Börse auf Jahrestiefst

Die abgelaufene Börsenwoche brachte bis am Freitag ein Jahrestiefst bei den Schweizer Indices und erstmals seit Februar 2000 eine Euro-Dollar-Parität.
Die Aktienbörsen zeigten sich zum Wochenende international schwer angeschlagen, die schlechte Stimmung will nicht weichen. In der Schweiz gingen die Kurse am Freitag erstmals seit 1997 bei einem SMI-Indexstand von unter 5000 aus dem Handel (- 5.6% gegenüber dem Vortag, -11,2% gegenüber der Vorwoche).
Im berüchtigten September 2001 – nach dem Anschlag auf das World Trade Center – war der Index zwar tagsüber sogar auf 4973,5 Punkte gefallen. Doch der Schlussstand erreichte auch in jenem schwierigen Monat immer Werte von über 5000 Punkten.
Preiszerfallend wirkte auch der Verfall vieler Optionen (Anrechte auf Aktienkauf zu einem bestimmten Preis) am Freitag. Der SPI, ein breiterer Aktienindex als der SMI, verlor gegenüber dem Vortag 5,19% und beendete die Woche auf 191,6 Punkten.
SMI: Innert Jahresfrist minus 28%
Das Vertrauen in Aktien als Anlageform bleibe angeschlagen, kommentieren die Börsenleute. Dementsprechend grösser war das Interesse der Käufer an festverzinslichen Obligationen, deren Renditekurve stieg. In Amerika hat der S&P 500-Index seinen seit mehr als einem Jahrzehnt etablierten Aufwärtstrend in der vergangenen Woche nachhaltig durchbrochen, schreibt der Aktien-Newsletter von Christian Ernst Frenko.
Konjunktur, Bilanzskandale, Dollarschwäche
Kam es zu Kurserholungen, waren sie technischer Art (Shorteindeckungen). Aber zu weiteren Aktienkäufen aus Überzeugung kam es nicht. Die Vertrauenskrise ist dreifach: Man zweifelt an den Konjunkturaussichten, fürchtet weitere Bilanzskandale und fragt sich, wie es mit dem Dollar weitergeht.
Am Freitag rankten sich die Bilanzgerüchte um AOL Time Warner, über den die US-Medien berichteten. Andererseits sind immer mehr Unternehmen in der Zwischenzeit so ehrlich, um zuzugeben, dass sie nicht imstande sind, Prognosen für das laufende und das nächste Jahr abzugeben.
«Zurich» allen voran
Als Tagesverlierer Nummer 1 in der Schweiz wird die Zurich Financial Services mit einem Minus von 11,2% genannt, gefolgt von der Rentenanstalt (-8,5%). Swiss Re verloren 5,2%, Bâloise 4,3%. Sogar die sonst stabilen Pharma/Chemie-Werte mussten Federn lassen. Auch Credit Suisse Group und UBS gaben deutlich nach.
Der deutsche DAX-Index verlor 166 Punkte und endete auf 3934, der französische CAC 40 verlor122, der englische FTSE 100 verlor 162 Punkte.
Euro-Dollar-Parität
Wie turbulent die vergangene Woche auch in den Devisenmärkten zu und her ging, zeigt die Anfang Woche seit Februar 2000 wieder zustande gekommene Parität von Euro und Dollar. Die Parität wird eher der Dollarschwäche als einer strukturell begründeten Eurostärke zugeschrieben. Gegenüber dem Franken pendeln nun beide Leitwährungen auf einem Niveau von 1.44 und 1.45.
Wirtschaftsdaten nicht so schlecht
In der realen Wirtschaft sieht es demgegenüber gar nicht so schlecht aus. Die Schweizer Handelsbilanz verschlechterte sich im ersten Halbjahr 2002 nur um 2% – erstaunlich wenig. Im EU-Raum zeigt sich die Industrieproduktion ebenfalls von der besseren Seite. Und der starke Euro lässt Inflation schon gar nicht aufkommen.
Alexander P. Künzle und Agenturen

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