CIA-Flüge: Bundesrat bewilligt Strafverfolgung
Der Bundesanwalt kann im Zusammenhang mit CIA-Flügen über die Schweiz ein Strafverfahren eröffnen. Die Schweiz duldet auch bei der Terrorbekämpfung keine Menschenrechtsverletzungen.
Konkret geht es um den "Fall Abu Omar". Omar war 2003 in Mailand entführt und von der CIA über Schweizer Luftraum nach Deutschland gebracht worden.
Der Ägypter Nasr Osama Mustafa Hassan, auch bekannt unter dem Namen Abu Omar, wurde am 17. Februar 2003 vom US-Geheimdienst CIA in Mailand entführt.
Gemäss der Bundesanwaltschaft wurde er vom Luftwaffenstützpunkt in Aviano (Italien) über den Schweizer Luftraum nach Ramstein (Deutschland) gebracht und von dort aus nach Kairo überführt.
Aus der Sicht des Bundesrates könne eine Benützung des schweizerischen Luftraums für eine Entführung nicht toleriert werden, schreibt das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD).
Die Schweiz dulde Menschenrechtsverletzungen auch im Rahmen der Terrorismusbekämpfung nicht. Es lägen Hinweise vor, dass "grundlegende völkerrechtliche Normen" verletzt worden seien.
Die Bundesanwaltschaft hatte im Fall Abu Omar im Dezember 2005 ein gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren eröffnet und ein Jahr später Justizminister Christoph Blocher den Ermächtigungsantrag zur Strafverfolgung unterbreitet.
Auslösendes Element der aufgenommenen Ermittlungen der Bundesanwaltschaft waren die vom Bundesamt für Zivilluftfahrt ermittelten Daten eines Flugs vom 17. Februar 2003 von Norditalien nach Deutschland und zurück.
Politisches Delikt
Seit 2001 sind laut Erkenntnissen der Behörden in der Schweiz 58 Landungen von Flugzeugen verzeichnet worden, die für den US-Geheimdienst CIA im Einsatz gewesen sein sollen. Zudem wurde die Schweiz 76 Mal von mutmasslichen CIA-Flugzeugen überflogen.
Die Ermächtigung des Bundesrates für die Strafverfolgung war nötig, weil es sich im Fall von Artikel 271 des Strafgesetzbuches, den verbotenen Handlungen für einen fremden Staat, um ein so genanntes politisches Delikt handelt.
Ablehnung im "Fall Tom"
Auch in einem zweiten CIA-Fall, dem "Fall Tom", möchte die Bundesanwaltschaft die Strafverfolgung aufnehmen. In diesem Fall hat der Bundesrat jedoch die Ermächtigung abgelehnt. Im "Fall Tom" geht es um nachrichtendienstliche Aktivitäten der CIA gegen eine Schweizer Gewerkschaft.
Gerade im Vergleich zum "Fall Abu Omar" zeige sich, dass keine schwerwiegende Konstellation vorliege, hält das EJPD fest. Zudem würden die Erfolgsaussichten einer Strafverfolgung als sehr gering eingestuft.
EDA soll intervenieren
Im "Fall Tom" hatte die Bundesanwaltschaft im September 2006 ein gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren gegen einen Schweizer Bürger und gegen den US-Bürger "Tom" eröffnet und im November 2006 um Ermächtigung zur Strafverfolgung ersucht.
Der Bundesrat hat nun jedoch das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) beauftragt, bei den USA zu intervenieren und sie auf die in der Schweiz geltenden Regeln aufmerksam zu machen.
swissinfo und Agenturen
Der Bericht des EU-Parlaments
Das EU-Parlament in Strassburg stimmte am Mittwoch über einen Bericht zu mutmasslichen CIA-Gefangenentransporten ab. Der Bericht kritisiert die mangelhafte Kooperation vieler Mitgliedstaaten.
Verfasst wurde der Bericht von einem 48-köpfigen Sonderausschuss, der die Rolle europäischer Regierungen bei der Verschleppung von Terrorverdächtigen durch den US-Geheimdienst untersuchen sollte.
Scharf verurteilt das EU-Parlament die Rolle italienischer Sicherheitskräfte im Fall Abu Omar. Bei der Verschleppung des Ägypters aus Mailand hätten ein Marschall der Carabinieri, der italienischen Militärpolizei, und Beamte des italienischen militärischen Sicherheits- und Geheimdiensts SISMI eine "aktive Rolle" gespielt.
Es sei "in Anbetracht der Beteiligung der Geheimdienste sehr wahrscheinlich, dass die damalige italienische Regierung von der ausserordentlichen Überstellung Abu Omars wusste".

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