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Der Bär ist wieder los

Keystone

Nach rund zwei Jahren ist Meister Petz offenbar wieder zurück in der Schweiz. Mehrere Personen haben am Wochenende im Unterengadin einen Braunbären gesichtet.

Die Spuren seien eindeutig, bestätigte der Bündner Jagdinspektor. Den Abdrücken zufolge dürfte es sich um einen ausgewachsenen Bären handeln, nicht um ein Jungtier wie vor zwei Jahren.

Mehrere Personen, unter ihnen ein Jäger, beobachteten am Sonntagabend einen Bären bei Zernez an der Grenze zum Nationalpark. Im Spöltal, das von Zernez Richtung Ofenpass führt, sei das Tier von den Bergkiefern an der Waldgrenze bis auf eine Höhe von über 2800 Metern gestiegen. Danach habe der Bär in ein Seitental gewechselt, teilte das Bündner Amt für Jagd und Fischerei mit.

Das Tier gesichtet hatte unter anderen Jäger Fadri Gottschalk aus Zernez, der den Wildhüter des Dorfes, Guolf Denoth, verständigte. Als Denoth im Seitental eintraf, hatte sich der Bär bereits aus dem Staub gemacht. Doch fand Denoth den Abdruck einer Tatze im Schnee und fotografierte die Spur.

Ausgewachsenes Tier

Am Montag stiess die Wildhut zunächst auf keine weitere Spuren. Aufgrund der Abdrücke dürfte es sich um ein ausgewachsenes Tier handeln, wie der Bündner Jagdinspektor Georg Brosi erklärte.

Die Wildhut versucht nun, Haare und Kot zu finden, um den Bären mit DNA-Analysen zu identifizieren. Zusammen mit den Landwirten und Alpbewirtschaftern wollen die Behörden Massnahmen zum Schutz der Nutztiere ergreifen. Schafalpen, die besonders gefährdet wären, gibt es im fraglichen Gebiet laut Brosi keine.

Der Einwanderer, nach Angaben des Wildhüters ein scheues Tier, stammt vermutlich aus dem norditalienischen Trentino, wo seit Jahren ein Wiederansiedlungsprojekt läuft. Rund ein Dutzend Jungtiere im Alter von ein bis zwei Jahren leben dort. Mit der Rückkehr des Grossraubtieres nach Graubünden ist deshalb gerechnet worden.

Zwei Bären unterwegs

Bereits an Pfingsten wurde in der Nähe des Stilfserjochs, zwei Kilometer von der Schweizer Grenze entfernt, ein Bär beobachtet. Das Tier bewegte sich im Gelände auf der Südseite des Münstertales, oberhalb der italienischen Ortschaft Trafoi.

Laut Jagdinspektor Brosi ist das im Spöltal beobachtete Tier mit Sicherheit älter als das Jungtier, das auf italienischem Boden gesichtet wurde und sich ebenfalls am Sonntag erneut zeigte. Somit sind im Engadiner Grenzgebiet derzeit zwei Bären unterwegs.

Meister Petz war nach rund 100 Jahren Ende Juli 2005 erstmals wieder in die Schweiz zurückgekehrt. Zwei Monate hielt sich das Jungtier, von Wissenschaftlern “JJ2” genannt, im Münstertal und im Engadin auf und riss eine Reihe von Schafen. Seine Spur verlor sich Ende September im Unterengadin. Seither ist das Tier verschwunden.

Diesmal mit Konzept

Die jüngste Einwanderung des Bären trifft die Schweiz nicht unvorbereitet wie vor zwei Jahren. Seit Juli letzten Jahres liegt ein Konzept für den Umgang mit den Grossraubtieren vor. Die Behörden von Bund und Kantonen gehen davon aus, dass Bären in der Schweiz leben können, so lange sie keine Menschen gefährden.

Das Konzept klassifiziert drei Typen von Grossraubtieren: den unauffälligen Bären, den Problembären und den Risikobären.

Letzterer zeigt keine Scheu vor Menschen und wird abgeschossen, so wie “Bruno” oder “JJ1”, der Ende Juni letzten Jahres nach wochenlanger Hatz in Bayern erlegt wurde.

swissinfo und Agenturen

Im Sommer 2005 ist ein Bär im Schweizerischen Nationalpark aufgetaucht. Er kam aus der italienischen Region Trentino, wo rund ein Dutzend seiner Artgenossen leben. Mit der Schweiz eine hat das Trentino eine fünfzig Kilometer lange Grenze.

Da die Tierbestände dort stark gesunken waren, wurden dort zwischen 1999 und 2002 zehn Braunbären aus Slowenien ausgesetzt.

In Europa leben ungefähr 50’000 Braunbären, davon 25 im Nachbarland Österreich.

Der Braunbär (Ursus arctos) dessen Population weltweit auf 200’000 Exemplare geschätzt wird, kommt in Europa, Asien und Nordamerika vor,

In Europa leben ungefähr 50’000 Bären, 37’000 davon in Russland.

Andere grössere Populationen (mehr als 1000 Exemplare) leben in den Karpaten, auf dem Balkan und in Skandinavien.

Kleine Populationen finden sich im nordspanischen Kantabrien (50 Bären), in den Pyrenäen (10-11) und in den italienischen Abruzzen (40-50).

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