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Das “Du” für einen Franken?

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Das Zürcher Verlagshaus Tamedia AG verkauft die prestigeträchtige Kulturzeitschrift "Du" an den thurgauischen Niggli-Verlag.

Im Zusammenhang mit der Reorganisation des defizitären Zeitschriftenhandels musste das renommierte “Du” über die Klinge springen.

“Mit Metaphern kennst sich “Du” aus. Ist diese Zeitschrift schliesslich bereits selbst zu einer geworden, einer Metapher für kühlen, gründlichen Journalismus in den Zeiten des journalistischen Treibhauseffekts, wo es allerorten schneller, bunter, kleiner zugeht.”

So schrieb der bisher letzte, siebte Chefredaktor Christian Seiler noch im Februar dieses Jahres in seinem ersten Editorial. Nun ist das “Du” vom schnellen verlegerischen Treibhauseffekt eingeholt worden.

Von Zürich in den Thurgau

Das Zürcher Verlagshaus Tamedia AG hat das “Du” in den Thurgau, genauer nach Sulgen, an den Niggli-Verlag verkauft. Über den Verkaufspreis machte die Tamedia keine Angaben. Vor dem Verkauf war von einem symbolischen Verkaufspreis von einem Franken die Rede gewesen.

Der Niggli-Verlag, in der Ostschweiz kein Unbekannter, hat in den Bereichen Architektur, Design, Typographie, Kunst eine Nische besetzt. Mit dem “Du” erweitern die Ostschweizer nun ihre Palette um ein Produkt, das zu den renommiertesten und prestigeträchtigsten im deutschsprachigen Raum zählt.

Nicht zum Schlechten

Der Verkauf an den kleinen Verlag müsse nicht zwingend zum Schlechten für das “Du” sein, sagte Fredy Gsteiger, ehemaliger Chefredaktor der Weltwoche, gegenüber swissinfo.

“Ein ehrgeiziger Kleinverlag, der sein Potenzial nutzt, hat durchaus Chancen das “Du” weiterzuführen. Er wird allgemeine Kosten senken und billiger drucken können. Gewinnbringend wird “Du” wahrscheinlich nie sein, aber eine schwarze Null liegt durchaus drin. Eine Garantie gibt’s natürlich keine.”

Ende gut alles gut?

Potential ortet Gsteiger auch im publizistischen: “Wenn es das “Du” schafft, zwischen der lange gepflegten Zeitlosigkeit Tupfer zur Aktualität zu setzen, könnte die Publikation neue und vermehrt auch Leser in Deutschland ansprechen.”

Wie der Niggli-Verlag mitteilte, soll das “Du” jedoch weiterhin eine Kulturzeitschrift mit Monothematik bleiben. Die “Du”-Vermarktung könne zudem davon profitieren, dass der Verlag 70 Prozent des Umsatzes im Ausland erziele.

Bleibt also zu hoffen, dass der Aufschrei, der mit der bekannt gewordenen Verkaufsabsicht durchs Feuilleton rauschte, rasch verstummt und die über sechzigjährige Geschichte des “Du” weitergeschrieben wird.

Im Oktober wird die neue Besitzerin des “Du” entscheiden, wer künftig bei “Du” in die Tasten greifen kann.

swissinfo, Brigitta Javurek

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