Euro 08: Kein Gesetz gegen Schmarotzer-Werbung

Für die Fussball-EM gibt es doch kein Gesetz gegen Schmarotzer-Werbung. Die Schweizer Regierung macht einen Rückzieher und geht nicht auf die Forderungen der UEFA ein.
Die Forderung der EM-Veranstalterin UEFA war in der Vernehmlassung auf grosse Ablehnung gestossen.
Eigentlich hatte die Schweizer Regierung eine Änderung im Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geplant.
Im Visier hatte sie Unternehmen, die mit der Fussball-Europameisterschaft 08 für ihre Produkte werben, aber weder Sponsoren sind, noch von der EURO-08-Veranstalterin, der UEFA, eine Erlaubnis dafür haben.
Die UEFA hatte beim Bundesrat eine Bestimmung gegen Schmarotzer-Werbung – auch Ambush- oder Trittbrettfahrer-Marketing genannt – für die EURO 08 verlangt.
Diese hätte aber allgemeingültige Wirkung gehabt, und wäre somit auch nach der Fussball-Europameisterschaft in Kraft geblieben.
Beeinträchtigung der Werbefreiheit
Doch die Vorbehalte gegen diesen Vorschlag der UWG-Revision waren mannigfaltig: Es könne nicht sein, dass die Regierung auf Wunsch eines mächtigen Sportverbandes ein Gesetz erlasse, wurde in der Vernehmlassung argumentiert. Auch werde mit der Revision die Werbe- und Wirtschaftsfreiheit beeinträchtigt.
Weiter hielten eine grosse Mehrheit der Kantone und alle Parteien die Revision schlicht für unnötig. Gegen Täuschung gebe es im UWG eine Generalklausel, unter die auch Schmarotzer-Werbung fallen würde.
Dieser Ansicht ist auch die Landesregierung. Mit einem Spezialtatbestand wollte der Bundesrat aber für mehr Rechtssicherheit sorgen.
Schliesslich wurde in der Vernehmlassung festgehalten, dass die Leidtragenden einer solchen Revision kleine und mittlere Unternehmen seien. Diese könnten sich ein Sponsoring nicht leisten und seien deshalb darauf angewiesen, auf die EURO 08 verweisen zu dürfen.
Am Mittwoch nun beugte sich die Regierung dem Druck der Gegner und verzichtete auf eine Revision des UWG. Sie will aber die Schmarotzer-Werbung beobachten und die gesammelten Erfahrungen in die bundesrätliche Strategie für Sport-Grossveranstaltungen einfliessen lassen.

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Vernehmlassung
UEFA nimmt Entscheid zur Kenntnis
Die UEFA nehme zur Kenntnis, dass die Regierung zur Zeit von einer Anpassung des UWG absehe, sagte Martin Kallen, Geschäftsführer der EURO 2008 SA. Trotzdem hätten klarere Richtlinien betreffend Marketingaktivitäten Gerichten und Akteuren mehr Rechtssicherheit geboten.
Der Entscheid der Regierung liege auf der Linie des Dachverbandes Schweizer Werbung (SW), sagte Marc Schwenninger, Rechtskonsulent der SW. «Für die Kommunikations- und Werbewirtschaft ist der Entscheid positiv, weil an den bisherigen Grundsätzen nicht gerüttelt wird», sagte Schwenninger.
Eine Gesetzesänderung hätte einen massiven Eingriff auf die Freiheit der kommerziellen Kommunikation bedeutet, fügte er an.
Gewerbe klar gegen Revision
Aufatmen auch beim Schweizerischen Gewerbeverband (SGV). «Der SGV hat sich von Anfang an klar gegen diese Gesetzesänderung gestellt», sagte Sprecher Patrick Lucca.
Sie hätte vor allem kleine und mittlere Unternehmen betroffen. «Für das Gewerbe, beispielsweise eine Bäckerei oder eine Metzgerei, wäre es sehr unangenehm gewesen», sagte er.
swissinfo und Agenturen
182 Mio. Fr. öffentliche Gelder sind bislang für die Euro 2008 gesprochen worden.
Der grösste Einzelposten, 64,4 Mio. Fr., geht an die Sicherheit.
18 Mio. Fr. werden eingesetzt für die Verbesserung der Stadion-Infrastruktur in den vier Austragungsstädten Basel, Bern, Genf und Zürich.
Weitere 24,7 Mio. Fr. fliessen ins Marketing.
Die Fussball-Europameisterschaften werden in der Schweiz und Österreich vom 7. bis 29. Juli 2008 ausgetragen.
Das Turnier ist eines der weltweit populärsten Sportereignisse.
Fast 5 Milliarden Menschen verfolgten die Spiele 2004 in Portugal – davon befand sich rund ein Viertel in Asien.

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