Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Ein wichtiger, aber nicht der letzte Schritt

Zwischen der Schweiz und der EU gibt es noch viel zu regeln. swissinfo.ch

Seit dem EWR-Nein 1992 setzt die Schweiz auf bilaterale Abkommen mit der Europäischen Union (EU).

Nach den Bilateralen I und II ist kein neues Paket in Sicht. Doch Regelungsbedarf – und Möglichkeiten für Referenden – bestehen weiter.

Im Dezember 1994 begannen offiziell die sektoriellen bilateralen Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU. Knapp sechs Jahre später, im Mai 2000, stimmten die Schweizerinnen und Schweizer mit Zweidrittels-Mehrheit den “Bilateralen I” zu.

Die Abkommen über die wissenschaftliche Zusammenarbeit, das öffentliche Beschaffungswesen, die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen, den Handel mit Landwirtschaftsprodukten, den Luftverkehr, den Strassen- und Schienenverkehr sowie die Freizügigkeit sind untereinander mit einer so genannten Guillotine-Klausel verbunden.

Mit der Erweiterung der EU am 1. Mai 2004 wurden die Abkommen automatisch auf die zehn neuen Mitgliedstaaten ausgedehnt. Ausnahme bildete das Personenfreizügigkeitsabkommen, bei dem Vertragsanpassungen mit der EU ausgehandelt werden mussten.

Weitere Abstimmungen über Freizügigkeit möglich

Bis Ende April 2011, bei starker Einwanderung dank einer speziellen Schutzklausel bis 2014, kann die Schweiz Einschränkungen für Arbeitskräfte aus den neuen osteuropäischen EU-Mitgliedsländern geltend machen.

Die Möglichkeit, Vertragsanpassungen und Übergangsbestimmungen mit der EU auszuhandeln, gilt bei jeder Erweiterungsrunde. Damit auch für die EU-Beitritte von Rumänien und Bulgarien, die für 2007 oder 2008 geplant sind.

Im Jahr 2009 (nach sieben Jahren Erfahrung) besteht zudem eine weitere Referendumsmöglichkeit über die Weiterführung des gesamten Freizügigkeitsabkommens.

Bilaterale II rechtlich nicht verbunden

Die Verhandlungen über das zweite bilaterale Paket Schweiz-EU begannen am 18. Juli 2001. Unterzeichnet wurden am 26. Oktober 2004 schliesslich Abkommen über landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse, Statistik, Umwelt, MEDIA, Pensionen, Schengen/Dublin, Betrugsbekämpfung sowie Zinsbesteuerung.

Diese Abkommen sind rechtlich nicht miteinander verbunden. Von EU-Seite noch nicht ratifiziert sind Statistik, Umwelt und MEDIA. Von beiden Seiten noch ausstehend ist die Ratifizierung von Schengen/Dublin sowie Betrugsbekämpfung.

Aus Sicht der EU-Kommission wäre ein Mitmachen der Schweiz bei Schengen/Dublin ohne Zustimmung zur Personenfreizügigkeit unmöglich gewesen.

Neue Sondierungsgespräche

Sowohl in Brüssel als auch in Bern spricht niemand von “Bilateralen III”. Sondierungsgespräche über mögliche Verhandlungen sind im Gang zur Regelung der Strommarktliberalisierung und zu einer direkten Teilnahme der Schweiz am Satelliten-Navigationssystem “Galileo”.

Auch bei weiteren Themen wurde Bedarf an Zusammenarbeit geortet, beispielsweise bei der Bekämpfung von Seuchen. Für die Schweiz wichtig sind zudem die vorgesehenen Gespräche über die gegenseitige Anerkennung der AOC-Produkte (geschützte Herkunftsbezeichnung).

In verschiedenen abgeschlossenen Abkommen sind weitere Verhandlungen vorgesehen, beispielsweise beim Forschungsabkommen (bald für das 7. Forschungsrahmenprogramm) oder bei der Zinsbesteuerung. Da strebt die EU weiterhin den Informationsaustausch an; eine “Konsultation” ist jedoch frühestens in acht Jahren zu erwarten.

Überdies wurde in der Schweiz verschiedentlich die Möglichkeit eines Rahmenabkommens mit der EU erwähnt, das sämtliche bilateralen Verträge seit 1972 unter einem Dach vereinen würde. Die Idee soll im nächsten europapolitischen Bericht geprüft werden.

swissinfo und Agenturen

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft