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Arbeitslosigkeit bleibt Hauptsorge

Regionales Arbeitsvermittlungs-Zentrum Altdorf, Uri: Eine junge Frau wartet auf einen Termin. Keystone

Die Dauerbrenner unter den Sorgen der Schweizerinnen und Schweizer sind nach wie vor Arbeitslosigkeit, Gesundheit, Altersvorsorge, Asylsuchende und neue Armut.

Gleichstellung, Umwelt, EU, Drogen und Terrorismus verlieren laut dem “Sorgenbarometer” der Credit Suisse jedoch an Bedeutung.

Die Arbeitslosigkeit war auch in diesem Jahr die grösste Sorge der Schweizerinnen und Schweizer. Dies geht aus der Umfrage zum Sorgenbarometer 2006 hervor. Dahinter folgen das Gesundheitswesen und die Altersvorsorge.

66% der befragten Stimmberechtigten nannten die Arbeitslosigkeit als ihre grösste Angst, wie die Credit Suisse als Auftraggeberin der Umfrage mitteilte. Die Sorge um das Gesundheitswesen und die Altersvorsorge folgen auf den nächsten Plätzen.

Bessere Wirtschaftslage: Nur leicht spürbar

Dies ist dieselbe Reihenfolge wie in den letzten vier Jahren. Die bessere Wirtschaftslage zeigte in der Umfrage jedoch zumindest ein wenig ihren Niederschlag: Im Gegensatz zum Vorjahr nannten 5% weniger Befragte die Arbeitslosigkeit als grösste Sorge.

Im Vergleich zum Jahr 2000 hat sich ihre Zahl aber beinahe verdoppelt: Neben den wirtschaftlich schlechter Gestellten sorgen sich also zunehmend auch Bevölkerungsschichten mit einem mittleren Einkommen sowie Personen unter 39 Jahren um ihren Arbeitsplatz.

Die Problemkreise Gesundheit und Altersvorsorge stehen hingegen vor allem für ältere Menschen und für Personen mit einem tiefen Einkommen im Vordergrund. Dabei stiegen die Sorge um das Gesundheitswesen und die Altersvorsorge.

Sorge um die neue Armut

Mit deutlichem Abstand folgt im Sorgenbarometer 2006 auf Rang vier die Flüchtlingsproblematik.

Die neue Armut, die Ausländerfrage und die Sorge um die Löhne besetzten mit fast identischen Werten die Ränge fünf bis sieben (mit 28, 27 und 26%; im Vorjahr 29, 30 und 21%).

Vorsichtiger Optimismus

Die Wirtschaftslage wird im Zeitvergleich seit 2002, dem eigentlichen Tiefpunkt, insgesamt etwas weniger pessimistisch beurteilt. Aufgrund der besseren Konjunktur zeigt sich in der Einschätzung der Wirtschaftsentwicklung und der Sorge um die Bundesfinanzen dieses Jahr gar ein vorsichtiger Optimismus.

Die Sorge um die wirtschaftliche Entwicklung, 2005 mit 25% noch siebtgrösstes Problem, findet sich nun mit 13% auf Rang 14. Die Sorge um die Bundesfinanzen ist – nicht zuletzt dank den Sparbemühungen des Bundes – mit 17% auf Rang elf zurückgeglitten.

Ungleiche Problem-Verteilung im Bewusstsein der Bevölkerung

Während sich beim Leitthema Arbeitslosigkeit vor allem Junge Sorgen machen, stehen bei Älteren die Themen Gesundheit und Altersvorsorge im Vordergrund. Für Politiker ist es deshalb laut CS-Bulletin besonders schwierig, die sich hier stellenden Fragen zu beantworten, weil sie im Bewusstsein der Bevölkerung ungleich verteilt sind.

Die Umfrage 2006 zeigt, dass sich “zunehmend mittlere Schichten, nicht nur wirtschaftlich Bedrohte, mit Fragen der Arbeitslosigkeit beschäftigen”. Auffallend stark sei die Betonung “der Arbeitslosigkeit als Kernproblem bei jenen Stimmberechtigten, die (praktisch) nie abstimmen gehen”.

Würden sie von ihrem Stimmrecht wirklich Gebrauch machen, folgert das Bulletin, wurde dieses Problem noch stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit dringen.

Fazit des Bulletins: Politiker oder Parteien, die bei allen Stimmbürgern punkten möchten, geraten wegen der grossen Stimmabstinenz in Versuchung, auf andere, weniger drängende Problemkreise wie Ausländerfragen auszuweichen. Auch die Gleichberechtigung oder der Umweltschutz, Mitte der 90er-Jahre noch Leitthemen, seien heute keine heissen Eisen mehr.

Erstaunliche Resultate bei der Glaubwürdigkeit

Die Untersuchung, von gfs unabhängig ausgeführt, zeigt in einem anderen Punkt ein erstaunliches Resultat: Das Vertrauen der Bevölkerung in die Banken war Mitte 2006 grösser als jenes ins Bundesgericht.

Das Vertrauen in die Banken schwankte im Lauf der Jahre sehr stark: Im Jahr 2000 erreichte der Vertrauenswert 55%, um dann ein Jahr später auf 33% zu fallen. 2006 schnellte er jedoch auf die Rekordmarke von 61%.

Solche Spitzenwerte blieben bisher allein dem Bundesgericht und der Polizei vorbehalten. Die Polizei erreichte auf 2006 stolze 62%, doch das Bundesgericht – bisher immer auf Top-Werten – fiel auf 58% zurück.

Tiefe Glaubwürdigkeit der politischen Parteien

Laut CS-Bulletin “respektable” Glaubwürdigkeits-Werte von über 40% halten Bundesrat, Armee und Kirchen.

Vergleichsweise wenig Glaubwürdigkeit jedoch vermitteln Arbeitgeber-Organisationen und Massenmedien (je 29%), die EU (23%) oder gar die politischen Parteien (19%).

swissinfo und Agenturen

Seit 30 Jahren führt die Credit Suisse den Sorgenbarometer durch.

Er spiegelt die persönlichen Sorgen und Ängste der Schweizer Bürgerinnen und Bürger und ist kein Monitor der öffentlichen Meinung.

Dieses Jahr wurde die Umfrage zwischen Mitte August und 2. September 2006 bei 1000 repräsentativ ausgewählten Personen vom Forschungsinstitut gfs.bern durchgeführt.

Die sechs grössten Sorgen 2006 (Veränderung gegenüber Vorjahr):
Arbeitslosigkeit 66% (-5)
Gesundheitswesen 55% (+4)
Altersvorsorge 51% (+6)
Flüchtlinge 39% (+11)
Neue Armut 28% (-1)
Ausländer 27% (-3)

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