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Ein Juwel der Schweizer Hotel-Tradition in Rom

Das Hotel Hassler (oben rechts) an privilegierter Lage an der Spanischen Treppe in Rom. Hotel Hassler Roma

Das Luxushotel Hassler gilt als erste Adresse Roms und als eines der besten Hotels in ganz Europa. In dritter Generation wird es von der Familie Wirth geleitet. Die Schweizer Wurzeln des Hauses reichen ins 19. Jahrhunderts zurück.

In Rom mit seinen mittelalterlichen Palästen, Renaissance-Villen und barocken Kirchen gehört das Hotel Hassler sicherlich nicht zu den schönsten Gebäuden der Stadt. Und doch ist wohl kein anderes Hotel so häufig abgelichtet oder gemalt worden wie das Hotel Hassler.

Das liegt ganz einfach an seiner Position: Es befindet sich am oberen Ende der berühmten Spanischen Treppe und gleich neben der Dreifaltigkeitskirche. Unwillkürlich landet die Hotelfassade auf unzähligen Fotos von Touristen oder ist Teil von Gemälden dieses romantischen Winkels der ewigen Stadt.

Die Faszination verdankt der Bau in erster Linie seiner traumhaften und privilegierten Lage. Vom Hügel Collina del Pincio geniesst man einen atemberaubenden Blick auf die Altstadt Roms, den Fluss Tiber und die Kuppel des Petersdoms. Während des Sonnenuntergangs färbt sich der Horizont gelb und rot.

Dieses Panorama lässt sich von den Suiten und Terrassen des Hotels in vollen Zügen geniessen. Etliche gekrönte Häupter, Präsidenten, Schauspieler und gut betuchte Geschäftsleute haben sich dies nicht entgehen lassen.

Ursprünge in Graubünden

Die Geschichte dieses Hotels beginnt indes Mitte des 19.Jahrhunderts in einem armen Dorf im Kanton Graubünden, als Alberto Hassler im Alter von 15 Jahren beschloss, sein Dasein als Schäfer aufzugeben und sein Glück in Neapel zu versuchen. Dort arbeitete er zuerst in einem Laden der Caflisch, einer Bündner Familie, die sich zusammen mit den Familien Caviezel und Kleinguti mit Konditoreien in ganz Italien einen Namen gemacht hatte.

Auch der junge Hassler ist unternehmungslustig. 1868 eröffnet er unter seinem Namen ein erstes Restaurant in Neapel, bald darauf eines in Catania (Sizilien), wo er auch das Grand Hotel übernimmt. Und schliesslich eröffnet er 1893 das Hotel Hassler in Rom. Das Haus wird schon bald ein Symbol für die neue wirtschaftliche und touristische Blüte der jungen italienischen Hauptstadt.

Das Haus bleibt bis 1921 unter der Leitung der Familie Hassler-Nistelweck. In diesem Jahr kreuzt sich die Geschichte von Alberto Hassler mit derjenigen der aus Bayern und der Zentralschweiz stammenden  Hotelier-Dynastie Bucher-Wirth. Franz-Josef Bucher hatte seine Karriere 1868 begonnen, als er eine Fabrik für Parkett und Holzbau in der Nähe Luzerns gegründet hatte.

Er wurde zum Pionier für den Bau von Bergbahnen in der Schweiz. Unter anderem erstellte er die Stanserhornbahn am Vierwaldstättersee, die Standseilbahn auf den San Salvatore bei Lugano oder den Lift auf den Bürgenstock. Auch die Tramlinie von Genua wurde von seiner Firma gebaut.

Aufstieg zu internationaler Bekanntheit

Die grosse Leidenschaft von Franz-Josef Bucher waren aber Hotels: 1873 eröffnet er das Grand Hotel Bürgenstock bei Luzern, das erste einer langen Liste von Hotels, die er baute oder erwarb. Es folgten das Park Hotel und das Hotel Palace ebenfalls auf dem Bürgenstock; dann das Alberto Minerva und das Quirinale in Rom, das Grand Hotel Palace von Lugano, das Hotel Euler in Basel, das Palace in Luzern, das Hotel Palace in Mailand sowie das Semiramis in Kairo.

1890 sandte Franz-Josef Bucher seinen Schwiegersohn Heinrich Wirth nach Rom, um die Leitung des Albergo Minerva und später des Hotel Quirinale zu übernehmen, übrigens das erste Hotel Roms mit Lift, Zentralheizung sowie Bädern in allen Gästezimmern. 1921 übernimmt Sohn Oscar die Direktion des Hotels Hassler und erwirbt das Haus einige Jahre später.

1939 entscheidet Oscar Wirth, das Hotel umzubauen und den neuen Bedürfnissen der Gäste anzupassen. Während des Zweiten Weltkriegs droht das Projekt zu scheitern. Nur dank des Schutzes der Schweizer Lega in Rom kann es durchgesetzt werden. Doch kurz nach dem Ende der Renovation macht die US-Armee das Haus zu ihrem Headquarter für Italien.

Erst 1947 wird das Haus als Hotel wiederöffnet. Und es beginnt eine Epoche, in der das Haus zu internationalem Ruhm gelangt, der bis heute anhält. Das Hotel wird zu einem beliebten Ort für gekrönte Häupter, Industriemagnaten, Politiker und Showgrössen.

Die Kundschaft stammt hauptsächlich aus Europa und den USA. Und sie liebt es, sich über längere Zeit im Hotel einzumieten, um das Leben in der italienischen Kapitale zu geniessen. Nach dem Tod von Oscar Wirth geht das Hotel zuerst an die Witwe Carmen über und gelangt schliesslich in die Hände von Sohn Roberto.

Leidenschaft und Disziplin

Roberto wurde taub geboren. Und so erschien er nicht unbedingt geeignet, eines der besten Hotels der Welt zu führen. “Mein Vater sprach mehrere Sprachen und war ein Perfektionist. Als ich 12 Jahre alt war, sagte er mir: Du kannst diese Arbeit machen, aber man muss mit den Kunden sprechen und das Personal führen. Da war ich sehr enttäuscht, aber das Hotel war tief in meinem Herzen verwurzelt. Und das Haus  war meine Leidenschaft. Ich habe die Arbeit meines Vaters beobachtet, bis ich so weit war, das Haus zu leiten”, erzählt Roberto Wirth, der es trotz seines Handicaps geschafft hat, sich in mehreren Sprachen auszudrücken.

“Ich denke, dass mir meine Schweizer Wurzeln geholfen haben: ein starker Charakter, Disziplin und ein gewisser Perfektionismus, auch wenn ich die absolute Perfektion nicht erreiche”, fügt Oscar Wirth an.

Dies mag stimmen, doch der einzige taube Manager eines Luxushotels auf der Welt hat sein Haus nahe an die Perfektion gebracht. Zumindest entsteht dieser Eindruck, wenn man das Ambiente des Hotels, die Wahl der Möbel und die Qualität des Service betrachtet. Auch die zahlreichen Auszeichnungen sprechen für sich, darunter der Preis als “Bester unabhängiger Hotelier der Welt 2005”.

Diese Auszeichnung lässt sich in gewisser Weise auch als Auszeichnung für die Schweizer Hoteliers-Tradition lesen, welche Ende des 19.Jahrhundert erfolgreich nach Italien exportiert wurde. So wie das Hotel Hassler und das Quirinale sind viele weitere Hotels der italienischen Kapitale seit dem 19.Jahrhundert von Schweizer Hoteliers gegründet und geführt worden, darunter das Hotel Eden, das Giuseppe Ciacieri gehört, dessen Urgrossvater der erwähnte Alberto Hassler war, oder das Hotel Locarno. Es sind zwei der besten Häuser Roms. Auch das Hotel Pace-Helvetia, die Pension Suisse oder die ehemalige Pension Pfister stehen in dieser Tradition.

Soldaten, Handwerker, Künstler, Architekten, Banker, Hoteliers, Konditoren: In den vergangenen Jahrhunderten haben viele Schweizer in den unterschiedlichsten Berufen wichtige Spuren in Italien hinterlassen.

Im Dossier “Schweizer Spuren in Italien” lädt swissinfo.ch seine Leserinnen und Leser ein, einige Geschichten und Zeugnisse der helvetischen Emigration nach Italien zu entdecken.

Das Hotel Hassler wird 1892 eröffnet und zuerst vom Bündner Alberto Hassler und seinem Schwiegersohn Francesco Nistelweck geleitet.

Ab 1921 wird es von der Familie Bucher-Wirth geleitet, die ihre Ursprünge in der Zentralschweiz und in Bayern hat.

Seit 2001 steht das Hotel vollständig unter der Direktion von Roberto Wirth, der die dritte Generation der bekannten Hotelierfamilie repräsentiert.

Das Luxushotel verfügt über rund 90 Zimmer und Suiten. Die teuersten Luxussuiten kosten rund 4000 Euro pro Nacht. Mehr als 120 Personen sind im Hotel beschäftigt.

Die Gäste des Hotels stammen seit Jahrzehnten überwiegend aus den USA. Nach den Amerikanern folgen Russen, Italiener, Engländer, Deutsche, Brasilianer und Schweizer.

In mehr als 100 Jahren hat das Hotel Hassler unzählige Persönlichkeiten beherbergt.

Darunter die US-Präsidenten Dwight Eisenhower, Ronald Reagan, Gerald Ford und George Bush, Staatsoberhäupter wie Jacques Chirac, Regierungschefs wie Helmut Kohl und Margaret Thatcher.

Auch Künster wie Pablo Picasso, Charlie Chaplin, Gabriel Garcia Marquez, Oliver Stone machten im Hassler Station.

Dort stiegen auch Stars wie Audrey Hepburn, Tom Cruise, Antonio Banderas, Robin Williams, George Cloney, Frank Sinatra, die Beatles, Sting oder Madonna ab.

Auch Multi-Milliardär Bill Gates zählt zu den Gästen.

(Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob)

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