Geldwäscherei: Mehr Anzeigen und gesperrte Konten

Die Zahl der Meldungen wegen Geldwäscherei hat sich im letzten Jahr mehr als verdoppelt, die Summe der blockierten Vermögenswerte hat sich fast verfünffacht. Dies zeigt der zweite Jahresbericht der Meldestelle für Geldwäscherei (MROS).
Die massive Zunahme der Meldungen bedeute nicht, dass im letzten Jahr in der Schweiz mehr Geld gewaschen worden sei, sagte MROS-Chef Daniel Thelesklaf am Dienstag (27.06.) vor den Medien in Bern. Sie zeige vielmehr, dass Geldwäscher nicht mehr gefahrlos damit rechnen könnten, unerkannt zu bleiben.
Präventiver Effekt
Zwischen April 1999 und März 2000 gingen 370 Meldungen bei der Meldestelle im Bundesamt für Polizei (BAP) ein, 210 mehr als im Vorjahr. Dabei wurden Vermögenswerte im Umfang von 1,54 Mrd. Franken (Vorjahr 330 Mio.) gesperrt. Als es nur ein Melderecht gab, waren nur etwa 30 Vorgänge publik gemacht worden.
Diese Zahlen bewiesen, dass die neuen gesetzlichen Bestimmungen nicht blosser Buchstabe geblieben seien, sondern von vielen Akteuren auf dem Finanzplatz ernstgenommen würden, sagte Thelesklaf. Die Pflicht für die Finanzbranche, dubiose Geschäfte zu melden, entfalte auch einen präventiven Effekt.
Die Geldwäscher würden dadurch zu einem Risikomanagement gezwungen, die Finanzintermediäre zu einer Abschätzung der Gefahr eines Imageverlustes, sagte Thelesklaf. Die Meldungen stammten zu 85 Prozent von den Banken. Die Beteiligung des Nichtbankensektors liege noch unter den Erwartungen.
Zwei Sonderfälle – Russengelder und Abacha-Konten
Die Meldestelle leitete rund zwei Drittel der Meldungen an Strafverfolgungsbehörden weiter. Betroffen waren hauptsächlich die Finanzzentren Zürich und Genf. Bei den Vertragspartnern sticht laut Thelesklaf die Stellung der Offshore-Gesellschaften in der Karabik, auf den Kanalinseln und in Liechtenstein hervor.
Hintergrund der Meldungen bildeten Vorgänge, die der Wirtschaftskriminalität zugeordnet werden. Unter den wirtschaftlich Berechtigten sind mit 15 Prozent überdurchschnittlich viele Personen russischer Nationalität auszumachen.
Die Zunahme der Meldungen ist auch auf zwei Sonderfaktoren zurückzuführen. 54 Meldungen gingen nach dem nigerianischen Rechtshilfegesuch um Rückgabe von Geldern des früheren Diktators Sani Abacha ein. 800 Mio. Franken wurden gesperrt. 26 Meldungen betrafen die Bank of New York mit ihren Russengeldern.
Noch keine Anklagen
63 Prozent der 107 Meldungen des ersten Tätigkeitsjahres führten zur Eröffnung von Strafverfahren, die noch heute offen sind. In keinem Fall sei bisher Anklage erhoben oder gar ein Urteil ergangen, sagte Thelesklaf.
Dies sei in der Komplexität der meist länderübergreifenden Fälle begründet, sagte Thelesklaf. Die Zahl der laufenden Verfahren sei im internationalen Vergleich hoch. Das beweise, dass das System zu greifen beginne. Die Schweiz stehe dank ihrer Gesetzgebung zu Recht nicht auf Schwarzen Listen.
Der Stellvertretende Direktor des BAP, Jean-Luc Vez, betonte, die Meldestelle sei nur ein Element im Abwehrdispositiv gegen die Geldwäscherei. Er rechne damit, dass nach der Reorganisation des BAP die Bundeskriminalpolizei jährlich etwa zehn grosse Fälle von Geldwäscherei übernehmen werde.
swissinfo und Agenturen

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