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Die Schweiz erneuert ihr Parlament

Am 19. Oktober werden die Sitze neu verteilt. Keystone

Wie alle vier Jahre bestimmen die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger diesen Herbst ihr Parlament neu. Die Wahlen finden am 19. Oktober statt.

Die Gesamterneuerungswahlen betreffen alle Mitglieder des Nationalrats und eine Mehrheit des Ständerats.

Die Wahlen sind jeweils der wichtigste Termin im politischen Kalender der Schweiz: An diesem Tag bestimmt das Stimmvolk seine Vertreterinnen und Vertreter in Bern.

Da die Schweiz kein System der direkten Präsidentschaftswahlen wie etwa die USA oder Frankreich kennt, werden die Mitglieder der Regierung (Bundesrat) vom Schweizer Parlament bestimmt. Man spricht daher von einer halbdirekten Demokratie.

Das Parlament hat mehr Macht, als in vergleichbaren Demokratien, da es auch über die Zusammensetzung (Zauberformel) des Bundesrats bestimmen kann.

Demografischer und politischer Spiegel

In der Schweiz entspricht jeder Kanton einem eigenen Wahlkreis. Die Stimmberechtigten können daher ihre Stimme nur Politikerinnen und Politikern geben, die in ihrem Wohnkanton eingeschrieben sind. Dies gilt auch für die Schweizerinnen und Schweizer im Ausland.

Die Erneuerungswahlen in die grosse Kammer (Nationalrat, Volkskammer oder Abgeordnetenkammer) finden in jedem Kanton gleichzeitig am 19. Oktober statt.

Die grosse Kammer repräsentiert die Gesamtheit des Schweizerischen Volkes. Die Aufteilung der Sitze geschieht nach dem demografischen Gewicht der Kantone, d.h. ihrer Wohnbevölkerung. Änderungen in der Verteilung werden nötigenfalls alle zehn Jahre vorgenommen – aufgrund der jeweils neusten Volkszählung.

Die grosse Kammer zählt immer gleich viele Sitze, nämlich 200. Jeder Sitz steht für 35’000 Bewohnerinnen und Bewohner eines Kantons. Damit stellen die bevölkerungsreichsten Kantone auch die meisten Abgeordneten.

Die Anzahl variiert von Kanton zu Kanton. So stellt der Kanton Uri nur eine Person, während 34 Personen aus dem Kanton Zürich kommen, der die grösste Bevölkerung aufweist.

Für die Nationalratswahlen 2003 erhalten drei Kantone je einen zusätzlichen Sitz: Schwyz, Freiburg und Waadt. Dafür stellen die drei Kantone Basel-Stadt, Bern und Appenzell Ausserrhoden je eine Volksvertreterin oder einen Volksvertreter weniger.

Sitze im Verhältnis zu Stimmen

Weil bei Wahlen in die grosse Kammer das Proporz-System angewandt wird, können auch kleinere Parteien zu Sitzen kommen, die nicht in der Landesregierung vertreten sind (so genannte Nicht-Regierungsparteien).

Das Proporzsystem hat zum Ziel, eine möglichst gerechte Vertretung der einzelnen Parteien zu erreichen, die den erhaltenen Stimmen entspricht.

Die Idee dieses Wahlsystems: Grundsätzlich stimmen die Wählenden für eine Partei und erst in zweiter Linie für eine Person.

Zuerst werden die Parteistimmen ausgezählt, also die Parteistärke festgestellt. Anhand dieser Parteistärke werden die Sitze auf die Parteien verteilt. Innerhalb der Parteien sind dann die Kandidierenden mit den meisten Stimmen gewählt.

Bleibt anzumerken, dass die kleinen Parteien bei diesem System nur in grösseren Kantonen eine echte Chance haben, da diese über mehr Sitze verfügen.

Erneuerung auch der kleinen Kammer

Die Wahlen der Vertreterinnen und Vertreter der Stände (Ständerat, Kantonskammer, kleine Kammer oder Senat) unterstehen den Kantonen. Diese können den Wahltermin selber festlegen.

Diesmal haben praktisch alle Kantone diesen Termin auf den 19. Oktober festgesetzt, den Tag der Erneuerungswahlen des Nationalrats. Damit wird die Mehrheit der Schweizer Stimmberechtigten an diesem Tag gleichzeitig ihre Volks- und Kantonsvertreter bestimmen.

Bei den Ständeratswahlen spielt die Einwohnerzahl eines Kantons keine Rolle. Jeder Kanton hält zwei, jeder Halbkanton einen der 46 Sitze. Im Ständerat haben die Kantone Uri und Zürich daher das gleiche Gewicht.

Der Ständerat hat die Aufgabe, die Interessen der Kantone gegenüber dem Staat wahrzunehmen. Die Kantonsvertreter sind jedoch an keine Instruktionen von Seiten der Kantone gebunden.

Da pro Kanton höchstens zwei Parlamentarierinnen oder Parlamentarier in den Ständerat gewählt werden können, haben die kleinen Parteien hier praktisch keine Chance. Der aktuelle Ständerat setzt sich denn auch nur aus Mitgliedern der vier Regierungsparteien zusammen.

Traditionellerweise wird der Ständerat als konservativer als der Nationalrat eingeschätzt. Doch dieses Image trifft heute immer häufiger nicht mehr zu. Denn meistens unterscheiden sich die Meinungen im Ständerat nicht gross von denen im Nationalrat.

swissinfo, Olivier Pauchard und Christian Raaflaub

Nationalrat: 200 Mitglieder
Davon Frauen: 48 (24%)
Häufigste Berufe: Bauer: 23, Jurist: 20, Berater: 20
Durchschnittsalter Nationalrat: 51 Jahre
Ständerat: 46 Mitglieder
Davon Frauen: 9 (19,5%)
Durchschnittsalter Ständerat: 54 Jahre

Von den rund 600’000 Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern haben sich 100’000 im Stimmregister eingetragen. Über 80’000 von ihnen nehmen an Abstimmungen und Wahlen teil.

Sie wählen in der Gemeinde, bei welcher sie im Stimmregister eingetragen sind, ausser in den Kantonen Luzern, Basel und Genf, in denen sie sich direkt beim Kanton registrieren lassen müssen. Im Kanton Waadt werden alle Auslandschweizer in Lausanne registriert.

Als Stimmgemeinde stehen einer ausgewanderten Person die Heimatgemeinde und alle früheren Wohnsitz-Gemeinden in der Schweiz zur Auswahl.

Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer stimmen eher links vom Durchschnitt. So haben sie zum Beispiel die Solidaritätsstiftung angenommen.

Die Schweizer im Ausland wurden im Wahlbarometer 03 nicht erfasst. Jedoch wurde kürzlich eine separate Studie zu ihrem Wahlverhalten veröffentlicht, die im Auftrag der Auslandschweizer-Organisation (ASO) und swissinfo erfolgt war.

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