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Swiss in ungemütlicher Lage

Die Swiss-Flotte wächst mit der Einführung der neuen Embraer 170, trotz der Probleme der Fluggesellschaft. [Bild: swiss.com] Martedì la compagnia presenta i nuovi velivoli Embraer 170. Ma problemi di gestione non sono risolti (foto: swiss.com)

Nach einem überraschend klaren Start ist die Swiss in Turbulenzen geraten. Technische Probleme, Personal-Engpässe und schwierige Lohnverhandlungen schaden dem Image.

Wegen technischen Problemen mussten im letzten Monat über 240 Flüge annulliert werden. Auch bleiben rund 200 Stellen beim Flugpersonal unbesetzt. Und am Dienstag platzten dann noch die Lohnverhandlungen zwischen der Swiss und den Piloten der ehemaligen Crossair. Die Piloten-Vertreter erschienen gar nicht erst zu einem Verhandlungstermin.

Mitte Juni hatte ein Schiedsgericht bestätigt, dass die Regional-Piloten der ex-Crossair im Vergleich zu den Interkontinental-Piloten der ex-Swissair lohnmässig diskriminiert würden. Diesen Missstand will der Pilotenverband der ex-Crossair, Swiss Pilots, aus der Welt schaffen (siehe Link).

Die von der Swiss gebotenen 16% Lohnerhöhung – zusätzlich zu den 28% Erhöhung die sie 2001 erhielten – genügen den ex-Crossair-Piloten nicht, da sie immer noch weniger verdienen würden als ihre Kollegen der ehemaligen Swissair. Die Aussage des Swiss Pilots-Präsidenten David Bieli, der dadurch in Gefahr gebrachte Businessplan der Swiss sei für seinen Verband «irrelevant» heizte die Lage zusätzlich an.

Aeropers distanziert sich

Aeropers, der Verband der ehemaligen Swissair-Piloten, will über ihren Lohn nicht mehr diskutieren. «Wir haben einen GAV, der bis 2005 läuft. Darin haben wir einer Lohnreduktion von 35% und einem Stellenabbau zugestimmt. Dabei haben wir uns an den Businessplan gehalten», erklärte Aeropers-Sprecher und Vorstandsmitglied Ben Bosshardt gegenüber swissinfo.

Überrissene Forderungen

Der Bund, grösster Minderheitsaktionär der Swiss, meldete sich besorgt zu Wort. Der Sprecher des Eidgenössischen Finanz-Departements, Daniel Eckmann, warnte vor unerfüllbaren Forderungen der früheren Crossair-Piloten, welche den Erfolg der ganzen Fluggesellschaft in Frage stellten.

Für Beobachter scheint der Disput aber nicht unüberwindbar. «Lohn-Verhandlungen werden immer sehr emotional geführt, besonders nach Fusionen, wenn Personen zu verschiedenen Bedingungen angestellt sind», sagt Hilary Cook, Analystin bei der Barclays Bank in London gegenüber swissinfo.

Notlandungen und Pannen

Besondere Bauchschmerzen dürfte der Swiss die Pannen-Serie der letzten Wochen bereiten. Spezielle Aufmerksamkeit erlangte die Bruchlandung einer Saab 2000, die bei einer Notlandung ihr Fahrwerk verlor. Die Maschine befand sich auf dem Flug von Zürich nach Berlin.

Swiss-Sprecher Manfred Winkler bestätigte ausserdem Berichte der Sonntagspresse, wonach im letzten Monat 240 Flüge ausgefallen seien (das sind 0,15% aller Flüge). Davon sei die Mehrzahl auf technische Probleme zurückzuführen. Swiss hat eine Task-Force eingesetzt, um der Pannen-Serie auf die Spur zu kommen. Deren Bericht soll innerhalb einer Woche vorliegen (siehe Link).

Flug-Experte Sepp Moser sieht die Pannen besonders auf das Image der Swiss abfärben. «Passagiere erwarten zuverlässigen, sicheren Lufttransport zu einem guten Preis. Swiss ist immer noch sicher, aber nicht mehr zuverlässig und nicht mehr günstig.»

Fehlendes Personal

Letzte Woche gab Swiss bekannt, dass ihr immer noch rund 200 Angestellte beim Flugpersonal fehlen. Den Engpass erklärte die Airline damit, dass das Swiss-Personal gegenwärtig Ferien einziehe.

Beobachter machen auch Frühpensionierungen während dem Aufbau der Swiss und wenig attraktive Löhne für Einsteiger verantwortlich.

Discount- statt Choice-Airline?

Solche Probleme verdunkeln die Aussichten der neuen Schweizer Airline. Swiss zeigt sich jedoch zuversichtlich: Im ersten halben Jahr seit ihrer Gründung habe sie 5,2 Mio. Passagiere transportiert. Die Sitze seien
durchschnittlich zu zwei Dritteln ausgelastet. Dieser Wert liege über den Erwartungen.

Flug-Experte Moser gibt aber zu bedenken, dass diese 66% Sitzauslastung gegenwärtig unter dem europäischen Durchschnitt liegen. Längerfristig könne die Swiss ihre Sitze nicht zum Discount-Tarif füllen, wie sie das derzeit tue.

Analystin Cook wertet die Zahlen als deutliches Zeichen, dass die Swiss ihre Marktnische finde. Sie weist aber ebenfalls darauf hin, dass die Fluglinie viele ihrer Sitze zu Niedrig-Tarifen fülle. Das werde sich sich auf das Betriebsergebnis der Swiss auswirken.

swissinfo

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