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SWX-Liebe am Ende

Viele Firmen schrecken zurzeit vor einem Börsengang zurück. Die SWX dürfte deshalb die kritische Grösse von 50 Titeln auch dieses Jahr nicht erreichen. Keystone

Der neue Schweizer Markt, die Wachstumsbörse SWX, steckt nach zwei Jahren in der Krise: die Anleger haben das Vertrauen verloren, die Unternehmen wagen keinen Börsengang und die Banken fordern eine Neuausrichtung.

«Der New Market scheint derzeit praktisch tot», umreisst Max Bolanz, der Geschäftsführer des Zürcher VZ Vermögenszentrums, die Situation. Aufgrund schlechter Erfahrungen hätten sich Anleger weitgehend zurückgezogen. Auch das SWX-Management ist ernüchtert: «Die Entwicklung ist enttäuschend», bilanziert Robert Wyss, Chef des Swiss New Market.

Massiver Kurseinbruch

Wie bei ausländischen Technologie-Börsen liessen der Vertrauensverlust und die Technologie-Krise die Kurse fast ins Bodenlose stürzen. Der Swiss-New-Market-Index (SNMI), der vor zwei Jahren mit 1’000 Punkten gestartet und im März 2000 auf das Rekordhoch von über 2’400 Punkten geklettert war, zeigte am Donnerstag (19.07.) gerade noch 638 Punkte an. Sein historisches Tief hatte der SNMI am vergangenen Dienstag mit 637 Punkten erreicht.

Ex-Lieblinge günstig zu haben

Einstige Börsenlieblinge wie die Denkfabrik Thinktools oder die Internetfirma Day, die im Frühling 2000 den Anlegern zu spektakulären Rekordgewinnen verholfen hatten, sind heute nur noch Bruchteile ihrer damaligen Preise wert. Thinktools hatte 93% eingebüsst, Day 85%.

Der Börsenwert aller SNM-Firmen (derzeit 6,1 Mrd. Franken) ist seit dem Höchststand vom letzten September (15,7 Mrd. Franken) um 9,6 Mrd. Franken gesunken.

Trotzdem stehe das Überleben des New Market nicht auf dem Spiel, betont SWX-Chef Wyss. Im Vergleich zu anderen Wachstums-Märkten wie dem Deutschen Neuen Markt, der seit Januar über 56% einbüsste, stehe der Swiss New Market nicht schlecht da.

Keine Börsengänge mehr

Auf Grund der drohenden Kursverluste schrecken Firmen vor einem Börsengang (Initial Public Offering, IPO) zurück. Seit letztem November hat sich kein Unternehmen am Swiss New Market kotiert.

New-Market-Chef Wyss schliesst nicht aus, dass in diesem Jahr kein einziges Unternehmen dem New Market beitreten wird. Im besten Fall rechne er mit drei Börsengängen bis Ende Jahr. Damit dürfte das 16 Firmen zählende Börsensgement die kritische Grösse von 50 Titeln auch dieses Jahr nicht erreichen.

Zu tiefe Anforderungen

Als Grundfehler des New Market nannte VZ-Chef Bolanz zu niedrige Hürden für IPO-Kandiaten. «Firmen sollen erst ein paar Jahre mit privatem Risikokapital arbeiten, bevor sie sich dem Börsenpublikum öffnen», fordert er.

Banken unzufrieden

Die bislang aktivste IPO-Bank im New Market, die Privatbank Vontobel, hat entsprechende Konsequenzen gezogen: «Auf Grund der veränderten Marktbedingungen setzen wir heute bei IPO-Kandidaten andere Masstäbe an; wir achten beipielsweise vermehrt auf erzielte Umsätze anstatt auf Umsatzprognosen», sagt Sergio Terribilini, der stellvertretende Direktor des Investment-Bereichs.

Auch UBS Warburg sieht bei der Börse Handlungsbedarf. «Der New Market muss teilweise neu gestaltet werden», sagt Firmensprecherin Katarina Kral. Die Bank suche nun das Gespräch mit der Börse.

New-Market-Leiter Wyss schliesst derzeit jedoch Änderungen des Reglements aus. «Wir verlangen von den Firmen eine im Vergleich mit anderen Märkten hohe Transparenz», sagt er. Eine weitere Verschärfung der Zulassungsbedingungen sei nicht nötig. Auch an der Ausrichtung auf die zwei Säulen Medizinal- und Biotechnologie und Hightech halte die SWX fest.

swissinfo und Agenturen

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