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Schweizer Schule dank John Kerry im Rampenlicht

Das Institut Montana oberhalb von Zug. swissinfo.ch

Das Institut Montana bei Zug hofft, vom Kerry-Effekt profitieren zu können. Der demokratische US-Präsidentschafts-Kandidat John F. Kerry hat das Institut vor genau 50 Jahren besucht.

Am Dienstag hat der Senator von Massachusetts auch die Primärwahlen in Wisconsin für sich entschieden.

Das Institut Montana wurde in den letzten Wochen von den Medien regelrecht überrannt. Alle wollten etwas über Kerrys einjährigen Aufenthalt erfahren.

“Dies ist das begehrteste Schuldokument der letzten 50 Jahre”, erläutert Instituts-Direktor Daniel Fridez und zeigt swissinfo eine Kopie der Schulzeitung vom Dezember 1954.

Darin beschreibt der 11-jährige Kerry eine Fahrt nach Zürich, die er mit einem amerikanischen Schulkollegen zur Feier von Thanksgiving unternommen hatte.

Während die älteren Jungen “in Buchläden schmökerten”, besuchten Kerry und seine Kameraden lieber “ein Museum für alte Waffen und den Zürcher Zoo”.

Coca-Cola

Danach trafen sie sich am Bahnhof für ein “herrliches Nachtessen und eine Coca-Cola, die wir selber bezahlen mussten”.

Genau so begehrt wie die Zeitung sind Kerrys Schulunterlagen, die in einem gewöhnlichen braunen Umschlag mit der Nummer 2587 liegen.

Da sind auch die Korrespondenz zwischen Kerrys Mutter und der Schule sowie die Zeugnisse eines Schülers zu finden, der schon damals zu den zehn Klassenbesten gehörte.

Fridez hat unterdessen Zeitungsausschnitte beigefügt, welche in den letzten Wochen über die Schule und ihren berühmtesten Schüler erschienen sind.

Der Kerry-Effekt

“Es wäre fantastisch, wenn dank des Kerry-Effekts nun viele Kinder aus den USA an unsere Schule kämen”, findet er.

Wenn der Name Kerry wirklich Wunder wirkt, werden die Jugendlichen an einen Ort kommen, der sich in den letzten 50 Jahren kaum verändert hat.

Der Instituts-Komplex besteht noch immer aus Hotelgebäuden aus dem 19. Jahrhundert und einem grossen Holzchalet und hat eine wunderbare Aussicht über den Zugersee sowie auf die Alpen der Zentralschweiz.

Auf dem Zugerberg gibt es neben der Schule noch einen kleinen Bauernhof mit Kühen und im Winter eine Eisbahn zum Eishockeyspielen – wo vielleicht auch Kerry gespielt hat – sowie einen Skilift und eine Langlaufloipe.

Traditionelle Werte

Aber wichtiger als die Umgebung sind laut Fridez die “traditionellen Werte”, welche die Schule auch heute noch vermittelt. “Offenheit gegenüber der Welt, Respekt gegenüber Anderen. Lernen, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen”.

Diese Qualitäten seien es, mit welchen das Institut Montana die Jugendlichen auf führende Posten vorbereite, so Fridez weiter.

“Die Schule hat mir eine internationale Perspektive gegeben”, bestätigt der 18-jährige Amerikaner Fred Schmidt nach einer Geschichtsstunde mit Teenagern aus rund einem Dutzend Ländern.

“Hier hat es Leute aus der ganzen Welt, Junge aus verschiedenen Kulturen und mit unterschiedlichem Glauben”, fügt er bei.

Grundlage für die Karriere

“Da muss man einen Weg finden, um seine Individualität zu bewahren und trotzdem mit den anderen auszukommen und zu verstehen, woher sie kommen. Ich finde, das ist eine wichtige Grundlage, wenn man einen so hochrangigen Posten anstrebt wie John Kerry.”

Als seine Eltern ihn zwischen einem Institut in den USA und in Europa wählen liessen, entschloss sich Schmidt für letzteres.

“Hier lebt es sich wunderbar, besonders in der Schweiz”, meint er und fügt bei, dass auch die Führung in Washington von der Schweiz lernen könnte, so wie er – und John Kerry Jahre zuvor.

“Die amerikanische Regierung kann natürlich nicht neutral sein. Aber sie kann lernen, wie ein multikulturelles Land in der Welt vorankommt, indem es die Rechte anderer Nationen respektiert.”

“John Kerry lebte hier und auch anderswo in Europa, und ich denke, das ist die Art Persönlichkeit, die Amerika heute braucht”, so Schmidt weiter.

George Bush

“Es ist bezeichnend, dass George Bush nie aus seinem Land herauskam, bevor er Präsident wurde.”

“Ich denke, das Wichtigste für uns ist Internationalismus. Wir sehen, wie Kinder traditionell verfeindeter Staaten, zum Beispiel Araber und Juden, gut zusammen auskommen”, erklärt Kevin O’Brien, Dekan der internationalen Abteilung des Instituts.

“Die Kinder diskutierten schon immer gerne über Politik, und ich glaube, mit der Diskussion um John Kerry nahm das Interesse noch zu”, so O’Brien weiter.

“Ich denke, es würde alle freuen, wenn der nächste Präsident ein ehemaliger Montana-Schüler wäre. Das wäre grossartig für uns”, fügt er bei.

“Schauen Sie mal, wie weit er gekommen ist. Er wird vielleicht Präsident”, überlegt Schmidt. “Und er ging hier zur Schule!”

swissinfo, Dale Bechtel in Zug
(Übertragung aus dem Englischen: Charlotte Egger)

Das Institut Montana wurde 1926, in zwei Hotels aus dem 19. Jahrhundert, als Internat für Knaben gegründet.
John Kerry besuchte es 1954, als sein Vater im diplomatischen Dienst in Berlin arbeitete.

John Kerry ist keineswegs der einzige berühmte Ehemalige.

Auch Kinder aus europäischen Königs-Häusern besuchten das Institut Montana, so jene der spanischen Königsfamilie, der Habsburgs, der Orléans und Bourbonen ebenso wie die Sprösslinge der Familien Rothschild und Bacardi.

Kerry hatte in der Grundschule von Montana Topnoten, und der damalige Direktor lobte seinen “ausgezeichneten Charakter”.

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