Aviatiker vertrauen Spanair trotz Unglück

Beim Unglück in Madrid, dem schwersten in der spanischen Luftfahrt seit fast 25 Jahren, starben 153 Menschen. Schweizer Aviatiker bescheinigen der betroffenen Spanair trotzdem eine gute Sicherheits-Bilanz.
19 Insassen der MD-82, die nach dem Start auf dem Gelände des Flughafens abstürzte, überlebten schwer verletzt. Noch rätseln die Experten über die Ursache der Katastrophe. Bei der Unglücksmaschine vom Typ McDonnell Douglas («MD») gab es kurz vor dem Start Probleme mit einem Temperaturfühler, teilte die Spanair mit.
Doch Luftfahrtexperten gehen davon aus, dass allein dieser Defekt das Unglück nicht ausgelöst haben kann, denn es sei ein Triebwerk in Brand geraten oder gar explodiert.
Die Maschine war auf dem Weg nach Las Palmas auf der Ferieninsel Gran Canaria. Gleich hinter der Landebahn ging sie in einem riesigen Feuerball auf.
Auch wenn Schweizer Touristen der Name Spanair nicht allzu geläufig ist, den Aviatikern und Touristikern im Geschäft mit der Destination Spanien ist diese Airline ein Begriff.
MD-82: Alt, aber sicher
Alfred Hugentobler, freier Aviatik-Journalist, bescheinigt diesem zwar alten, aber bewährten Flugzeug-Typ eine sichere Performance: «Die MD 82 ist nichts anderes als die verbesserte Version der bekannten DC 9. Diese heissen in den neueren Ausführungen ‹MD›, weil die ursprüngliche ‹Douglas Aircraft Company›, DC, mit der ‹McDonell Aircraft› zu ‹McDonell-Douglas› wurde.»
Was die Sicherheit betrifft, meint der Präsident der Schweizer Aviatik-Journalisten: «Vorausgesetzt, sie sind gut gewartet, sind die älteren Modelle teils noch sicherer als die neueren. Nur sind sie als grosse Spritschlucker bekannt.»
1300 MD-80 und MD-90-Flugzeuge weltweit
Vom MD-80 und MD-90-Typ sind mehr als 1300 Maschinen gebaut worden. Bis heute werden sie von verschiedenen Airlines betrieben, auch von der SAS, der Muttergesellschaft der Spanair. «Den Schweizern sind diese Flieger von der Swissair und der Balair her bekannt.»
Hugo Wermelinger von der Basler Chartergesellschaft Hello benutzt die Nachfolgemodelle: «Unsere MD-90 sind mit Airbus-Triebwerken der neuesten Generation ausgestattet.» Skepsis zeigt er gegenüber den publizierten Gerüchten, wonach Spanair ohnehin aus Qualitätsgründen von SAS zum Verkauf ausgeschrieben worden sei.
«Momentan will niemand Airlines kaufen.» Nur: Im Juli hatte Spanair ein Sparprogramm angekündigt, wegen der Treibstoff-Preishausse. Die Rede war auch von Personalkürzungen in der Höhe eines Drittels der Belegschaft und von Kürzungen im Streckennetz.
Ähnlich wie Wermelinger denkt auch Franz Xaver Risi, Chefredaktor der Schweizer Touristik: «Es sind strategische und nicht Qualitätsgründe, weshalb die SAS-Gruppe die Spanair verkaufen möchte. Denn die SAS selbst hat Schwierigkeiten.»
Die 1986 ursprünglich als Charter gegründete Spanair hat laut den Aviatikern «beste Records» und seit zwanzig Jahren keine seriösen Events in ihren Performance-Bereichen. 1994 begann die Airline mit Linienflügen – diese machen inzwischen 17% ihres Flugverkehrs aus.
Spanair in der Schweiz nur indirekt bekannt
Risi würde bedenkenlos eine Spanair-Maschine benutzen. Sie sei seit 2003 Mitglied der Star Alliance, der die Lufthansa-Tochter Swiss auch angehöre. Nur sei die Spanair in der Schweiz kaum gross aufgetreten.
Spanair und die Swiss haben für Spaniens Destinationen bis vor kurzem Code Sharing betrieben. Swiss-Pressesprecher Jean-Claude Donzel bestätigt dies gegenüber swissinfo. Doch hätte sich diese Kooperation seit einem Jahr nur noch auf die Destination Barcelona bezogen: «Und dieses letzte Code Sharing mit Spanair stellen wir auf Ende Sommerfahrplan ebenfalls ein.»
Bei der in Madrid abgestürzten Spanair-Maschine waren auch sieben Personen mit einem Ticket der Lufthansa eingecheckt, weil die beiden Partner-Airlines Code-Sharing-Abkommen haben.
Swiss bedauert das schwere Unglück der Partner-Airline Spanair, es habe aber keine Swiss-Passagiere in der Unglücksmaschine gehabt.
swissinfo, Alexander Künzle und Agenturen
Spanair wurde 1986 gegründet, hat seinen Firmensitz in Palma de Mallorca und befindet sich im Besitz der SAS-Gruppe.
Seit 2003 Star-Alliance-Mitglied, wo auch die Lufthansa und Swiss vertreten sind.
Spanair begann mit Charterflügen aus europäischen Zentren in spanische Feriendestinationen.
Heutige Flotte: Mehr als 20 Airbus A320, A321, 23 Flugzeuge des MD-80-Typus.
Passagier-Aufkommen: 8,3 Mio.

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