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Deutschschweiz im Bann von MusicStar

Piero Esteriore, Carmen Fenk und Mario Pacchioli (v.l.n.r.): Wer wird MusicStar? SF DRS

Am Samstag wird der Himmel des Schweizer Showbiz mit einem weiteren Stern dekoriert, dem "MusicStar".

Mit Zuschauerzahlen, die hoch in den Quotenhimmel steigen, ist auch das Schweizer Fernsehen auf den “Superstar-Zug” aufgesprungen.

Von den rund 3000 Kandidatinnen und Kandidaten, die sich zur ersten Runde der Talentshow angemeldet haben, stehen jetzt, ein gutes Vierteljahr später, noch deren drei im Final. Den Final am Samstagabend bestreiten die 25-jährige Carmen Fenk aus dem Kanton St. Gallen, der 22-jährige Bündner Mario Pacchioli und der 26-jährige Baselbieter Piero Esteriore.

Zwei Wochen nach der Entscheidung stehen die vier Bestplatzierten, diesmal also mit der im Halbfinal ausgeschiedenen 23-jährigen Daniela Brun aus Zürich, wieder vor der Kamera: In der Schweizer Vorausscheidung zum Eurosong 2004 in Genf vertreten sie die Deutschschweiz.

Und dann?

Was kommt nach dem Sieg? Die Teilnehmer des Finals haben bereits einen Plattenvertrag mit Universal auf sicher. Der Gewinner oder die Gewinnerin darf mit gestandenen Studiomusikern in New York oder Los Angeles ein Album aufnehmen.

Weiter sind Auftritte im Schweizer Fernsehen geplant, bei “Benissimo”, “Eiger, Mönch und Kunz”. Bei Kurt Aeschbacher ist ein Talk-Termin auf sicher und dann werden Radio, Zeitschriften und Zeitungen für eine temporäre Bekanntheit sorgen, die sich eventuell auch finanziell auswirken könnte.

Auf fahrenden Zug aufgesprungen

Wie vieles andere auch, dauerte der Entscheid, ob so eine Sendung auch dem heimischen Publikum zugemutet werden darf, in der Schweiz ein wenig länger als im Ausland. Die ersten deutschen und österreichischen Superstars oder Musicmaniacs sind längst erkoren. Die Shows flimmern schon in der zweiten oder dritten Generation über die Bildschirme – mit stetig abnehmendem Publikumsinteresse.

Bereits wurde auch international der Superstar der Superstars in einem Wettbewerb ermittelt. Diese Art Fernsehunterhaltung macht nicht Halt an den Grenzen der westlichen Kultur. Eine arabische Version war im Nahen Osten der absolute Strassenfeger.

“Tugendhafte” Schweizer Jury

In Deutschland wird die Sendung von vielen oft nur deshalb angeschaut, weil sie gespannt sind, wie Modern Talking-Supergrossmaul Dieter Bohlen die Kandidaten reihenweise “zur Schnecke macht”, mit Voten und Zoten, die ihr Ziel teilweise weit unter der Gürtellinie treffen.

Dem gegenüber steht das ausdrückliche Bestreben der Schweizer Veranstalter, den Kandidaten keine bleibenden psychischen Schäden zuzufügen.

So erklärt Programmdirektor Adrian Marthaler: “Wir konzentrieren uns auf Musik und Gesang, wollen also jede Zurschau- oder gar Blossstellung vermeiden”. In der Jury zeigte Krokus-Rocker Chris von Rohr noch am meisten Biss, wenn es galt, Kandidaten auch mal negativ zu bewerten.

Ganz anders die österreichische Talk-Königin Arabella Kiesbauer, die der Schweizer Jury angehört. Sie will offensichtlich keinem auf den Schlips treten und packt ihre Kritik meist in rosarote Watte. Trotzdem soll sie wegen ihrer kaffeebraunen Hautfarbe bereits Drohbriefe erhalten haben. Das hält sie aber nicht davon ab, in Zürich nach einer Wohnung zu suchen.

In die “Boulevard-Gosse” verstossen

Der dritte im Bunde war Blick-Musik-Redaktor H. Elias Fröhlich. Er zeigte sich den weiblichen Reizen von hoffnungsvollen MusicStars nicht ganz abgeneigt, soll sogar eine Kandidatin zu Fotos “im erotischen Bereich” animiert haben. Dies hat ihn schliesslich auch den Platz in der Jury gekostet.

Und plötzlich verschlug es ihn selbst, den Medienvertreter, in die Niederungen des Boulevardjournalismus: Er war tagelang Inhalt und nicht Verfasser der Schlagzeilen, war für einmal selbst das Opfer.

Fröhlich wurde von Ivo M. Sacchi abgelöst, dem Geschäftsführer von Universal Music Schweiz, welche die Winner unter Vertrag nimmt. Dies sorgte wiederum für Wirbel, da Sacchi mit seiner Firma direkt mit der Show verbandelt ist. Universal war schon bei “Starmania” in Österreich und bei der Schweizer Version von “Popstars” auf TV3 dabei.

Vermarktung

Ganz wichtig, die Show hilft auch bei der Vermarktung von Fan-Artikeln wie T- und Sweatshirts, Arm- und Fingerband-Sets, Snowboard Caps, Gürtelsets, Taschen, diversen Music-CDs und als absoluten Hit, das Karaoke-Set mit CD-Rom und Mikrofon, 20 Songtexten und Playback Versionen.

Ideal, um Freunde und Feinde via E-Mail mit den Früchten seiner eigenen MuisicStar-Karriere zu quälen.

Kein gesamteidgenössischer MusicStar

Die Sendung wird nur auf dem deutschen Programm des Schweizer Fernsehens gezeigt (und durchgeführt). Da ein guter Teil der Show aus Gesprächen besteht, sei eine gemeinsame Sprache unerlässlich, sagt Toni Wachter, Redaktionsleiter der Show.

Aus diesem Grund hätte ein kollektives Projekt mit den Sendern der französischen und italienischen Schweiz keine Chance gehabt.

Ein Konzept für eine sprachübergreifende Sendung muss deshalb von Grund auf neu erarbeitet werden. Konkrete Pläne existieren jedoch noch keine. “Wir diskutieren mit unseren Partner-Sendern über eine solche Zusammenarbeit”, sagt Chantal Bernheim, Direktorin im Bereich Unterhaltung und Gesellschaft des Westschweizer Fernsehens TSR.

swissinfo, Etienne Strebel

1. Sendung: 700’000 Zuschauer.
Halbfinal: 1,15 Mio. Zuschauer.
Einschaltquote Tagesschau: 988’000.
Im Ausland sank die Sehbeteiligung bei weiteren Staffeln jeweils stark.
Entscheid für zweite Staffel frühestens in drei Wochen.

Music Star basiert auf dem Showkonzept “Starmania” des österreichischen Fernsehens ORF.

Erste Runde: Aus rund 3000 Bewerbenden qualifizieren sich 24 Kandidaten für die zweite Runde.

Zweite Runde: Das Fernsehpublikum bestimmt in 3 Qualifikations-Sendungen die zehn Finalistinnen und Finalisten.

Finale: Das 8-teilige Finale begann am 4. Januar und endet am 21. Februar.

Teilnahmebedingungen:

Das Mindestalter für die Wettbewerbsteilnahme beträgt 16 Jahre.

Nur Personen mit Schweizer Nationalität oder Niederlassung C können teilnehmen.

Verlangt werden gute Deutschkenntnisse. Ausserdem sollte Mundart verstanden werden.

Die Teilnehmenden durften noch keinen Plattenvertrag haben.

Die Talente mussten sich zwischen Anfang Dezember und Ende Februar vollzeitlich auf ihr “Music Star”-Training konzentrieren können.

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