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Kampf um Zukunft der Post hat begonnen

Alle oder nur die rentablen Poststellen erhalten, das ist am 26. September die Frage. Keystone

Für die Schweizer Regierung sind die wesentlichen Anliegen der Volksinitiative "Postdienste für alle" bereits erfüllt. Eine Defizitgarantie würde zu weit gehen.

Die Initianten sprechen von “gemässigten” Forderungen, die der Wirtschaft und den Randgebieten dienten.

Seit der ehemalige Schweizer Monopolbetrieb PTT aufgeteilt wurde in die Sparten Telekommunikation (heute swisscom) und Postdienste, ist die Quersubventionierung der Post durch die rentable Telekommunikation nicht mehr möglich.

Die swisscom befindet sich voll am Markt und auch die Post, die zwar noch stark unter Bundesschutz steht, muss sich mehr und mehr dem Markt stellen. Nächstens wird ihr Briefmonopol auf 100 Gramm abgesenkt. In der Paketpost muss sich die Post bereits seit einiger Zeit gegen Konkurrenten behaupten.

Initiative verlangt Geld vom Bund

Das Unternehmen, mit einem Jahresumsatz von 6,8 Mrd. Franken (2003) hat bereits auf die neue Situation reagiert und ihr teures Netz von 3400 Poststellen auf 2700 reduziert. Eine weitere Straffung ist geplant.

In diesem Umfeld steht die Initiative “Postdienste für alle” der Gewerkschaft Kommunikation, dem Gewerkschaftsbund, der Stiftung für Konsumentenschutz und Vertretern der Randgebiete.

Die Initiative verlangt eine Grundversorgung mit Postdiensten, “die den Bedürfnissen von Bevölkerung und Wirtschaft entspricht”. Das soll mit dem gewohnten Postamt in jedem Dorf geschehen.

Bei der Gestaltung des Netzes müssen die Gemeinden angehört werden. Wichtig ist den Initianten, dass der Bund diese Anliegen subventioniert. “Der Bund soll die Kosten decken, falls der Ertrag nicht reicht”.

Diese Defizitgarantie, so rechnen Fachleute, würde den Steuerzahler pro Jahr rund 500 Mio. Franken kosten.

Regierung: Keine Subvention auf Vorrat

Nun findet die Schweizer Regierung, dass diese Initiative überflüssig sei. Zwar greife sie wichtige Anliegen auf, doch seien die meisten davon bereits ins geltende Recht aufgenommen worden seien, teilte das zuständige Department für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) am Dienstag mit.

So werde auch in Zukunft pro Region mindestens eine Poststelle zur Verfügung stehen, die in der Regel innert 20 Minuten erreicht werden könne. Den Service public der Post bestimmten in erster Linie die Kundinnen und Kunden selbst.

“Eigentlich haben wir alle Forderungen der Initiative erfüllt. Ich hätte erwartet, die Initiative würde zurückgezogen”, sagte Postminister Moritz Leuenberger gegenüber swissinfo.

Es bleibe lediglich ein Unterschied, sagte Leuenberger weiter, nämlich derjenige, dass Beiträge des Bundes an die Post verlangt werden. “Ich muss sagen: In der heutigen finanziellen Situation fehlt dieses Geld dann anderswo. Und von daher muss ich die Ablehnung der Initiative beantragen.”

Wenn im Gesetz stehe, dass die Post Subventionen erhalte, dann verändere so etwas das Gesicht eines Unternehmens. Leuenberger wörtlich: “Es stellt sich darauf ein, dass dann ohnehin der Vater Staat kommt und hier etwas zahlt.”

Initianten: Zukunft der Post gefährdet

Ebenfalls am Dienstag meldeten sich die Initianten und Befürworter der Postinitiative zu Wort. Sie sind der Meinung, dass es auch künftig in der Schweiz eine gute und preiswerte Grundversorgung mit Postdiensten geben müsse.

Für die Initianten steht am kommenden 26. September die Zukunft der Post in der Schweiz auf dem Spiel.

Die Initiative schlage einen vernünftigen und moderaten Ton an, stelle keine extremen Forderungen auf und belasse der Post die nötige Flexibilität, um sich dem veränderten Umfeld anzupassen, sagte Simonetta Sommaruga, Berner Ständerätin der Sozialdemokratischen Partei und Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz.

Die Initiative bleibe notwendig, da sie eine Grundversorgung verlange, die den Bedürfnissen und Erwartungen der Bevölkerung und der Wirtschaft entspreche.

Konzessionsgebühren erheben

Ziel der Postinitiative sei es nicht, das Poststellennetz aus dem Postkutschen-Zeitalter zu erhalten, sagte Thomas Egger, Direktor der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB).

Mit der Revision des Postgesetzes hätten die eidgenössischen Räte einen Teil der Initiative bereits vorweg genommen. Die Post habe nun einen klaren Auftrag, ein flächendeckendes Poststellennetz zu betreiben.

Offen ist laut Egger aber die Finanzierung dieses Poststellennetzes. Dieses erwirtschafte zurzeit jährlich ein Defizit von rund 500 Mio. Franken.

Die Initianten forderten die Regierung auf, vorgängig die bereits bestehenden Möglichkeiten zur Erhebung von Konzessionsgebühren von Anbietern im Wettbewerbsbereich auszunutzen.

Die Initiative kommt am 26. September zur Abstimmung.

swissinfo und Agenturen

Die Postinitiative will überall eine Grundversorgung mit Postdiensten (Briefe, Pakete, Zahlungsverkehr).

Der Bund soll die Kosten für diese Grundversorgung decken.

Die Regierung lehnt die Initiative ab und findet, die Hauptanliegen seien im geltenden Recht berücksichtigt.

Eine Defizitgarantie lehnt die Regierung ab.

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