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Konzertsäle der Zukunft

Blick in den Konzertsall des Kultur- und Kongresszentrums am See (KKL) in Luzern. Keystone

An diesem Wochenende findet erstmals in der Schweiz, in Luzern, der jährliche Kongress der "International Society for the Performing Arts" (ISPA) statt.

Es überrascht nicht, dass die ISPA für ihren diesjährigen Kongress die Festivalstadt Luzern als Standort gewählt hat.

Denn vier Tage lang wird das Kultur- und Kongresszentrum Luzern, mit dem der französische Architekt Jean Nouvel neue Massstäbe gesetzt hat, zum Ort der Begegnung und zum Forum von Diskussionen über ein zentrales Thema der Darstellenden Künste: Unter dem Motto “Art.Space” wird die enge und wesentliche Verbindung von Kunst und Raum untersucht.

Im Vordergrund steht dabei das Musikhaus, der Konzertsaal. Seit Jahrzehnten, ja Jahrhunderten kaum mehr verändert, präsentiert sich der Musiksaal entweder in Form einer Schuhschachtel oder als Arena. Die Hülle kann modern und spektakulär sein, die Grundform bleibt traditionell.

Man ist sich einig: Ein eintöniges, langweiliges Bild bietet sich demjenigen, der die Konzertsäle der Welt besucht. Neues muss her, doch wie soll er aussehen, der Musiksaal des 21. Jahrhunderts?

Japans Stararchitekt und seine “Broken Box”

Die Antwort kommt aus Japan. Arata Isozaki, preisgekrönter Stararchitekt, stellte als Gast-Referent am Kongress seine Vision des zukünftigen Konzertsaales vor. “Nach der Schuhschachtel kommt jetzt das Modell der ‘Broken Box’, der zerbrochenen Schachtel”, sagt Isozaki. Er denkt dabei an einen Raum, dessen Wände verstellbar sind, dessen Bühne verschoben werden kann, ja wo gar mehrere kleinere Bühnen vorhanden sind, mal im Zentrum, mal als Balkon, mal auf der Seite.

So kann je nach Stück, von mehreren Orten aus innerhalb des selben Saales musiziert werden – oder auf der Bühne getanzt, während die Streicher auf dem Balkon sitzen. Würde man diese Idee umsetzen, ist Isozaki überzeugt, wären auch neue Darstellungsformen möglich.

Komplex und kaum bezahlbar

Isozaki spricht auch davon, dass die Umsetzung eines solchen Gebäudes äusserst komplex ist. Die Empfindlichkeiten aller, des Architekten, aber auch des Akustikers und womöglich sogar jene des Komponisten und Dirigenten müssen beachtet werden, nur dann kann das Optimum erreicht werden. Um den Konzertsaal der Zukunft zu bauen, braucht es also nicht nur einen Fachmann, sondern ein ganzes Experten-Team, geleitet von einem Vermittler:

Doch genau dies ist das Problem: Die Konzertsäle werden zunehmend raffinierter und komplexer, technisch und akustisch sind sie an Perfektion kaum mehr zu übertreffen und ästhetisch derart atemberaubend, dass sie nicht mehr zu bezahlen sind. Der Auftraggeber – ob Gemeinde, Stadt oder Staat – wünscht ein “worldclass building”, doch selten besitzt er auch ein “worldclass budget” – vor allem nicht jetzt, nach dem 11. September, wie viele beklagten.

Bleibt als Lösung nur ein Vorschlag, wiederum von Isozaki: Weg vom teuren, multifunktionalen Kultur- und Kongresshaus im Zentrum der Stadt, wo Konzertsaal, Kongressraum, Museum, Restaurant und Shop unter einem Dach vereint sind, hin zum zwar perfekten, aber kleinen Konzertsaal in der Peripherie oder mitten in der Natur.

Seit 1949 tätig

Die ISPA ist eine “non-profit”-Organisation mit Sitz in New York und wurde 1949 als internationaler Verband für auf dem Gebiet der Darstellenden Künste tätigen Organisationen gegründet. Ihr Ziel ist es, ein internationales Netzwerk aufzubauen und den Austausch sowie die Kooperation zu fördern.

Sie hat heute über 600 Mitglieder aus über 50 Ländern: Intendanten, Geschäftsführer, Kulturmanager und Funktionäre von Konzerthäusern und Theatern, von Festivals, Musikwettbewerben, Musikagenturen und Kulturbehörden.

Carole Gürtler, Luzern

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