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Steuerentlastungen für Unternehmen kommen vors Volk

Die Unterschriften wurden am Montag im Bundeshaus deponiert. Keystone

Gegen die Unternehmenssteuer-Reform ist ein Referendum mit über 65'000 Unterschriften eingereicht worden. Die Abstimmung ist voraussichtlich im nächsten Februar.

Weil die Reform Investoren und Unternehmen entlasten und Risikokapital fördern soll, haben Gewerkschaften, Linke und Grüne das Referendum ergriffen. Sie kritisieren die Reform als unsozial.

Ein immer grösserer Teil des in der Schweiz erzielten Einkommens werde nicht oder bloss zum Teil besteuert, sagte Hans-Jürg Fehr, Präsident der Sozialdemokratischen Partei (SP), vor den Medien.

Das sei eine krasse Bevorzugung gegenüber den Einkommensarten Lohn und Rente, die zu 100% besteuert würden. Es herrsche “Steuerungerechtigkeit”.

SP und Gewerkschaften wollten mit ihrem Referendum dieser “Begünstigungspolitik” für 40’000 Grossaktionäre einen Riegel schieben, sagte Andreas Rieger, Vizepräsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB).

Denn schliesslich seien es die Lohnabhängigen mit tiefen Einkommen, die dafür die Zeche bezahlen müssten.

Von unten nach oben

“Oben wird mit der grossen Kelle angerichtet und unten wird geknausert”, sagte Rieger. Die Früchte des wirtschaftlichen Aufschwungs gehörten in die Tasche jener, die das Wachstum erarbeitet hätten. Deshalb seien nicht die Gutverdienenden zu privilegieren.

Neben der SP Schweiz und dem SGB gehören dem Referendumskomitee die Grüne, die Evangelische und die Christlichsoziale Partei sowie die Erklärung von Bern (EvB), die globalisierungskritische Bewegung Attac Schweiz und die Vereinigung aktiver Senioren- und Selbsthilfe-Organisationen der Schweiz (Vasos) an.

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Referendum

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Das (fakultative) Referendum erlaubt Bürgerinnen und Bürgern, das Volk über ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz entscheiden zu lassen. Falls das Referendumskomitee innerhalb von 100 Tagen 50’000 gültige Unterschriften bei der Bundeskanzlei einreichen kann, kommt es zu einer Abstimmung. Falls das Parlament Änderungen in der Bundesverfassung vornimmt, kommt es zu einem obligatorischen Referendum. Beim fakultativen Referendum…

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Wirtschaft beleben

Die Unternehmenssteuer-Reform soll nach dem Willen des Parlaments Investoren und Unternehmen entlasten, Risikokapital fördern und damit die Wirtschaft beleben.

Nach Meinung des Referendumskomitees sind das “Steuergeschenke an die Grossaktionäre”. Reichtum werde damit von unten nach oben umverteilt.

Loch von 400 Millionen

Kernpunkt der Reform ist die Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung: Heute werden über die Gewinnsteuer erst die Unternehmen und dann über die Einkommenssteuer beim Aktionär auch die Dividenden voll besteuert.

Die Folge: Gewinne werden nicht ausgeschüttet und neu investiert, sondern in der Firma gehortet.

Die Unternehmenssteuer-Reform mildert das Problem mit einer Teilbesteuerung der Dividenden: Beim Bund werden die Dividenden im Geschäftsvermögen künftig nur noch zu 50% besteuert, im Privatvermögen zu 60%. Vorausgesetzt wird jeweils eine Beteiligung von mindestens 10% am Kapital.

Der Bundesrat beziffert die Ausfälle für den Fiskus bei der Dividendenbesteuerung auf jährlich 405 Millionen Franken. Dem Bund entgingen nur 56 Millionen. Insgesamt 349 Millionen verlören indessen die Kantone, wenn sie alle das Regime des Bundes übernähmen.

swissinfo und Agenturen

Vertreter von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und Wirtschaftsverbände machen sich stark für die Unternehmenssteuer-Reform.

Sie haben zeitgleich mit der Einreichung des Referendums eine Kampagne zugunsten der Reform gestartet.

Heute seien KMU durch die Doppelbesteuerung benachteiligt, hiess es. Diese verhindere oder erschwere Unternehmensnachfolgen, verhindere Investitionen und verteuere unternehmerische Neuausrichtungen.

Die Unternehmenssteuer-Reform schaffe hier Abhilfe und trage so auch zur Arbeitsplatzsicherheit in der Schweiz mit. Die Steuerausfälle würden in kurzer Zeit durch die positiven Wachstumseffekte der Reform ausgeglichen.

Sozialdemokratische Partei

Grüne Partei

Evangelische Volkspartei

Partei der Arbeit

Christlichsoziale Volkspartei

Schweizerischer Gewerkschaftsbund

Travail.Suisse

Erklärung von Bern

Attac Schweiz

Vereinigung aktiver Senioren- und Selbsthilfe-Organisationen der Schweiz

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