Zinssteuerstreit: Aufgeschoben, nicht aufgehoben

Die Schweiz ist zu Verhandlungen mit der EU über die Zinsbesteuerung bereit. Ein Abschluss sei allerdings nur unter gewissen Bedingungen möglich.
Die EU-Finanzminister haben letzte Woche in Brüssel die Verabschiedung der definitiven Richtlinie über die Besteuerung ausländischer Zinserträge um ein weiteres Jahr verschoben.
Österreich und Luxemburg hatten darauf beharrt, dass zuvor Regelungen mit sechs Drittstaaten getroffen werden, darunter der Schweiz. Diese Länder sollten die gleichen Massnahmen wie die EU treffen müssen, auch was den Informations-Austausch betreffe. Es müsse auf jeden Fall eine Kapitalflucht verhindert werden.
Nicht überraschend
Der Ausgang des Finanzministertreffens komme für die Schweiz nicht überraschend, sagte Robert Waldburger, Delegierter für internationale Steuerfragen im Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) auf Anfrage. Bemerkenswert sei aber, dass die übrigen Finanzminister es akzeptierten, dass sich Österreich und Luxemburg hinter der Schweiz versteckten.
Die Position der Schweiz in der Frage der Zinsbesteuerung sei solide und darauf ausgerichtet, eine Lücke mit Blick auf das geplante System in der EU zu verhindern. Mit der Zahlstellensteuer schlage die Schweiz ein taugliches Mittel vor. «Wir lassen uns nicht von diesem Kurs abbringen», sagte Waldburger. Das Modell sieht vor, dass die schweizerischen Zahlstellen einer identischen steuerlichen Verpflichtung wie die EU-Zahlstellen unterworfen werden.
Die Zins-Steuer sollen EU-Bürger künftig für Finanzanlagen im EU-Ausland entrichten. Nach bisherigen Abmachungen soll nach einer siebenjährigen Übergangsfrist das Bankgeheimnis fallen; Banken in der EU würden dann die Heimatländer auswärtiger Sparer über die Kapitaleinkünfte informieren. Luxemburger Banken würden dann beispielsweise deutschen Finanzämtern Mitteilungen über deutsche Sparer schicken.
Zahlstellensteuer als gleichwertige Lösung
Die Position des Bundesrats ist gemäss Waldburger in dieser Frage klar: Die EU müsse eine Schweizer Zahlstellensteuer auf Dauer als gleichwertige Lösung zum Informations-Austausch akzeptieren. Die Schweiz widersetzt sich wegen des Bankgeheimnisses einem automatischen Meldeverfahren.
EU-Richtlinie als Bedingung
Der Bundesrat hatte das Mandat für Verhandlungen mit der EU im November bereinigt. Es ist zurzeit bei den aussenpolitischen Kommissionen der eidgenössischen Räte und bei den Kantonen zur Konsultation und soll in der zweiten Hälfte des kommenden Januars definitiv verabschiedet werden.
Danach können die Verhandlungen mit der EU-Kommission und der -Präsidentschaft aus Sicht Berns beginnen. Die Schweiz wird nach den Worten von Waldburger einer bilateralen Lösung aber sicher nicht definitiv zustimmen können, bevor die EU-Richtlinie in ihrer endgültigen Fassung vorliegt.
Eine weitere Bedingung Berns ist, dass die EU-Lösung auch für die abhängigen und assoziierten Gebiete der EU-Mitgliedstaaten Gültigkeit hat, was vor allem im Fall der britischen Kanalinseln noch nicht klar ist.
Banken unterstützen Bund
Die Position Berns wird auch von der Schweizerischen Bankiervereinigung unterstützt, wie deren Sprecher Thomas Sutter bekräftigte.
Wichtig wäre aus der Sicht der Banken zudem, dass eine Drittstaatenregelung auch wichtige Finanzplätze im Fernen Osten wie Hongkong, Singapur und Tokio umfassen würde. Das EU-Mandat für Verhandlungen mit Drittstaaten beschränkt sich auf die Schweiz, die USA, Monaco, Liechtenstein, Andorra und San Marino.
swissinfo und Balz Bruppacher(AP)

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