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Abstrakte Kunst als Fortsetzung der Ornament-Geschichte

Der abstrakt-ornamental gestaltete Eingang in die Ausstellung. Keystone

Abstrakte Kunst als Fortsetzung formaler Entwicklungen der Ornament-Geschichte: Dieser These geht eine hochkarätige Sonderausstellung im Beyeler-Museum Riehen BS nach, die vom Sonntag an bis am 7. Oktober geöffnet ist.

Die Ausstellung «Ornament und Abstraktion – Kunst der Kulturen, der Moderne und Gegenwart im Dialog» zeigt gegen 300 Kunstwerke und Objekte aus aller Welt. Zu sehen sind etwa rekonstruierte Räume von Mondrian und Klimt, Gemälde von Picasso über Mirò bis Pollock, aber auch Art Déco-Möbel, Orienttepiche oder afrikanische Kampfschilder.

Einander gegenübergestellt werden verschiedenste Kunstformen wie Malerei und Plastik und künstlerisch gestaltete Alltagsgegenstände und Nutzobjekte. Der Blick schweift von antiken Säulendekorationen über das 15. Jahrhundert bis zur Neuzeit. Auch Video- und CD-Kunst wird in die Betrachtungen einbezogen, die ein Katalog erläutert.

Grundbedürfnis Ornament

Das Ornament sei «eines der wichtigsten Bedürfnisse des Menschen» überhaupt, sagte Ernst Beyeler am Freitag vor den Medien. Daher werde es auch künftig in der Kunst eine wichtige Rolle spielen. Die Bedeutung des Ornaments für die abstrakte Kunst sei lange unterschätzt worden, sagte Kurator Markus Brüderlin.

Mit der Ausstellung schlägt Brüderlin eine Neubetrachtung der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts unter dem Aspekt des Ornaments vor. Seine These: Abstrakte Kunst könne als Fortsetzung formaler Entwicklungen der Ornament-Geschichte verstanden werden. Er spannt den Bogen von der Arabeske bis zu ornamentalen Digitalstrukturen.

Die Gliederung der Schau in zehn «Kapitel» sowie regelmässige zusammenfassende Kurztexte sollen seine These trotz der Fülle der Exponate «lesbar» machen, wie er weiter sagte. Die Realisierung sei ein «ausserordentliches Abenteuer» gewesen; der Ansatz belege zudem, dass das Beyeler-Museum auch ein «Ort des Experiments» sei.

Heute Schlüsselbegriff

Die ungewöhnlich breite Ausstellung zeigt konkrete form- und kulturgeschichtliche Zusammenhänge auf. Besuchende werden angeregt, Analogien und vielfältige Bezüge selbst zu entdecken.

Vor Beginn des 20. Jahrhunderts war das Ornament in allen Kulturen seit Jahrtausenden präsent. Im 19. Jahrhundert hat es sich quasi als blinder Passagier in die Konzeption des modernen Tafelbildes eingenistet.

So beeinflusste es auch die Entwicklung der abstrakten Kunst als formales und methodisches Element – auch wenn es es Pioniere der Abstraktion wie Kandinsky als Sündenfall sahen. Für das Verständnis der Abstraktion der achziger und neunziger Jahre ist das Ornament laut Brüderlin gar ein «Schlüsselbegriff».

swissinfo und Agenturen

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