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Mit Hormon-Zusatz hergestellt

Nicht nichtsagend, sondern für den Konsumenten verständlich, soll die Herkunft und Produktionsweise von Lebensmitteln ausgewiesen werden. Keystone

Die Regierung soll die Deklaration von untersagten Produktions-Methoden vorantreiben. Es geht vor allem um Lebensmittel, die importiert werden.

Beispiel: Aus China wurden im Jahr 2000 weit über 12’000 Tonnen Pouletfleisch in die Schweiz importiert. Dabei wurde dem Schweizer Konsumenten, der Konsumentin verschwiegen, dass dieses Pouletfleisch mit Antibiotika oder Hormonen “beschleunigt produziert” worden war. Das ist in der Schweiz verboten. Dem einheimischen Produzenten erwachsen deshalb Wettbewerbs-Nachteile, da einheimisches Pouletfleisch teurer ist, weil aufwändiger produziert. Ganz abgesehen vom problematischen gesundheitlichen Aspekt für die Konsumierenden.

Eine Motion der Berner SP-Nationalrätin und Präsidentin der Schweizerischen Stiftung für Konsumentenschutz (Titel: “Gleiche Chancen für Schweizer Nahrungsmittel”), Simonetta Sommaruga, verlangt nun, dass importierte Produkte aus in der Schweiz verbotenen Produktions-Methoden deklariert werden müssen. Der Nationalrat hat die Motion an den Bundesrat überwiesen. Stimmt ihr nun auch noch der Ständerat zu, so ist sie verbindlich und die Regierung muss einen Gesetzes- oder Beschlussesentwurf vorlegen oder eine Massnahme zu treffen.

Zu dieser Forderung passt, dass der Grossverteiler Coop am 22. Februar das chinesische Pouletfleisch aus dem Sortiment gestrichen hat. Grund: Die Antibiotika-Grenzwerte waren zu hoch. Bislang wusste aber kaum jemand, dass die chinesischen Hühner mit Antibiotika behandelt und gemästet werden.

Das soll nun künftig auf der Packung Pouletschenkel oder Pouletbrust stehen müssen. Wie Simonetta Sommaruga gegenüber swissinfo erklärte, könnte folgendermassen deklariert werden: “Herkunftsland: China. Dieses Fleisch wurde mit leistungsfördernden Antibiotika hergestellt.” Das Beispiel “Poulet” zeigt, wie es bei allen andern Produkten auch sein soll. Von Ananas aus Caracas bis Salami aus Italien.

Deklaration kostet

Die Gegner einer solchen Deklarations-Pflicht – vor allem die Grossverteiler – verweisen auf die Kosten und die Bürokratie einer solchen Regelung. Dort will man das Problem über den Markt lösen. Wenn die Schweiz höhere gesetzliche Vorschriften für Lebensmittel kennt, dann soll dafür geworben werden können und der Konsument solle dann entscheiden, ob er das Schweizer Produkt will oder dasjenige aus dem Ausland.

“Deklaration und Information ist nicht gratis”, sagt Nationalrätin Sommaruga. Das Beispiel mit dem Pouletfleisch aus China zeige aber, dass sich der Aufwand lohne. Und wenn der Markt entscheiden soll, dann müsse man auch den Konsumenten informieren. “Und zwar so, dass er es versteht, nicht mit irgendwelchen kleinstgedruckten medizinischen Floskeln, sondern im Klartext”, meint Sommaruga.

Kein Nachteil für die Dritte Welt

Der Schweizer Bauernverband (SBV) und die Vereinigung Kleiner und Mittlerer Bauern (VKMB) sind wie die Stiftung für Konsumentenschutz für die in der Motion verlangte Deklarationspflicht. Die Schweizer Bauern argumentieren, das Verlangte sei keine Absage an die Regeln des Wettbewerbes. Im Gegenteil: “Die Forderungen der Motion Sommaruga sind ein Schritt zu einem vollkommeneren Wettbewerb in einem transparenten Markt”, sagt Herbert Kach der Geschäftsführer der VKMB.

Kach und Peter Hegglin, Vizepräsiden beim SBV sind hier einer Meinung: “Die Bauern in der Schweiz sind willens die hohen schweizerischen Anforderungen an die Produktion zu erfüllen, verlangen aber eine korrekte Deklaration der Importprodukte, damit sie auf den Märkten nicht durch billiger produzierte Importe ausgehebelt werden.”

Den Einwand, damit würden die Schweizer Bauern die Märkte auch der Dritten Welt als Konkurrenz ausschalten und nur ein reiches Land könne sich auch hohe Standards leisten, lässt Simonetta Sommaruga nicht gelten: “Auch wir sind für die Öffnung der Märkte für Drittwelt-Länder und die können umweltgerecht produzieren, das habe ich eben bei einem Besuch in Afrika wieder gesehen.”

Nachhaltigkeit helfe auch den Produzenten der Dritten Welt, indem ihre Böden nicht einer kurzfristigen Produktionspolitik zum Opfer fallen. “So gesehen hilft meine Motion – die Produktionsmethoden zu deklarieren – auch den Bauern in der Dritten Welt” , sagt Sommaruga.

Urs Maurer

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