Forderung nach neuer Welthandelsrunde

Führende Vertreter aus Industriestaaten und aufstrebenden Ländern haben sich für eine neue multilaterale Handelsrunde im Rahmen der WTO ausgesprochen. Damit soll der Stillstand in der WTO überwunden werden, der seit Seattle die Organisation lähmt.
Die Lage sei derzeit nicht ausgewogen, sagte WTO-Generaldirektor Mike Moore am Samstag (27.01.) auf dem Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos. Der Status quo sei der Kompromiss von gestern.
Nach Ansicht von EU-Kommissar Pascal Lamy müsste der Handel in Zukunft sicherer werden. Ausserdem sollten Umweltanliegen und Gesundheitsfragen eingebunden werden. Solche Fragen könnten nur in einer neuen Handelsrunde gelöst werden.
Der südafrikanische Handels- und Industrieminister Alec Erwin sagte, wenn es in diesem Jahr keine neue Handelsrunde gebe, bestehe die Gefahr, dass das multilaterale Handelssystem auseinanderfalle. Dann würde wieder das Faustrecht gelten: Die stärkeren Länder würden schneller laufen und die schwächeren noch weiter zurückfallen.
Warnung vor Regionalismus
Besorgniserregend sei der gegenwärtige Trend zu regionalen und bilateralen Handelsabkommen, sagte EU-Kommissar Lamy. Zwar könnten auch regionale Vereinbarungen zu Handelsliberalisierung führen; Handelsabkommen seien aber wie Steine: «Wenn sie wahllos verstreut sind, werden sie zu Stolpersteinen.», mahnte der stellvertretende japanische Aussenminister Yoshiji Nogami.
«Wenn nicht alle Bausteine gleich sind, kann man kein Haus bauen». Deshalb müssten die regionalen Handelsabkommen unter das Dach der WTO passen. Der ehemalige WTO-Generaldirektor Renato Ruggiero befürchtet, dass regionale Abkommen immer mehr Ungleichgewichte herbeiführen könnten.
Entwicklungsländer besser einbinden
Aus dem gescheiterten WTO-Gipfel in Seattle habe man die Lehre gezogen, dass die Entwicklungsländer besser in das Welthandelssystem eingebunden werden müssen, sagte EU-Kommissar Lamy.
WTO-Generaldirektor Moore sprach sich dafür aus, den Entwicklungsländern mehr Spielräume zu geben, damit sie sich verbessern könnten. «Es muss uns allen gut gehen, den Grossen und den Kleinen.»
Enttäuschung bei Entwicklungsländern
Gegen eine Ausweitung der Themen sprach sich der Direktor von Third World Network, Martin Khor aus: «Wir brauchen keine Handelsrunde mit neuen Themen», welche die WTO noch mächtiger machten. Wenn alle neuen Themen einbezogen würden, würde die Welthandelsorganisation (WTO) zu einer Weltwirtschaftsorganisation (WTC).
Zuerst müssten die alten Versprechungen der Uruguay-Runde umgesetzt werden. Die Entwicklungsländer seien vor allem über die Bereiche Landwirtschaft und Textilindustrie enttäuscht, sagte Khor.
swissinfo und Agenturen

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