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Wenn das Fremde problematisiert wird

Menschen - Schweizer und Ausländer in einem Zürcher Tram auf dem Heimweg. Keystone

In der Schweiz herrscht ein raues Klima in der Diskussion über die Asyl- und Ausländer-Politik: Darüber ist auch die Eidgenössische Ausländer-Kommission besorgt.

In Krisenzeiten nimmt die Fremdenfeindlichkeit generell zu, sagt Soziologieprofessor Kurt Imhof.

In allen Regionen des Landes werde zur Zeit das Fremde problematisiert, bestätigt Kurt Imhof, Professor für Publizistikwissenschaft und Soziologie an der Uni Zürich, gegenüber swissinfo. “In Krisenphasen verbreitet sich der Trend zu weniger Toleranz gegenüber dem Fremden”, so Imhof.

Polemik im Wahljahr

Jetzt zeigt sich auch die Eidgenössische Ausländerkommission (EKA) “schockiert”, dass in der politischen Diskussion vermehrt Zerrbilder von Ausländern als “Parasiten” der Gesellschaft gezeichnet würden.

Als Beispiel werden Rayonverbote für ganze Bevölkerungs-Gruppen, die Forderung, Asyl Suchenden die Handy wegzunehmen oder ein Inserat der Zürcher SVP, das einen vermeintlich arbeitsscheuen Ausländer in einer Hängematte zeigt, aufgeführt. Die EKA warnt davor, die Fortschritte der Integration im Wahljahr kurzfristigen politischen Interessen zu opfern.

Dies umso mehr, als in diesem Jahr mit den Revisionen des Ausländergesetzes, des Bürgerrechts-Gesetzes sowie des Asylgesetzes wichtige Meilensteine in der Migrations-Politik zur Debatte stehen, wie EKA-Vizepräsident Walter Schmid vor kurzem betonte. Deren Verbesserungen dürften nicht “dem Klima des Wahljahres” geopfert werden, sagte Schmid.

Für Soziologie-Professor Imhof versprechen politische Parteien wie die SVP in Krisenzeiten einfache Lösungen: “Sie greift zu klaren Schwarz-Weiss-Positionen und die sind gerade in Phasen der Orientierungslosigkeit äusserst beliebt.” Das gehöre zum politischen Geschäft, dass man mit Problemen-Bewirtschaftung Resonanz auslöse.

Handorgel-Effekt

Die Fremdenfeindlichkeit werde in der Schweiz überdurchschnittlich stark zunehmen, befürchtet Soziologieprofessor Imhof. Dies weil sich die Schweiz in diesem besonderen Kontext “Wahljahr und Orientierungskrise” befinde.

“Wir haben es hier mit einem Handorgel-Effekt zu tun”, sagt Imhof. “In Krisenphasen nimmt die Toleranz ab und in Phasen des Zukunft-Vertrauens oder der Orientierungs-Sicherheit nimmt die Problematisierung des Fremden wiederum ab.”

Integration fördern

Zur Zeit leben 7,2 Millionen Menschen in der Schweiz. “Rund eine Million Ausländerinnen und Ausländer leisten wertvolle Beiträge an den Aufbau unseres Landes”, sagt EKA-Präsident Francis Matthey.

2003 widmet sich die Kommission vorrangig dem Zugang zum Arbeitsmarkt und damit laut EKA einem der Schlüsselbereiche für die Integration.

Unter der ausländischen Bevölkerung sei die Arbeitslosenquote mit 6,4 Prozent deutlich höher als im Landesdurchschnitt. Die EKA will deshalb verstärkt mit den Sozialpartnern, den Intergrationsstellen von Gemeinden und mit Bundesstellen zusammenarbeiten. Sie will Empfehlungen im Hinblick auf den erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt vorlegen und entsprechende Projekte fördern.

swissinfo, Alina Kunz Popper

Ende 2001 lebten 1,5 Mio. Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz
Das machten 21,2% der Wohnbevölkerung aus

Die EKA setzt sich für die Förderung des Zusammenlebens der ausländischen und einheimischen Bevölkerung ein.

Dieses Jahr steht das Thema Integration in die Arbeitswelt im Vordergrund.

Die Kommission will sich vertieft mit Konzepten beschäftigen, welche Ausländern den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern.

Seit Beginn im Jahr 2001 wurden 500 Projekte unterstützt, im Durchschnitt mit rund 40’000 Franken.

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