patientenorganisationen pochen zusätzlich auf eine gesetzlich geregelte Qualitätskontrolle.
Voraussetzungen der Organentnahme
Geteilte Meinungen liegen zur Frage vor, ob bei einer Organentnahme die Zustimmung des Spenders oder seiner Angehörigen nötig ist, oder ob die Organentnahme bereits dann gestattet ist, wenn sich der Spender zuvor nicht explizit dagegen ausgesprochen hat.
Nahezu unbestritten war, dass als Todeskriterium für eine Organentnahme der Hirntod gelten soll. Einzig die Grünen prangern das Hirntod-Konzept als falsches Dogma an.
Bei der Xenotransplantation wird im Gesetz der Bundesbeschluss über die Kontrolle von Blut, Blutprodukten und Transplantaten übernommen, der eine Bewilligungspflicht vorsieht. Hier wollen Grüne und der Schweizer Tierschutz ein Verbot, die SP fordert zumindest möglichst restriktive Kriterien für die Erteilung einer Bewilligung.
Die Grundlage für das Transplantationsgesetz war im Februar 1999 gelegt worden, als Volk und Stände den Verfassungsartikel angenommen hatten.
Zu wenig gespendete Organe
In der Schweiz ist die Bereitschaft zur Organspende europaweit am tiefsten. Von 956 Menschen auf der Warteliste erhielten letztes Jahr lediglich 412 das benötigte Ersatzorgan, wie Swisstransplant-Präsidentin Trix Heberlein am Donnerstag sagte. 30 Patienten starben, weil sie ihr Organ nicht rechtzeitig erhielten.
Bei den Transplantationen könne sicher nicht von medizinisch überflüssigen Leistungen gesprochen werden, sagte Heberlein vor den Medien in Bern. Die Schweiz stehe mit 14,4 Spendern pro Million Einwohner am letzter Stelle in Europa. Am längsten sei die Warteliste bei den Nierenpatienten, wo 664 Wartenden nur 251 Transplantationen gegenüberstanden.
swissinfo und Agenturen

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch