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Bilder, die mit der Kraft der Sonne laufen

Christof Seiler (links) und Reto Schmid beim Ausrollen der Solarzellen. Cinema Solaire

Seit knapp zwei Jahren sind Christof Seiler und Reto Schmid mit dem Cinéma Solaire unterwegs. Den Strom für die Filmprojektion liefert die Sonne. Jetzt haben sie den Solarpreis 2008 gewonnen.

Ein Segel mit flexiblen Solarzellen, eine “Lichtspeicherkiste”, ein 16mm-Projektor: Das ist das Cinéma Solaire. Erfunden haben das Wanderkino der nachhaltigen Hightech-Sorte Christof Seiler und Reto Schmid. Für die Umsetzung ihrer bestechend einfachen Idee werden die beiden findigen Köpfe am 5. September mit einem der neun Schweizer Solarpreise 2008 ausgezeichnet.

“Am Tag sammeln wir Licht und lassen dies am Abend durch den Projektor frei”, beschreibt Christof Seiler die Idee des Cinéma Solaire gegenüber swissinfo.

Keine Schildbürgerei

Die Anspielung auf die Schildbürger ist gewollt. Diese stellten tagsüber Eimer auf, um das Sonnenlicht einzufangen. Damit wollten sie ihr fensterloses prismenförmiges Rathaus beleuchten. Mit ihrem Vorhaben scheiterten die Schildbürger jedoch kläglich.

Anders der 27-jährige Winterthurer Interaktionsleiter Anders Seiler und der 29-jährige Bieler Architekt Reto Schmid: “Seit eineinhalb Jahren funktioniert unser Cinéma Solaire”.

Herzstück des solaren Wanderkinos sind das Sonnensegel sowie die Lichtspeicherkiste. Auf dem fünf mal drei Meter grossen Segel sind flexible Solarzellen befestigt.

35-Kilo-Kino

Die Lichtspeicherkiste besteht genau genommen aus zwei schwarzen Holzkisten. In der einen befindet sich eine 20 Kilogramm schwere Batterie, in der die Sonnenenergie gespeichert wird. In der anderen ist der Wechselrichter, der die Energie in 220-Volt-Strom umwandelt. Inklusive Segel und Projektor kommt das Cinéma Solaire auf das bescheidene Gewicht von unter 35 Kilogramm.

In einer langen Erprobungsphase haben Seiler und Schmid die Ausrüstung immer mehr verfeinert und das ganze zu einem ausgeklügelten System entwickelt. Die Solarzellen beispielsweise beziehen sie vom einzigen Hersteller, der diese in zusammenrollbarer Form anfertigt. Sie werden mittels Reisverschlüssen auf dem Sonnensegel befestigt.

Die Kisten stammen aus der Hand eines Schreiners. Transportiert werden sie auf Veloanhängern, die ein Konstrukteur speziell anfertigte.

Seiler und Schmid sind wohl die einzigen Open-Air-Kinobetreiber des Landes, die auf dem Velo zu ihren Vorstellungen pedalen. So verschmelzt das Cinéma Solaire die alte Tradition des Wanderkinos mit dem Charakter eines mobilen, schnellen Hightech-Kinos.

Mobil bis auf den Berg

“Wir können unser Kino überall aufstellen, ob auf einem Berg oder einer Weide, denn wir brauchen keine Steckdose”, sagt Seiler. “Die Ausrüstung ist klein, handlich und in rund einer Stunde aufgestellt, das macht uns sehr beweglich.”

Mit ihrem Sonnenkino gastieren Seiler und Schmid nicht nur auf dem Mont Soleil oder auf dem Weissenstein im Jura, sondern auch in den Städten. Auch in Basel, Zürich, Winterthur oder Zug löst das innovative Duo grosses Interesse aus. “Die Menschen staunen, wie einfach das Cinéma Solaire mit Sonnenergie funktioniert”, beschreibt Seiler die gängige Publikumsreaktion.

Die beiden sind aber nicht nur Idealisten, die ihre Ideen mit langem Atem in die Tat umsetzen. Seiler und Schmid sind auch Filmfreaks. Angetan sind sie insbesondere von einem alten Filmformat: Den 16 Millimetern. So ist es kein Wunder, dass sie die Bilder mit einem Projektor dieses Formats auf die Leinwand schicken.

“Es gibt zwar in 16 Millimetern nur mehr eine beschränkte Filmauswahl, dafür aber ist die Qualität viel besser als mit einem Beamer”, so Seiler. Die Zuschauer des Solarkinos kommen etwa in den Genuss von Klassikern wie “The Ladykillers”, “A Midsummer Night’s Sex Comedy”, “Silkwood” oder “Un homme et une femme”.

Die Vorstellungen des Cinéma Solaire sind dem Willen von Petrus ausgeliefert: Dunkle Wolken am Tag bedeuten eine schwarze Leinwand am Abend.

swissinfo, Renat Künzi

Er wird seit 1991 jährlich vergeben und besteht aus einem Pokal und einer Urkunde.

Der Solarpreis soll Gemeinden, Privatunternehmungen und Einzelpersonen motivieren, Solaranlagen zu bauen, ohne Grünflächen zu beanspruchen.

Die Preise 2008 werden am 5. September im Rahmen der Messe Bauen & Modernisieren verliehen. Diese findet vom 4. bis 8. September in Zürich statt.

Personen:

John Alexander Sutin, Terranias, 1211 Genf 11/GE
Ruedi Zai, dipl. Arch. ETH, Zai und Partner Architekten, 6300 Zug/ZG
Reto Schmid/Christof Seiler, Verein Cinéma Solaire, 2502 Biel/BE

Gebäude:

Mehrfamilienhaus Parkstrasse 5, 5603 Staufen, Guido Erni, 5417 Untersiggenthal/AG
Einfamilienhaus Leimgrubenweg 90, 4125 Riehen, Werner Setz, 5102 Rupperswil/AG

Energieanlagen für erneuerbare Energien:

Thermische Solaranlage, Wohnatelier Urs Graf, Immenfallstr. 5, 8272 Ermatingen/TG, Peter Dransfeld

Photovoltaik Solaranlage 571 kW, SES, Chemin du champ-des-filles 36, 1228 Plan-les-Ouates/GE, Philippe Crisafulli

Sportanlage Juchhof 1+2, Vulkanstr. 200/Bernerstr. 331, 8048 Zürich/ZH, Monika Annen

Solarschindeln, Pilotanlage Lauper 1, Witschernweg 61b, 3145 Gasel/BE, André Posnansky

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