Desire to go!

Seit den 70er Jahren werden in der Schweiz Schlittenhunde-Rennen veranstaltet. Eine attraktive Winter-Sportart, die immer mehr Zuschauer anzulocken vermag.
Klirrende Kälte, einzelne Schneekristalle verbinden sich zu Schnee, himmelblau hängt das Dach der Natur, wunderschönes Winterwetter. Laufwetter, Skiwetter, Snowboardwetter und … Schlittenhundewetter.
Je tiefer die Temperaturen, desto wohler fühlen sie sich, die Siberian Huskys, Alaskan Malamuten, Samojeden und Grönländerhunde in ihrem Element: dem Schnee. Einst gezüchtet, um den nomadisierenden Stämmen im hohen und weiten Norden das Leben zu erleichtern, werden diese Arbeitshunde mit ihrer Ausdauer, ihrer Zuverlässigkeit, ihrer Ursprünglichkeit heute auch in unseren Breitengraden geschätzt.
Kein Stadthund
Nicht immer zum Vorteil der Hunde. Denn gerade ihr «exotisch-wölfisches» Aussehen findet auch der design-orientierte homo urbanis (Stadtmenschen) durchaus anziehend. Doch die nordischen Hunderassen eigenen sich noch weniger als andere Hunderassen für den «einmal-um-den-Block-Ausgang.»
Nordische Hunde brauchen eine lange Leine, sprich viel Auslauf, viel Bewegung, eine Aufgabe und Artgenossen. Nur im Rudel fühlen sie sich richtig wohl. Hier legen sie ihre Rangordnung fest, spielen und schlafen, leben ihr wölfisches Erbe. Den angeborenen Jagdinstinkt können sie vor dem Schlitten und im Rennen umsetzen und dort ausleben.
Von Alaska bis Andermatt
Rund 120 aktive Mitglieder zählt der Schweizerische Schlittenhundesport-Klub (SSK) in der Schweiz. Dieser Klub organisiert neben dem Schweizer Musher Verband (SMV) jeweils die Sprint-Rennen in der Schweiz. Der SSK führt sogenannte geschlossene Rennen durch, das heisst Anlässe, bei denen nur reinrassige Schlittenhunde zugelassen werden.
Die ersten Schlittenhunde-Rennen fanden anfangs des 20. Jahrhunderts in Alaska statt. Im Anschluss setzte in Nordamerika eine dynamische Entwicklung dieses Sportes ein. Zeitgleich hielt der weisse Hundesport in den skandinavischen Ländern Einzug. Heute wird in mehr als 15 Ländern Europas der Schlitten wettkampfmässig von Hunden gezogen.
Hunde- und Naturliebe
Das Hundeschlittenfahren kann relativ schnell erlernt werden, die Erfahrung für den Wettkampfsport jedoch braucht ihre Zeit. Dazu Iris Labus, vom SSK: «Wichtig ist die Sensibilität für den Hund, das richtige Gespür. Schliesslich hat der Musher (Fahrer) nur seine Stimme und die Bremse um sein Gespann zu lenken. Er muss seine Tiere gut kennen. Das ranghöchste Tier, muss nicht zwingend der Leithund im Gespann sein. Zudem darf man nicht zimperlich sein, denn da geht die Post ab, wenn die Hunde sich so richtig ins Zeug legen. Weiter ist eine konsequente Haltung und die Liebe zu Hund und Natur unabdingbar».
Stichwort Natur: Wer sich dem Hundeschlittensport verschrieben hat, verbringt Stunden in der freien Natur. Bei Wind und Wetter, nicht nur in schönster Sonne und Pulverschnee. Einzig das Thermometer ab 10 Grad aufwärts gebietet seriösen Hundefreunden auf das Zug-Training zu verzichten.
So bestimmt das Klima den Trainingsaufbau für die Rennsaison. Im September beginnt das Training (mit Trainingswagen oder Velo) und ab Dezember, Januar beginnt die eigentliche Wettkampfsaison. In der Schweiz werden im Jahr vom SSK rund 6 Sprint-Rennen durchgeführt, so die Schneehöhe stimmt. Die Stationen 2002 heissen Kandersteg, Lenzerheide, Studen, Gadmen, San Bernardino, Andermatt.
Go!
Gefahren werden die verschiedenen Kategorien: Jöring (ein oder zwei Hunde ziehen eine Person auf Langlaufskiern), Pulka (ein oder zwei Hunde ziehen einen Pulkaschlitten, der sich zwischen den Hunden und dem Langläufer befindet), Schlittenhundegespanne mit 2 bis 4 Hunden, 6 Hunden, 8 Hunden oder mehr.
Die Distanzen betragen ca. 8-13 Kilometer bei den Sprintrennen. Bei den Mitteldistanzrennen oder Langdistanzrennen sind die einzelnen Distanzen deutlich höher. Und wenn Frau Holle blau macht, können anstelle von Schlitten, Wagen zum Einsatz kommen.
Sind die Hunde einmal angeschirrt und stehen sie am Start, sind sie kaum noch zu bremsen. Die Sekunden bis zum Startsignal dehnen sich zur Ewigkeit. Die Hunde heulen, zerren, reissen, springen in die Luft. «Desire to go», nennt sich diese geballte tierische Energie.
Das Knistern in der Luft ist nicht nur den tiefen Temperaturen zuzuschreiben. Anspannung und Spannung und «Go!». Kraft und Kondition, Athletik und Ästhetik finden ihren Ausdruck in der ganzen Schönheit eines Schlittenhundegespanns.
Brigitta Javurek

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