Streit zwischen Sulzer AG und Sulzer Medica

Streit im juristischen Hüftgelenk-Debakel: Die Sulzer AG will sich am Vergleich der ehemaligen Tochter Sulzer Medica mit keinem Rappen beteiligen.
Der Technologie-Konzern Sulzer AG weist jede Mitverantwortung an den fehlerhaften Gelenk-Implantaten zurück. Die alleinige Verantwortung für das Debakel liege bei Sulzer Orthopedics (eine Tochter von Sulzer Medica), teilte Sulzer am Dienstag mit.
Die seit Sommer dieses Jahres vollständig von Sulzer abgenabelte Tochter hatte letzte Woche Druck auf den früheren Mutterkonzern gemacht. Sulzer solle sich finanziell am Vergleich mit den US-Klägern beteiligen. Dagegen wehrt sich der Sulzer-Konzern nun vehement.
Der offene Streit war durch Sulzer-Medica-Chef Stephan Rietiker und den Anwalt Richard D. Scruggs lanciert worden: Die Sulzer AG drohe aus dem Vergleich zu kippen, falls sie das bestehende Angebot von 780 Mio. Dollar nicht durch einen eigenen Beitrag erhöhe.
Kompromisslose Zurückweisung
Nachdem die Sulzer AG diese Forderungen bereits letzte Woche zurückgewiesen hatte, doppelt der Konzern nun nach: Alle Forderungen, die über einen allfälligen Verzicht auf eigene Versicherungs-Ansprüche hinausgingen, würden kompromisslos zurückgewiesen, hiess es in einer Erklärung.
Gemeint ist die Versicherungs-Abdeckung von 400 Mio. Franken, die ganz in die Vergleichskasse der Sulzer Medica fliessen sollen. Der Sulzer-Konzern sei grundsätzlich dazu bereit, im vorgeschlagenen Vergleich mit den klagenden Patienten auf seine Rechte an den Versicherungs-Leistungen zu verzichten. Bedingung sei aber, dass der Konzern ebenso wie die Sulzer Medica vor weiteren Klagen geschützt werde.
Unverständnis
Verwaltungsrat und Konzern-Leitung der Sulzer AG hätten mit Unverständnis vom Vorwurf der Sulzer Medica Kenntnis genommen, wonach Sulzer eine Mitverantwortung für die Produktionsfehler trage. Seit dem Börsengang von 1997 sei Sulzer Medica eine rechtlich selbständige Einheit und habe strategische und operative Entscheide unabhängig gefällt.
Laut Sulzer wurde der Konzern als damaliger Hauptaktionär erst im Dezember 2000 von Sulzer Medica über die ölverschmutzten Hüftgelenke und die Rückruf-Aktion informiert. Zu diesem Zeitpunkt habe Sulzer Medica schon volle Kenntnis über die Tragweite des Rückrufs gehabt. Dennoch sei die vertragliche Vereinbarung von 1997 erneuert worden, die Sulzer AG von allen aus dem Medizinalbereich stammenden Schadenersatz-Forderungen freizustellen.
Die Sulzer-Aktionäre würden eine finanzielle Beteiligung am Vergleich nicht goutieren, sagte Konzernsprecher Markus Niederhäuser. Die Entscheidung über einen rechtlichen Durchgriff der Klagen auf die Sulzer AG läge bei den US-Gerichten. Sulzer schaue dem aber wegen der bestehenden Schaden-Schutzerklärung gelassen entgegen. «Diese ist für uns sakrosankt», sagte Niederhäuser.
Das Gegenteil behauptet Sulzer Medica:Die Vertragspartner von Sulzer und Sulzer Medica seien 1997 bei der Unterzeichnung der Schaden-Schutzerklärung praktisch identisch gewesen, sagte Medica-Sprecher Andy Bantel. «Hier hat einer mit seinem Alter Ego einen Vertrag abgeschlossen». Die Chancen für ein Zustandekommen des Vergleichs seien intakt. Auch mit Sulzer bestehe weiterhin Kontakt.
swissinfo und Agenturen

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