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Ende eines Flirts

Martin Ebner sorgt für Unruhe. Keystone Archive

Als Martin Ebner 1997 seine BZ Bank von Zürich nach Freienbach zügelte, herrschte in Schwyz eitel Sonnenschein. Seit er sich aber in die Finanzpolitik des Kantons einmischt, hat sich das Verhältnis abgekühlt.

Der BZ-Umzug sorgte in Zürich für Unmut. Selbst Bürgerliche warfen dem Banker eine unsolidarische, verwerfliche Haltung vor. Im Kanton Schwyz dagegen protestierte nur gerade die SP vor dem BZ-Domizil gegen den «Steuer-Flüchtling».

Im ohnehin steuergünstigen Schwyz stellte die Bank des mehrfachen Milliardärs gleich ein Gesuch um Steuererleichterung. Als die SP danach die Abschaffung von Steuerabkommen forderte, verteidigte Finanzdirektor Franz Marty das Instrument. Es werde in Schwyz nur «zurückhaltend und verantwortungsvoll» angewendet.

Die Rechnung schien aufzugehen. Ende 1998 errechnete die Schwyzer Kantonalbank eine Steigerung der Wertschöpfung im Kanton um sieben Prozent; ohne die BZ wären es nur zwei Prozent gewesen.

Ebners Steuergemeinde Freienbach erzielte in der Folge derartige Überschüsse, dass das Eigenkapital zur Last wurde. Mehrmals senkte sie die Steuern, wurde die steuergünstigste Schweizer Gemeinde. Mutwillig macht sie heute Schulden, um das angehäufte Eigenkapital abzubauen.

Schwyz soll Steuern halbieren

Das gefiel Ebner, und er empfahl das Modell auch dem Kanton. Öffentlich kritisierte er die Finanz- und Fiskalpolitik. Schwyz schwimme in Festgeldern, obwohl der Staat gar keine eigene Mittel brauche. Ebner-Tipp: Halbierung des Steuerfusses.

Um Breitenwirkung besorgt, beglückte der Banker alle Haushaltungen mit einer 16-seitigen Broschüre. Titel: «Kantonsfinanzen – Was jeder Schyzer Stimmbürger wissen sollte».

Finanzdirektor Marty – inzwischen auf Distanz zum umtriebigen Mann mit der Fliege – bezeichnete die Forderung als «radikale Phantasie». Ebner kenne nur ein Ziel: möglichst tiefe Steuern. Gesellschaftliche und politische Zusammenhänge dagegen klammere er aus.

Als Finanzdirektor verwalte er nicht ein Privatunternehmen, sondern ein Gemeinwesen. Dieses könne man nicht wie eine Firma führen. Es gebe einen Verfassungsauftrag und Gesetze. «Wir müssen das Gemeinwohl im Auge behalten», sagte Marty gegenüber dem «Boten der Urschweiz».

Entrüstung im Muotathal

Ins Fettnäpfchen trat Martin Ebner auch, als er im Frühling seine Werbetour fürs Aktiensparen in Muotathal startete. Den Einheimischen beschied er, ihre Holz- und Möbelindustrie habe ausgedient. Sie sollten gefälligst umstellen.

Das löste im Tal, wo die Holzverarbeitung dominiert, einen Sturm der Entrüstung aus. Ebner habe das Maul zu voll genommen, sagte Gemeindepräsident Ernst Betschart. Die Brüskierung der Bevölkerung sei unverantwortlich. Auch warf man dem Financier vor, er sei auf diesem Gebiet gar nicht kompetent.

So schuf sich Ebner auch unter Bürgerlichen Gegner. Besonders brisant ist etwa die Kritik, die der Kantonsrat und ehemalige FDP-Kantonalpräsident Johann Späni in einem Leserbrief im «Höfner Volksblatt» erhob.

Er warf dem Banker vor, er futiere sich um das auf Solidarität beruhende Sozialsystem. Gleichzeitig profitiere er aber davon. Seine Mutter lebe in einem Alterszentrum, das von einer privaten Stiftung und von der Gemeinde getragen werde.

swissinfo und Agenturen

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