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Vorwurf an UBS: Auch nach Fall Meili noch Akten vernichtet

Die Zürcher Justizbehörden werden die Eröffnung eines Verfahrens gegen die Grossbank UBS wegen Verdachts auf Übertretung des Aktenvernichtungsverbots prüfen, das im Zusammenhang mit den Untersuchung der Nazi-Konten erlassen worden war.

Die Grossbank UBS muss mit einem Strafverfahren wegen Verletzung des Aktenvernichtungsverbots im Zuge der Überprüfung ihrer Rolle im ZweitenWeltkrieg rechnen. Dies gab die Zürcher Justiz am Donnerstag (09.12.) bekannt, nachdem die Volcker-Revision weitere Fälle nach der Meili-Affäre zu Tage gefördert hat.

UBS-Sprecher Michael Willi bestätigte auf Anfrage, dass die im Anhang zum Volcker-Bericht erwähnten Fälle die UBS betreffen. Die Bank bedaure, dass es zu solchen Vorfällen gekommen sei, insbesondere nachdem der Fall Meili ja für eine grosse Sensibilisierung im Umgang mit Akten gesorgt habe. Allerdings sei die UBS zum Schluss gekommen, dass die von den Revisoren des Volcker-Komitees erwähnten Fälle Akten betroffen hätten, die im Sinne des Bundesbeschlusses vom Dezember 1996 nicht relevant gewesen seien. Deshalb habe man die Vorfälle auch nicht gemeldet. Auch die Volcker-Revisionsgesellschaft habe im übrigen keine Meldung erstattet.

Die Zürcher Staatsanwaltschaft geht nach den Worten ihres Sprechers Hansruedi Müller aber davon aus, dass das zuständige Statthalteramt Zürich die vom Volcker-Komitee erwähnten Fälle von Amtes wegen untersuchen muss. Allerdings stellten sich heikle juristische Fragen. Das Aktenvernichtungsverbot ist in dem am 13. Dezember 1996 vom Parlament verabschiedeten Bundesbeschluss zur Einsetzung der Bergier-Kommission verankert. Vorsätzliche Übertretungen werden mit Haft oder Busse bis zu 50’000 Franken geahndet, fahrlässige Verstösse mit Busse bis zu 10’000 Franken. Für die Verfolgung von Übertretungen gilt laut Müller eine einjährige Verjährungsfrist; die absolute Verjährungsfrist beträgt zwei Jahre.

Die drei im Volcker-Bericht erwähnten Fälle gehen auf April und Mai 1998 zurück. Das Statthalteramt werde deshalb unter anderem prüfen müssen, ob es zu Unterbrechungshandlungen gekommen sei, sagte Müller. Er bezeichnete es aber als «sehr seltsam», dass weitere Fälle von Aktenvernichtung ausgerechnet bei der UBS auftauchten, die im Januar 1997 durch die Affäre um den Wachmann Christoph Meili weltweit in die Negativschlagzeilen geraten war.

In einem der drei Fälle, jenem vom April 1998, stiessen die Volcker-Revisoren auf zwei Aktenschränke, deren Inhalt von einem UBS-Verantwortlichen zur Vernichtung freigegeben worden war. Darunter waren auch Dokumente über internationale Geldtransfers vor 1945. In einem Bericht der internen Revisionsstelle präzisierte die UBS später,dass nur ein Teil der Akten, zum Beispiel Blankoformulare, zur Vernichtung freigegeben worden sei, und auch nur dann, wenn sie nicht aus dem Untersuchungszeitraum datierten. Im zweiten Fall wurde gemäss Volcker-Bericht ein Archiv offensichtlich vernichtet.

Die UBS machte geltend, es handle sich um eine Panne, weil beim Putzen die Anschrift weggefallen sein müsse. Zudem habe es sich bei den Akten um Triplikate gehandelt. Der dritte Fall von Aktenvernichtung betraf laut Volcker-Bericht Dokumente aus den Jahren 1948 bis 1985, die nach Darstellung der UBS nicht relevant waren. Im Juni 1998 erliess die UBS schliesslich ein umfassendes Schredderverbot für Akten vor dem 1. Oktober 1996.

Die UBS beziehungsweise ihr damaliger Konzernarchivar Erwin Haggenmüller war schon im Zuge der Affäre Meili ins Visier der Justiz geraten. Die Zürcher Bezirksanwaltschaft stellte aber das Verfahren gegen Haggenmüller im Oktober 1997 ein, ebenso wie jenes gegen Wachmann Meili wegen Verdachts auf Verletzung des Bankgeheimnisses. Meili hatte im Januar 1997 im Schredderraum der UBS zur Vernichtung bestimmte Alten behändigt.

Auch Waadtländer Kantonalbank im Zwielicht

Das Volcker-Komitee erwähnt auch einen Fall von Aktenvernichtung bei der Waadtländer Kantonalbank, der mit den Anforderungen des Bundesbeschlusses nicht vereinbar scheine. Und zwar ging es um Unterlagen von Konten, die teilweise Eingang in die Veröffentlichung von Namenslisten nachrichtenloser Kontoinhaber vom Sommer und Herbst 1997 fanden. Das Komitee stuft dieses Versagen umso schwerwiegender ein, als die Waadtländer Kantonalbank erst Ende September 1999 den vom Komitee vorgenommenen Datenabgleich der erhobenen Konten mit Listen von Holocaust-Opfern bewilligt habe.

SRI und Agenturen

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