Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Die Schweiz – ein Einwanderungsland

Die grosse Mehrheit der Ausländer zweiter Generation geben eine der Landessprachen als Hauptsprache an. Keystone Archive

Die laufend publizierten Zahlen der Bevölkerungsstatistik weisen darauf hin: Die Schweiz ist und bleibt faktisch ein Einwanderungsland.

Die ausländischen Staatsangehörigen zieht’s dabei vor allem in die Städte.

Im Jahr 2000 lebten im Kanton Zürich rund 281’000 Ausländerinnen und Ausländer – 50’000 Personen ausländischer Staatsangehörigkeit mehr als noch vor zehn Jahren. Grund für den Zuwachs ist nicht nur eine steigende Zuwanderung, sondern auch eine höhere Geburtenrate der ausländischen Bevölkerung.

Mit 22,5 % lag der Ausländeranteil des Kantons Zürich Ende 2000 2% über dem gesamtschweizerischen Durchschnitt.

Die Ausländerinnen und Ausländer in Zürich stammen aus insgesamt 173 Ländern, die meisten davon (86 %) aus Europa. Neu ist die stärkste ausländische Bevölkerungsgruppe im Kanton Zürich seit Ende der 90-er Jahren nicht mehr diejenige der Italiener, sondern jene der Personen aus den jugoslawischen Nachfolgestaaten. Jeder vierte ausländische Zürcher kommt aus einem dieser Staaten.

Die wichtigste nicht-europäische Herkunftsregion ist Asien. Mit 2,6 % sind die Zürcher aus Sri Lanka der grösste Bevölkerungsanteil.

Multikulturelle Städte

Den grössten Anstieg des Ausländeranteils verzeichneten die stadtnahen Arbeitsplatzregionen des Kantons Zürich. Und auch in der Stadt Zürich selbst wuchs der Anteil ausländischer Mitbewohner um 5 auf 29,3 %.

Für grosse und kritische Analysen – zum Beispiel die Frage der Ghettoisierung von Ausländern in betongeprägten Vorstädten – sei es noch zu früh, sagen die Statistiker, weil die detaillierten Auswertungen der Volksbefragung 2000 bisher nur auf nationaler Ebene erfolgt seien, nicht auf kommunaler. So können zum Beispiel auch keine Parallelen zwischen Einkommen, Wohnsituation und Staatsangehörigkeit erhärtet werden.

Auf kommunaler Ebene weiss man bisher nur, dass die ersten drei Ausländerstädte mit über 50% Ausländeranteil in der Westschweiz und im Tessin liegen. Die Deutschschweiz folgt erst auf Platz vier, mit 47,1% ausländischer Bevölkerung im Zürcher Vorort Spreitenbach (Kanton Aargau). Am meisten Ausländer im Kanton Zürich hat es in Schlieren, das unmittelbar an die Stadt Zürich grenzt.

Klar ist aber ein nationaler Trend: Nicht nur in Zürich, sondern in allen urbanen Regionen der Schweiz ist der Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung höher als in den ländlichen Regionen. Gerade auch die grenznahen Städte Basel und Genf haben einen doppelt so hohen Anteil wie der Schweizer Durchschnitt.

Am wenigsten Multikulturalität gibt es in den Zentralschweizer Kantonen: Am tiefsten liegt der Anteil anderer Staatsangehöriger im Kanton Uri mit rund 8%.

Neue Phase mit bilateralen Verträgen

Die Einwanderung in die Schweiz war immer konjunkturabhängig. Mit den bilateralen Verträgen und der kompletten Freizügigkeit sei eine neue Phase eingeläutet worden, sagt Marcel Heiniger, Experte für Bevölkerungs-Entwicklung beim Bundesamt für Statistik.

Nach ersten Zahlen habe die Zahl der Zuwanderung infolge der bilateralen Verträge jedoch nicht zugenommen, und auch für die Zukunft sehen die Statistiker keine Anzeichen für eine eklatante Zunahme.

Schweiz höchster Ausländeranteil

Im europäischen Vergleich weist die Schweiz mit 20% einen um 10 bis 15 % höheren Anteil an ausländischen Staatsangehörigen auf. Deutschland spricht von knapp 10 % Ausländern, Schweden von 5%.

Nur Luxemburg und Liechtenstein haben mehr ausgewiesene Ausländer als die Schweiz. Solche Zahlen könne man schlecht vergleichen, sagt Marcel Heiniger. Es komme darauf an, wie die Zahlen in den einzelnden Ländern erhoben werden. Einen ähnlich hohen Ausländer-Anteil weist aber zum Beispiel Kanada aus.

“Faktisch ist die Schweiz ein Einwanderungsland” sagt der Bevölkerungsexperte Heiniger, auch wenn dies politisch noch nicht anerkannt werde.

Neue Schweizer braucht das Land

Wirtschaftlich ist die Schweiz – und sind andere westeuropäische Länder – auf die ausländischen Mitbewohner angewiesen, so die Statistiken und Studien. Laut der Untersuchung “Replacement Migration” der UNO steht in Europa das Verhältnis der erwerbstätigen Bevölkerung zur pensionierten Bevölkerung in keinem Verhältnis.

Auch in der Schweiz ist dies nicht anders. Die Geburtenrate in der Schweiz wäre ohne die ausländische Zuwanderung und ohne Kinder der Zuwanderer nicht stabil, sondern markant rückläufig. Gerade im Kanton Zürich geht die am Dienstag publizierte Zunahme des Ausländeranteils vor allem auch auf die Zweitgenerationen zurück.

Ein Viertel der sogenannten Ausländer in der Schweiz sind denn auch Kinder von Zuwanderern, die in der Schweiz geboren wurden und hier aufgewachsen sind.

swissinfo, Anita Hugi

Statistische Zahlen Zürich:
Die Zuwanderer aus den Nachfolgestaaten Jugoslawiens stellen zum ersten Mal die grösste Ausländergruppe Zürichs. Jeder vierte Ausländer ist aus dem ehemaligen Jugoslawien
Auf Platz zwei die ehemals stärkste Ausländerfraktion: Italien
Platz drei der Zuwanderer in der Schweiz: Deutschland (11,1%)
Die grösste nicht-europäische Herkunfstregion ist Asien

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft