Illegaler Kulturgüter-Handel:Drehscheibe Schweiz bremsen

Der illegale Kulturgüter-Transfer wird durch eine UNESCO-Konvention eingeschränkt. Die Schweizer Regierung beantragt dem Parlament, sie zu ratifizieren.
Illegal exportierte afrikanische Statuen, peruanisches Gold, Grabschmuck aus aller Welt – die Schweiz ist weltweit einer der grössten Kunsthandels-Plätze. Das Geschäft mit Kulturgütern blüht und der illegale Handel hat sich zu einem lukrativen Zweig entwickelt. Laut Interpol besetzt der illegale Kulturgüter-Transfer zusammen mit dem illegalen Drogen- und Waffenhandel die Spitze der unrechtmässigen Handelsgeschäfte. Die Beträge gehen in Milliardenhöhe.
Genügend Schatten für dunkle Geschäfte
Im Unterschied zu den anderen grossen Drehscheiben des Kulturgüter-Handels hat die Schweiz die UNESCO-Konvention 1970 zum Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut noch nicht ratifiziert. Dies macht die Schweiz zum Ort dubioser Geschäfte.
Die Schweizer Regierung will nun die Konvention ratifizieren: Ein- und Ausfuhr von Kulturgütern sollen geregelt, Schlupflöcher gestopft werden. Dazu ist jedoch eine gesetzliche Grundlage notwendig.
Schutz in- und ausländischer Kulturgüter
Geregelt wird beispielsweise die Verjährungsfrist. So kann der rechtmässige Besitzer eines Kulturgutes während 30 Jahren dessen Rückgabe verlangen.
Eine Fachstelle des Bundes beaufsichtigt den Vollzug des Gesetzes, hat aber keine Kontrollbefugnis. Kritiker hatten eine «Bundeskulturpolizei» befürchtet.
Ist das Kulturgut im Ursprungsland in Gefahr, so kann ein Gericht die Rückführung aufschieben. Und wer gewerbsmässig illegal Kunsthandel betreibt, riskiert Gefängnis bis zu zwei Jahren oder 200’000 Franken Busse. Wer die Behörden bei ihrer Arbeit behindert, muss auch mit Bestrafung rechnen.
Mit dem Kulturgütertransfer-Gesetz erhält die Schweiz jedoch auch ein Inventar ihrer zu schützenden Güter. Damit soll das schweizerische kulturelle Erbe erhalten bleiben. Kantone, die von den Schutzmassnahmen der UNESCO-Konvention profitieren möchten, müssen die Konvention selbst umsetzen. Im Klartext: Jeder Kanton bestimmt selber, wie er den Schutz seines kulturellen Erbes regeln will.
Gleichzeitig werden durch die Ratifizierung der Konvention aber auch Kulturgüter aus dem Ausland geschützt. Vor allem werde das Erbe von Ländern geschützt, die «kulturell reich, wirtschaftlich aber arm» seien, erklärte Kulturministerin Ruth Dreifuss.
«Zeichen der Solidarität»
Deshalb sprach Dreifuss von einem «Zeichen der Solidarität». Das Kulturgütertransfer-Gesetz ermögliche es der Schweiz, ihren Beitrag zum Erhalt des kulturellen Welterbes zu leisten.
Bereits wird jedoch diese Idee untergraben. Die Kunst-Lobby – eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der Schweizerischen Vereinigung der Kunstsammler, des Verbandes schweizerischer Antiquare und Kunsthändler, der Arbeitsgemeinschaft für offenen Kulturaustausch und anderen – unterbreitet dem Parlament einen Gegenentwurf in der Form einer Parlamentarischen Initiative. Eingereicht wurde ihr Vorstoss vom Freisinnigen Nationalrat Ulrich Fischer – sonst bekannt als Atom-Lobbyist.
Der Gegenentwurf will hauptsächlich die Verjährungsfrist verkürzen – auf 10 Jahre. Sie möchte die Definition des «schützenswerten Kulturgutes» weiter fassen und eine Definition einführen, deren Interpretation grossen Spielraum ermöglicht.
Politisch wenig gewichtig aber nicht unumstritten
Das Thema Kulturgüter-Schutz befand sich lange Zeit am unteren Rand der politischen Agenda. Nun wird es aber den eidgenössischen Räten vorgelegt – eine intensive Debatte ist vorprogrammiert. Will die Schweiz jedoch aus dem Dunstkreis der dubiosen Kunstgeschäfte einen Ausweg finden, darf das Parlament dem bundesrätlichen Vorschlag nicht die Zähne ziehen.
Rebecca Vermot

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