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Die Cinémathèque kämpft um ihre Filmschätze

Vielen Filme des Filmarchivs droht der Zerfall. Keystone

Das Schweizer Filmarchiv verlangt vom Bund mehr Geld, um die grosse Sammlung von alten und seltenen Filmen zu retten. Viele von ihnen befinden sich im Zustand der chemischen Zersetzung.

Der Bund will die Pläne für einen Ausbau des Archivs bisher aber nicht unterstützen, denn es fehle am nötigen Geld, so die Begründung.

Die Cinémathèque – das Filmgedächtnis der Schweiz – droht aus allen Nähten zu platzen. In den Räumen in der Nähe von Lausanne lagern rund 65’000 Filme. Viele davon sind seltene Kopien oder gar einmalige Originale. Die Räumlichkeiten des Schweizer Filmarchivs sind damit eine wahre Schatzkammer der siebten Kunst.

Die Freude über die Preziosen der Leinwand sind jedoch nicht ungetrübt. Viele der Kopien sind vom Zerfall bedroht. Einige sind sogar schon unrettbar verloren. Denn rund 10% der Schätze wurden auf Rollen auf Nitratbasis hergestellt, eine Substanz, welche sich nach einigen Jahrzehnten auflöst.

Hervé Dumont, der Direktor der Cinémathèque, hatte deshalb bereits 1996 Alarm geschlagen. Aber Sparmassnahmen machen seine Bemühungen zu einem Wettlauf gegen die Zeit.

Die dringend nötige Restaurierung der gefährdeten Filme sei sehr teuer, so Dumont gegenüber swissinfo. Das ist aber nur ein Problem. “Eines der grössten Hindernisse für eine Konservierung der Filme sind die ungeeigneten Lagerräume”, so der Direktor. Deshalb bedürfe es neuer und geeigneter Archivräume, was aber nur mit Bundeshilfe möglich sei.

“Die Archivierung der Filme ist genau so wichtig wie diejenige von Bildern oder Büchern in einer National-Galerie oder National–Bibliothek”, ist Dumont überzeugt.

Bern blockt ab

Die Cinémathèque plant einen Neubau, wo das Filmgut unter geeigenten Bedingungen archiviert werden kann. Das Projekt ist auf 15 Mio. Franken veranschlagt.

Das Gesuch um finanzielle Unterstützung ist aber bisher vom Bund abgelehnt worden. Bern wisse den Wert des Filmarchivs nicht zu schätzen, kommentiert Dumont.

“Das Bundesamt für Kultur (BAK) unterstützt uns zwar, aber die anderen Administrationszweige sehen die Wichtigkeit des Films nicht.” Dumont weist darauf hin, dass das Kino die Ausformung der Gesellschaft in den letzten 110 Jahren wesentlich beeinflusst habe.

Struktur ist das Problem

Der Bund bestreitet rund drei Viertel der Ausgaben des nationalen Filmarchivs, was pro Jahr etwa 2 Mio. Franken ausmacht. Die Cinémathèque ist als private Stiftung organisiert. Und genau da liege der Grund, weshalb der Bund die Archiv-Erweiterung nicht mittragen wolle, so BAK-Direktor David Streiff.

“Es ist schade, dass die Cinémathèque in der Vergangenhgeit nicht versucht hat, unter die Fittiche des Bundes zu gelangen”, bedauert Streiff. Lange Zeit habe die Stiftung stark um ihre Unabhängigkeit gekämpft, und jetzt, wo dies nicht mehr passend sei, habe sie in Bern angeklopft.

Wäre das Filmarchiv eine Institution des Bundes, käme sie leichter in den Genuss von Subventionen, so Streiff. Angesichts des Loches in der Bundeskasse wäre dies aber auch dann nicht einfach.

Er unterstütze zwar das Filmarchiv, so Streiff weiter. Schwierig sei aber, das Finanzministerium von der Notwendigkeit eine Beitrags für die Cinémathèque-Erweiterung zu überzeugen.

Lösungssuche



Streiff schägt vor, dass der Bund der Cinémathèque das Land für den Erweiterungsbau zur Verfügung stellen soll. Ebenso hat sein Bundesamt die Baupläne überprüft, um zu sehen, ob und wo allenfalls Kosten eingespart werden können.

Sonst, so Streiff, drohe dem Projekt ein Fristen auf der langen Bank, bis sich das wirtschaftliche Klima in der Schweiz wieder aufhelle.

swissinfo, Joanne Shields
(Übersetzung aus dem Englischen: Renat Künzi)

Das Schweizer Filmarchiv wurde 1943 in Basel gegründet.
Nachdem Basel die Unterstützung eingestellt hatte, zog das Archiv 1948 nach Lausanne.
Seit 1981 ist die Cinémathèque eine private Stiftung, wird aber zu zwei Dritteln vom Bund finanziert.
Seit 1996 ist Hervé Dumont Direktor. Er startete sofort ein Programm zur Erhaltung und Restaurierung der archivierten Filme.

In Lausanne warden nicht nur Schweizer Filme archiviert, sondern auch ausländische Produktionen, die in der Schweiz gedreht wurden.

Rund 10% der 65’000 Filme sind auf Nitratbasis, eine Substanz, welche sich mit der Zeit auflöst.

Die Filme müssen in besonders klimatisierten Räumen mit genau bestimmten Lichtverhältnissen gelagert werden.

Deshalb will die Cinémathèque einen Neubau errichten, der rund 15 Mio. Franken kosten soll.

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