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«Flüchtlinge sind keine Terroristen»

Antonio Guterres an seiner ersten Medienkonferenz als UNO-Flüchtlings-Hochkommissar. Keystone

Antonio Guterres, UNO-Flüchtlings-Hochkommissar, verlangt mehr Toleranz gegenüber Flüchtlingen - auch nach den jüngsten Terror-Anschlägen.

Er bat die Aufnahmeländer ihre Türen für die Asylsuchenden offen zu lassen, trotz der herrschenden Furcht vor terroristischen Angriffen.

«Eine wachsende populistische Strömung hat in der öffentlichen Meinung eine riesige Verwirrung gestiftet, in deren Gefolge legitime Sicherheitsbedenken mit Migrations-, Asyl- und Flüchtlingsfragen vermischt werden», erklärte der neue UNO-Flüchtlings-Hochkommissar Antonio Guterres am Donnerstag in Genf.

Weiter betonte er, dass Asylsuchende das Recht hätten, einen Asylantrag zu stellen. «Flüchtlinge sind keine Terroristen», führte der UNHCR-Chef weiter aus, «sondern in vielen Fällen selbst Opfer von Terrorismus.»

Guterres appellierte an Politiker, Regierungen, Medien und andere Meinungsbildner, «sich in einer deutlichen Anstrengung der öffentlichen Bewusstseinsbildung für Toleranz und gegen extreme, fremdenfeindliche Haltungen einzusetzen».

Der frühere portugiesische Regierungschef trat am Donnerstag erstmals seit seiner Amtsübernahme vor knapp einem Monat vor die Medien in Genf, dem Sitz des UNHCR.

Schutz gewähren

Als weiteren Schwerpunkt seiner Tätigkeit im neuen Amt nannte Guterres die Hervorhebung des Schutz gewährenden Charakters des UNHCR. «Schutz ist die Raison d’être unserer Organisation», sagte er. Er verwies auf den Umstand, dass sich heutzutage die grössten Flüchtlingsströme von Entwicklungsländern in andere Entwicklungsländer ergiessen.

Es gelte verstärkt, den Aufnahmeländern bei der Bewältigung dieser Last zu helfen.

Binnenflüchtlinge

Darüber hinaus wolle er die künstlichen legalistischen Schranken überwinden, die das internationale Recht zwischen Flüchtlingen im engeren Sinn und den so genannten Binnenflüchtlingen errichtet hat.

Als Flüchtlinge bezeichnet dieses jene Menschen, die bei ihrer Flucht eine Staatsgrenze überschritten haben, während Binnenflüchtlinge, auf die sich das UNHCR-Mandat eigentlich nicht bezieht, im eigenen Land zu Flüchtlingen wurden.

Wie Guterres betonte, hätten aber beide Menschengruppen «die selben Probleme, das selbe Bedürfnis nach Schutz».

Zur sudanesischen Krisenregion Darfur sagte der UNHCR-Chef, dass dort weiterhin eine «sehr unbeständige Situation» herrsche. Das UNHCR werde aber seine Aktivitäten trotz der Schwierigkeiten ausweiten.

Erfahrungen nutzen

Das UNHCR habe Erfahrung mit dem Schutz von Menschen, dem Aufbau von Camps, mit Nothilfe und mit der Unterstützung von Rückkehrern.

Hier sehe er Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit mit dem UNO Koordinations-Büro für humanitäre Hilfe, (OCHA) sagte er.

Guterres hatte am 15. Juni die Nachfolge des Niederländers Ruud Lubbers angetreten, der zuletzt durch die angebliche sexuelle Belästigung von Mitarbeiterinnen ins Gerede gekommen war. Der portugiesische Sozialist war von 1996 bis 2002 Ministerpräsident seines Landes und dann Vorsitzender der Sozialistischen Internationale.

swissinfo und Agenturen

Asylgesuche in der Schweiz im Jahr 2004: 14’250
Rückgang der Gesuche gegenüber 2003: 32%
Gutgeheissene Gesuche 2004: 1550 (2003: 1640)
Ablehnende Entscheide in 10’080 Fällen

Das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) betreut 17 Mio. Flüchtlinge in 115 Ländern.

Der 56-Jährige ehemalige portugiesische Premierminister Antonio Guterres hat seine Funktion als Hochkommissar am 15. Juni 2005 aufgenommen.

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