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Das Paléo endet mit besonderer Note

Die Compagnie Carabosse erleuchten die Nacht mit einem Feuerspektakel. Keystone

Das sechstägige Paléo Musikfestival in Nyon ist am Wochenende mit einem Rekord von 220'000 Besucherinnen und Besuchern zu Ende gegangen.

Die 30. Ausgabe des Festivals bot auf sechs Bühnen rund 100 Konzerte aus fast allen Musiksparten. Das Paléo ist eines der grössten Openairs in Europa.

Das Schlusswochenende stand im Zeichen des französischen Pops und der Chansons. Am Samstag standen Bernard Lavilliers und Calogero, am Sonntag die Pop-Gruppe Kyo auf dem Programm.

Obschon es dieses Jahr nur wenige Rock- und Pop-Grössen zu sehen gab, war das Festival seit Wochen ausverkauft. Über 35’000 Besucherinnen und Besucher strömten pro Tag bei angenehm sommerlichen Temperaturen auf das Festival-Gelände.

Treffen für Generationen

Auf die Frage, warum das Paléo ein Muss ist, nannten die Festivaliers jeweils die spezielle Ambiance. Wie kein anderes Openair vermischt das Programm Musikstile vom französischen Chanson über Pop und Rock bis hin zu Weltmusik. Bei diesem Mix kamen auch dieses Jahr alle Generationen einer Familie oder auch ganze Freundescliquen auf ihre Rechnung.

Doch auch die Verpflegung gibt dem Paléo seinen ganz speziellen Charakter: Man konnte an den 100 Ständen eine kulinarische Weltreise unternehmen, vom feurigscharfen Curry über Cous-Cous bis hin zu biederen Käsehörnli oder einem Raclette. Für Aufsehen sorgten auch die Feuerinstallationen von Cie Carabosse im Quartier des Alpes.

Hochstimmung bei Rammstein

Am Freitag hingegen war am Paléo Ausnahmezustand. Die Fans der deutschen Rocker Rammstein in schwarzer Kluft, mit Ketten und Nägeln waren im sonst legeren Outfit der Festival-Besucher deutlich erkennbar. Erstmals herrschte in diesem Jahr ein Gedränge vor der grossen Bühne. Wer nach Beginn des Auftrittes noch freie Sicht auf die Bühne suchte, tat dies vergeblich.

Dort boten die Deutschen das für sie typische bombastische Programm: Dumpfer, grollender und schwerer Rock dröhnte. In perfekter “Choreographie” beleuchteten Flammenwerfer in allen Variationen, Raketen und anderes pyrotechnisches Spielzeug die schwitzenden und verschmierten Schwerarbeiter auf der zweistöckigen Bühne.

Das Publikum feierte die umstrittene Berliner Band, die Ende der 90er-Jahre noch als ideologisch fragwürdig gegolten hatte, weil sie die Doppeldeutigkeit ihrer Songtexte, die Aspekte des Faschismus enthielten, nicht klären mochte.

In Nyon riss sie mit ihrer perfekt eingespielten und spektakulären Show-Maschine das Publikum mit. Zum ersten Mal in dieser Woche kam vor der grossen Bühne Hochstimmung auf. Nach Angaben der Organisatoren haben sich dort noch nie so viele Leute versammelt.

Chansonniers als Glanzlichter

Die anderen grossen Namen auf der grossen Bühne hielten nicht immer was sie versprachen: Der Auftritt des Funkstars George Clinton war eher eine Enttäuschung, und auch die hoch gelobten Newcomer aus Schottland, Franz Ferdinand, lieferten zwar ein solides Konzert, ohne aber auf der Bühne das Niveau ihrer CD zu erreichen und das Publikum zum Tanzen zu bringen.

Das französische Chanson hingegen bot viele Höhepunkte, so etwa der Auftritt von Altstar Hugues Aufray. Der “weisse Troubadour” eroberte mit seinen melancholischen Liedern von Liebe, Freundschaft und Wehmut das Publikum. Ein gemischter Chor unterstützte den über 70-Jährigen bei Liedern wie “Chacun sa mer – Chacun son vent”.

Für die Organisatoren jedoch gehörte der Auftritt der indischen Sitar-Legende Ravi Shankar und seiner Tochter Anoushka zu den erhebendsten Momenten des Festivals. 20’000 Menschen hätten das Konzert des 85-Jährigen genossen, das sicher in die Geschichte des Festivals eingehen werde, sagte Jacques Monnier an der Schlussmedienkonferenz.

Entdeckung der asiatischen Musik

Musik aus Asien sorgte aber auch im Village du Monde und auf der Zeltbühne des Dôme für unvergessliche Momente. Der Türke Mercan Dede mit seinem Mix aus Techno, Sufi-Musik und anatolischer Perkussion oder die usbekische Sängerin Sevara Nazarkhan mit ihrer leicht esoterisch angehauchten Fusion zentralasiatischer Volksmusik mit elektronischen Klängen und Soul waren zwei Höhepunkte.

Neben Ravi Shankar zogen auch andere Musiker aus dem indischen Subkontinent viele Zuschauer an: Pakistanische Qawwali, Zigeuner-Musik aus der Thar-Wüste Rajastans bis hin zu den leichten Klängen von “Bollywood”, den Soundtracks der grössten Filmindustrie der Welt, waren zu entdecken.

swissinfo und Agenturen

Bilanz der 30. Paléo-Ausgabe:
220’000 Besucher insgesamt
35’000 Besucher täglich
3700 freiwillige Mitarbeiter
Über 1300 Musiker und Techniker
120 Konzerte
6 Bühnen
100 Lebensmittelstände.

In 30 Jahren hat sich das Paléo Festival in Nyon zum grössten Freilicht-Musik-Spektakel in der Schweiz entwickelt.

Es gehört zu den wichtigsten Openairs in Europa.

Bei seiner ersten Ausgabe 1976 hiess es noch First Folk Festival. Ab 1977 nannte man es Nyon Folk Festival.

Erst 1986 wurde es nach dem Namen des erfolgreichen Rennpferdes Paléo getauft.

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