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Aufmüpfiger Pfarrer darf bleiben

Pfarrer Sabo zeigte sich nach dem Gerichtsentscheid erfreut. Keystone

Die Kirchgemeinde Röschenz muss ihren Pfarrer Franz Sabo nicht entlassen. Das Kantonsgericht Baselland hiess am Mittwoch die Beschwerde der Gemeinde gut.

Das Verfahren sei formell nicht richtig verlaufen, hiess es. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs müsse angewendet werden, betonte das Gericht.

Nach zahlreichen verbalen Scharmützeln hatte Bischof Kurt Koch vom Bistum Basel im Februar 2005 dem Röschenzer Pfarrer die Missio canonica entzogen.

Der in der Gemeinde beliebte Sabo hielt und hält mit Unterstützung der Kirchgemeinde Röschenz weiterhin Gottesdienste ab.

Im Juni 2006 erliess der Landeskirchenrat Baselland eine Verfügung, in der die Kirchgemeinde Röschenz aufgefordert wurde, Sabo freizustellen. Dagegen erhob die Kirchgemeinde Beschwerde.

Sie begründete dies unter anderem damit, dass der Missio-Entzug nicht angemessen begründet und Sabo vor dem Entzug das rechtliche Gehör verweigert worden sei. Diese Beschwerde wurde vom Kantonsgericht nun gutgeheissen.

Das Gericht kam zunächst zum Schluss, der Baselbieter Landeskirchenrat habe gegenüber der Kirchgemeinde Röschenz grundsätzlich eine Aufsichtspflicht und damit trotz fehlenden gesetzlichen Regelungen Weisungsrecht.

Formelle Fehler

Allerdings warfen die Richter dem Bistum und dem Landeskirchenrat formelle Fehler im Verfahren vor. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs müsse angewendet werden. Zudem habe Bischof Kurt Koch den Missio-Entzug nicht genügend begründet.

In einer Kündigungsbegründung ein zerrüttetes Verhältnis anzufügen sei “eine Leerformel” und keine Begründung. Auch der Bischof müsse sich bei aller kirchlichen Würde an rechtsstaatliche Gepflogenheiten halten, hielt Richter Stefan Schulthess fest.

Die Gerichtsgebühren von 10’000 Franken wurden zu zwei Dritteln dem Landeskirchenrat und zu einem Drittel dem Bistum Basel übertragen.

Der Fall Sabo berührt wichtige und teilweise ungelöste Probleme zwischen Kirche und Staat. “Wenn die Kirche staatliche Organe in Anspruch nehmen will, muss sie deren Regeln akzeptieren”, sagte Gerichtspräsident Peter Meier.

Positive Reaktionen

Er fühle sich ausgezeichnet, sagte Pfarrer Franz Sabo nach der Urteilsverkündung am Mittwochabend. Ihm sei ein Felsbrocken vom Herzen gefallen.

Als “fast sprachlos” bezeichnete sich der Röschenzer Kirchgemeinderat Bernhard Cueni. “Wir sind dem Ziel einen Schritt näher und können ihn vorläufig behalten,” fügte er an. Er sei erleichtert und stolz auf den Rechtsstaat Schweiz, wo die Gerichte ihre Urteile unabhängig fällten.

Weiterzug noch offen

Sowohl das Bistum als auch der Landeskirchenrat hatten angekündigt, das Urteil nicht ans Bundesgericht weiterzuziehen.

Der Landeskirchenrat müsse jetzt entscheiden, ob er eine neue Verfügung mit entsprechenden Begründungen erlassen wolle, sagte Stefan Suter, Rechtsvertreter des Bistums Basel.

Jahrelanger Streit

Der Fall Sabo hatte 2003 seinen Anfang genommen, als der Röschenzer Pfarrer zunächst in einem Zeitungsartikel scharfe Kritik an Bischof Koch übte und später auch Generalvikar Roland-Bernhard Trauffer kritisierte.

Im Nachhinein war bekannt geworden, dass das Bistum aufgrund von Hinweisen auf Kindsmissbrauch ein psychologisches Gutachten des aus Deutschland stammenden Seelsorgers hatte erstellen lassen. Die Vorwürfe der Pädophilie wurden jedoch nicht erhärtet.

swissinfo und Agenturen

Die Missio canonica ist in der katholischen Kirche einerseits der Seelsorge-Auftrag für einen Priester, andererseits die kirchliche Unterrichtserlaubnis.

Mit Antragstellung der Missio canonica gibt der Religionslehrer das Versprechen ab, den Religionsunterricht in Übereinstimmung mit der Lehre der katholischen Kirche zu erteilen.

Und er verspricht, ein gottgefälliges Leben zu führen, das heisst, sein Leben an die Grundsätze der kirchlichen Lehre auszurichten.

Im Jahr 2000 zählte die Schweiz gemäss eidg. Volkszählung 3’047’887 Katholikinnen und Katholiken (41,82% der Gesamtbevölkerung).

1990: 3’172’321 (46,15%)

1980: 3’030’069 (47,60%)

1970: 3’096’654 (49,39%)

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