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Die Zahl der Unwettertoten steigt

Von der Aare überflutetes Matte-Quartier im unteren Teil der Stadt Bern. Keystone

In der Schweiz wächst die Anzahl der Opfer: Das Unwetter verursachte bisher vier Tote, zwei Vermisste und rund 2500 Evakuierte.

Tausende von Feuerwehr-, Armee- und Zivilschutz-Angehörigen bemühen sich, die Wassermassen abzulenken, die aus den Seen und Flüssen über die Ufer treten.

Die verheerenden Überschwemmungen der letzten Tage haben bisher mindestens vier Menschen das Leben gekostet, zwei weitere werden vermisst. In Brienz (BE) wurde eine Person getötet und eine zweite schwer verletzt, als der Glyssibach acht Häuser fortriss.

In der Zücher Gemeinde Dürnten wurde am Dienstagmorgen ein Mann tot aus dem Dorfbach geborgen. Und in Graubünden wird seit Dienstagmorgen eine Spaziergängerin vermisst. Sie wurde bei Küblis im Prättigau von einem Baumstamm getroffen und in die Landquart gerissen.

Schon in der Nacht auf Montag waren in Entlebuch (LU) zwei Feuerwehrmänner im Einsatz ums Leben gekommen. Damit könnte sich die Zahl der Unwettertoten in der Schweiz auf sechs erhöhen.

Primär die Zentralschweiz und der Kanton Bern betroffen

Vom Hochwasser weiterhin betroffen sind in erster Linie der Kanton Bern und die Zentralschweiz. In Richtung Süden, von Küssnacht nach Goldau, musste die A4 wegen einer Schlammlawine in Goldau erneut gesperrt werden.

Eine Weiterfahrt ist nach der Ausfahrt Goldau nicht mehr möglich, wie die Behörden mitteilten. Weiterhin gesperrt bleibt die A4 zwischen Goldau und Brunnen, und zwar in beiden Richtungen. Auch die Axenstrasse sowie diverse andere Strassen bleiben geschlossen.

Wieder offen ist hingegen die Kantonsstrasse nach Brunnen: Die beiden Brücken über die Muota sind wieder befahrbar.

Luzern: Bald Rekordstand vom Jahr 1910 erreicht?

Besonders dramatisch ist die Lage in der Stadt Luzern. Dort ist der See über die Ufer getreten, der Pegelstand überschritt bereits die Hochwassermarke von 1999. Der Krisenstab rechnet damit, dass das Hochwasser bis auf 435,25 Meter steigen und damit den Rekordstand von 1910 erreichen könnte.

Auch Flüelen und Amsteg stehen unter Wasser. Viele andere Gemeinden in der Zentralschweiz sind zudem von Erdrutschen bedroht. Engelberg (OW) ist nur noch aus der Luft zu erreichen.

Uri: Schwerverkehr gestoppt

Laut den Behörden wurde die Autobahn A2 im Kanton Uri wegen Schäden an einem Viadukt bei Attinghausen gesperrt. Für den Schwerverkehr gilt die Phase Rot. Die Klausenpass-Strasse ist schwer beschädigt worden.

Auf der Nationalstrasse A2 im Kanton Uri ist die Durchfahrt für den Transit-Schwerverkehr nicht mehr möglich.

Im Kanton Bern hat zwar der Regen in weiten Kantonsteilen aufgehört. Die Zuflüsse zu den grossen Seen führen dadurch etwas weniger Wasser, dennoch steigen zur Zeit die Seepegel weiter an.

Region zwischen Thuner- und Brienzersee unter Wasser

Im Berner Oberland stehen weite Teile von Interlaken unter Wasser. Hunderte von Kellern in der Region zwischen dem Thuner- und Brienzersee wurden überschwemmt.

Der Thunersee hatte am Dienstag Vormittag die Marke von 559,05 Metern über Meer erreicht und der Pegel stieg weiter. Der Anstieg verlangsamte sich mit 2,5 Centimetern pro Stunde merklich.

Der Pegel der Brienzersees lag bereits am Morgen 30 Zentimeter über dem Höchstwert von 1999.

Auch Pässe sind gesperrt

Die Strassen in Interlaken, Matten, Unterseen, Bönigen und Wilderswil wurden überflutet. Grindelwald und Lauterbrunnen sind von der Umwelt abgeschnitten.

Die Autobahn A8 am linken Brienzersee-Ufer ist ganz gesperrt. Da auch die Pässe Brünig, Grimsel und Susten gesperrt waren, blieben Brienz und das Oberhasli von der Umwelt abgeschlossen.

Am Bielersee hat der Pegel die Schadengrenze überschritten und liegt rund 30 Zentimeter über dem Höchstwert von 1999. In Biel hat das Wasser Teile der Hafenanlage und der Strandboden-Promenade unter Wasser gesetzt.

Unverändert präsentiert sich die Situation im Berner Mattequartier. Nachdem der Wasserstand vorübergehend etwas zurückgegangen war, erreichte er in der Zwischenzeit wieder den Maximalstand.

Unterengadin und Prättigau

Im Graubünden mussten im Unterengadin und im Prättigau zahlreiche Wohnhäuser aus Sicherheitsgründen evakuiert werden.

Die Prättigauerstrasse, der Flüelapass, die Strasse zwischen Lavin und Scuol im Engadin und mehrere Nebenstrassen mussten gesperrt werden. Gesperrt wurde zudem die Strecke Zernez – Scuol-Tarasp.

Auf dem Streckennetz der Rhätischen Bahn wurde der Autoverlad Vereina aus Sicherheitsgründen eingestellt.

Ostschweiz: Unterschiedlich betroffen

In der Ostschweiz haben die heftigen Regenfälle auch in der Nacht auf Dienstag angedauert. Betroffen waren vor allem die Gemeinden Weesen (SG) und Schänis (SG).

Etwas weniger angespannt war die Lage in Appenzell Innerrhoden. Die Sitter schwoll innerhalb von 24 Stunden um 1,50 Meter an, erreichte den Höchststand aber am Montagabend. In Appenzell-Ausserrhoden dagegen bleibt die Lage kritisch.

Aus dem Kanton Thurgau wurden trotz Hochwasser der Sitter bisher keine grösseren Schäden gemeldet.

Zürich-Chur unterbrochen

Wegen Hochwasser und Erdrutschen bleiben weiterhin auch viele Bahnstrecken unterbrochen, darunter die Verbindungen Richtung Süden. Die Gotthardstrecke bleibt wegen eines Erdrutsches zwischen Brunnen und Sisikon für mehrere Tage unterbrochen.

Kaum befahrbar ist der Bahnhof von Ziegelbrücke, die Strecke Zürich-Chur ist unterbrochen. Laut SBB gibt es zahlreiche weitere gesperrte Linien, besonders in der der Innerschweiz und im Berner Oberland.

swissinfo und Agenturen

Die Glückskette leistet aus ihrem «Unwetter Schweiz»-Fonds Unterstützung in Härtefällen.

Zudem hat sie das Sammelkonto für Spenden zugunsten der Opfer des Hochwassers eröffnet. PC-Konto 10-15000-6, Vermerk «Unwetter Schweiz».

Auch die Schweizer Berghilfe hat ein Sammelkonto eröffnet: PC-Konto 80-32443-2.

Das Schweizerische Rote Kreuz und die Caritas haben je 100’000 Franken zur Unterstützung der Hochwasser-Geschädigten freigegeben.

Als Folge der seit dem Wochenende anhaltenden Regenfälle und Überschwemmungen haben bisher vier Personen den Tod gefunden, Tausende mussten evakuiert werden.
Seit 1970 haben Naturkatastrophen insgesamt rund 100 Menschenleben gefordert.
Die von Über-Schwemmungen, Erdrutschen und Lawinen ausgelösten Schäden haben in den letzten 30 Jahren schätzungsweise neun Milliarden Franken betragen.

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